Schalke 04 Tönnies setzt sein Strafmaß quasi selbst fest

Gelsenkirchen · Aufsichtsratsvorsitzender von Schalke 04 lässt sein Amt für drei Monate ruhen. An der Basis brodelt es weiter, erste Vereinsaustritte sind angekündigt.

 Clemens Tönnies will seinen Posten als Schalke-Aufsichtsratschef vorerst ruhen lassen.

Clemens Tönnies will seinen Posten als Schalke-Aufsichtsratschef vorerst ruhen lassen.

Foto: dpa/Ina Fassbender

Eine knappe Stunde vor Mitternacht brauste Clemens Tönnies in seinem silbergrauen Mercedes mit Fahrer davon. Der mächtige Aufsichtsratschef des Fußball-Bundesligisten Schalke 04 kam bei der viereinhalbstündigen Sitzung des Ehrenrates glimpflich davon: Keine Rote Karte für den Klub-Patron, kein Vereinsausschluss, nur eine selbst gewählte mehr symbolische Sanktion.

Der Rassismus-Vorwurf gegen Tönnies sei unbegründet, verkündete der Ehrenrat. Der 63-jährige Tönnies formulierte selbst das Ausmaß seiner „Bestrafung“: Er lässt seinen Posten drei Monate ruhen. Danach soll alles wieder Friede, Freue, Eierkuchen sein auf Schalke 04, obwohl der milliardenschwere Fleisch-Großfabrikant mit seinen Aussagen am vergangenen Donnerstag in Paderborn für einen Sturm der Entrüstung durch Politik, Ex-Profis und Medien gesorgt hatte. Der Schalke-Boss hatte die Finanzierung von Kraftwerken in Afrika empfohlen und gesagt: „Dann würden die Afrikaner aufhören, Bäume zu fällen, und sie hören auf, wenn‘s dunkel ist, Kinder zu produzieren.“

Farbige Ex-Profis wie Gerald Asamoah, Hans Sarpei oder Cacau hatten Tönnies in den vergangenen Tagen an den Pranger gestellt und harsch kritisiert. Dass der Klub-Chef mit seinem Statement gegen das am 3. Juni 2012 verabschiedeten Leitbild der Königsblauen verstieß, war nach Ansicht des Ehrenrates aber nicht ausreichend, um eine eigene Sanktion auszusprechen. Im Leitbild heißt es unter Punkt 8: „Von uns Schalkern geht keine Diskriminierung oder Gewalt aus. Wir zeigen Rassismus die Rote Karte und setzen uns für Toleranz und Fairness ein.“

An der Schalker Basis brodelt es dementsprechend. „Die Entscheidung bringt Klarheit. Aber was soll in den drei Monaten passieren?“, sagte Susanne Franke, Vorstand der Schalker Fan-Initiative. Vor der Sitzung des Ehrenrates war sie im Interview mit der Deutschen Welle noch deutlicher geworden: „Ich halte Clemens Tönnies in seiner Rolle für den Verein, in seiner sehr sichtbaren, großen, tragenden Rolle, nicht mehr für tragbar.“

SPD-Politikerin Dagmar Freitag forderte den Deutschen Fußball-Bund (DFB) zum Handeln auf. „Solche Entgleisungen sind ein Tabubruch ohne Skrupel (...) – und ihre Wirkung in die Gesellschaft, die sie haben, ist verheerend“, sagte die Vorsitzende des Sportausschusses im Deutschen Bundestag. Sie erinnerte an den Fußball-Slogan „Sage nein zu Rassismus“. „Alleine das müsste den DFB natürlich in seiner Linie bestärken, eine klarere Haltung zu finden“, äußerte Freitag.

Dass Tönnies noch vonseiten der unabhängigen DFB-Ethikkommission, die kommende Woche am 15. August das Thema diskutieren wird, Ungemach droht, erscheint mehr als unwahrscheinlich. Vom Ablauf her kann die DFB-Ethikkommission ohnehin keine Sanktionen aussprechen. Sie kann nur Untersuchungen einleiten und bei hinreichendem Tatverdacht Anklage bei der Ethik-Kammer des Sportgerichts erheben.

In den Sozialen Medien gab es überwiegend sehr kritische Reaktionen auf die Entscheidung des Ehrenrates, Vereinsaustritte wurden ebenfalls angekündigt. Es dürfte in den nächsten Tagen und Wochen nicht ruhiger auf Schalke werden.

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