Fußball-Bundesliga „Der Titel ist verspielt“

Dortmund · Sechs Tore, zwei Platzverweise und reichlich Emotionen – das Revierderby zwischen Borussia Dortmund und Schalke 04 war erneut ein Aufreger. Für BVB-Trainer Favre ist die Meisterscchaft damit zugunsten der Bayern entschieden.

 Eine der Schlüsselszenen des Derbys: Schiedsrichter Felix Zwayer (Mitte) zeigt Marco Reus (links) Rot. Kurz danach musste Marius Wolf runter.

Eine der Schlüsselszenen des Derbys: Schiedsrichter Felix Zwayer (Mitte) zeigt Marco Reus (links) Rot. Kurz danach musste Marius Wolf runter.

Foto: dpa/Bernd Thissen

Dem Derby-Desaster folgte die Kapitulation. Selbst der als zurückhaltend bekannte Lucien Favre redete nach dem demütigenden 2:4 (1:2) gegen den Erzrivalen FC Schalke Klartext. „Der Titel ist verspielt“, bekannte der Dortmunder Trainer und erklärte den FC Bayern im Fernduell um die Meisterschaft vorzeitig zum Sieger. Die denkwürdige Partie mit vier königsblauen Wirkungstreffern, einer diskussionswürdigen Elfmeter­entscheidung und zwei Roten Karten wertete der Schweizer als einen Tiefpunkt seiner Trainerkarriere: „Das habe ich noch nie erlebt. Das ist sehr schwer zu verdauen.“

Der unerwartete Rückschlag gegen den verunsicherten Viertletzten aus Gelsenkirchen traf den Fußball-Lehrer bis ins Mark. Dass ausgerechnet im prestigeträchtigen Kräftemessen mit den ungeliebten Schalkern die Titelträume wohl endeten, wird die Borussen noch lange verfolgen. „Derby-Niederlagen sind immer sehr bitter – heute noch ein bisschen mehr“, bekannte Lizenzspielerchef Sebastian Kehl.

Nicht nur die Gegentore von Daniel Caligiuri (18./Handelfmeter/62.), Salif Sané (28.) und Breel Embolo (86.), sondern auch die Platzverweise für Marco Reus (60.) und Marius Wolf (65.) schlugen den Dortmundern aufs Gemüt. Als beim Stand von 1:2 eigentlich ein kühler Kopf gefragt war, verloren der Nationalspieler und der Außenverteidiger die Nerven. Ihre Fouls jeweils an Suat Serdar binnen fünf Minuten besiegelten die erste Heimniederlage der Saison. „Mit elf Mann hätten wir dieses Spiel gewonnen. Oder zumindest unentschieden gespielt“, kommentierte Torhüter Roman Bürki. Kapitän Reus gab sich reumütig: „Wir brauchen nicht darüber reden, dass es Rot war.“

Über die Platzverweise für seine Spieler verlor Favre nur wenige Worte. Dagegen reagierte er regelrecht erbost auf die Frage nach der Regelauslegung bei Handspiel. Weil Schiedsrichter Felix Zwayer nach einem unabsichtlichen Handspiel von Abwehrspieler Julian Weigl mit Hilfe des Videobeweises auf Elfmeter entschieden und damit den bis dahin nach einem Tor von Mario Götze (14.) führenden BVB aus dem Konzept gebracht hatte, holte der Trainer zum Rundumschlag aus: „Das ist der größte Skandal im Fußball seit Jahren, eine Schande. Der Fußball macht sich lächerlich.“

Zwayer setzte sich zur Wehr: „Die Aufnahmen haben eindeutig gezeigt, dass es ein strafbares Handspiel war.“ Einen wertenden Beitrag zum Sinn dieser Regel vermied der Berliner Unparteiische jedoch: „Das ist keine Frage, die mir zu stellen ist. Wenn Fußball-Experten mit dieser Regel nicht einverstanden sind, ist es deren Recht. Wir Schiedsrichter sind dann aber die ärmsten Schweine. Wir setzen das Regelwerk um.“

Dagegen feierten die Schalker das unerwartete Erfolgserlebnis wie eine Meisterschaft. Die Spieler posierten vor den jubelnden Fans für ein Mannschaftsfoto, der Aufsichtsratsvorsitzende Clemens Tönnies küsste Trainer Huub Stevens auf die Stirn. „Bis Montag werden wir diesen Sieg genießen“, sagte Embolo. Für Stevens war der Sieg eine besondere Genugtuung. Die große Wertschätzung für den „Jahrhundert-Trainer“ auf Schalke ist weiter gestiegen. Auch wenn der Sechs-Punkte-Abstand zum Relegationsplatz unverändert blieb, geht der Niederländer mit neuem Mut in die letzten drei Saisonspiele. Mittelfeldspieler Benjamin Stambouli sagte: „Mit diesem Spiel sind viele Dinge vergessen.“

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