Fußball Der „Bolzplatz-Bube“ ist der erste EM-Held

Udine · Doppeltorschütze Marco Richter fiebert bereits dem zweiten EM-Gruppenspiel der deutschen U21 an diesem Donnerstag entgegen.

 Der deutsche U21-Nationalspieler Marco Richter (links) freut sich hier zusammen mit Levin Öztunali über seinen ersten Treffer gegen Dänemark. Die Partie endete 3:1, Richter traf doppelt.

Der deutsche U21-Nationalspieler Marco Richter (links) freut sich hier zusammen mit Levin Öztunali über seinen ersten Treffer gegen Dänemark. Die Partie endete 3:1, Richter traf doppelt.

Foto: dpa/CŽzaro De Luca

Der erste Weg von Marco Richter führte zu den stolzen Eltern auf der Tribüne. Noch vor dem Interview-Marathon lief das „Bolzplatz-Kind“ aus Bayern zu seiner Familie, ließ sich feiern und kam mit Tränen in den Augen zurück. „Jedes Tor war ein Dankeschön an meine Eltern. Ohne sie wäre ich nicht hier“, sagte der Mann mit den vielen Tattoos und wurde nach seiner Gala zum Start der U21-EM weich.

Als Richter sich wieder gesammelt hatte, sprudelte die Freude nur so aus ihm heraus. „Unglaublich, geil, unfassbar“, nannte der 21-Jährige die Nacht von Udine, in der er zwei Tore und eine Vorlage zum 3:1 (1:0) gegen Dänemark beigesteuert hatte. Ganz falsch lag er mit seiner Einschätzung nicht. Denn lange Zeit war der Angreifer des FC Augsburg in Deutschland unter dem Radar geflogen. Bis zur U20 spielte Richter in keiner deutschen Nachwuchs-Auswahl. „Ich war in solchen Teams nie groß gefragt“, erinnert er sich. Beim FC Augsburg startete er vergangene Saison auch erst spät so richtig durch, erzielte am 29. und 30. Spieltag jeweils einen Doppelpack. Nun ruhen die EM-Hoffnungen auf ihm.

„Klar, Marco Richter ist noch ein wenig unbekannt“, sagte Richter dann auch über sich selbst: „Aber das will ich ändern.“ Schon die EM-Nominierung war ein großer Erfolg für ihn, der Platz in der Startelf erst recht. Richter zahlte das Vertrauen mit seinen allerersten Toren für Deutschland zurück. „Es ist nicht selbstverständlich, das Deutschland-Trikot tragen zu dürfen. Deswegen will ich jede Sekunde hier genießen. Und ich will jetzt weiter treffen und am Ende den Pokal hochhalten“, sagte er vor dem zweiten Gruppenspiel der EM an diesem Donnerstag (21 Uhr/ARD) gegen Serbien.

Ein bisschen gefeiert wurde auch noch, im Hotelpool wollten Richter und Co. „das Wasser spritzen“ lassen. DFB-Trainer Stefan Kuntz, der Richter eine „Bolzplatz-Mentalität“ attestierte, machte sich stattdessen lieber an die Analyse. „Der Trainer ist da ohnehin nur die Spaßbremse“, sagte der Neunkircher. Und schließlich steht die nächste Hürde schon vor der Tür. Auch gegen die Serben mit Superstar Luka Jovic wäre eine Niederlage fatal, da eben nur der Gruppensieg den Einzug ins Halbfinale garantiert.

Dass Serbien zum Auftakt 0:2 gegen Österreich verlor und nun das ÖFB-Team der wohl größte Konkurrent um Platz eins wird, ließ Kuntz derweil kalt. „Die Tabelle ist mir im Moment wurschtegal. Hauptsache, wir haben drei Punkte und sind gut gestartet“, sagte der DFB-Trainer. Denn: „Mit einem Sieg im Rücken läuft es sich leichter“, meinte Kuntz, der sich dennoch nicht blenden lassen wollte. Auch Kapitän Jonathan Tah fand bei aller Freude Zeit für ein paar kritische Worte. „Wir wissen, dass wir noch besser spielen können. Wir werden versuchen, noch eine Schippe draufzulegen“, sagte der Abwehrchef von Bayer Leverkusen. Nur für Marco Richter hatte auch Tah ausschließlich Lob übrig. Dessen Gegenspieler wäre er derzeit „nicht so gerne“, sagte Tah.

Richters Eltern werden derweil auch in Triest auf der Tribüne sitzen, so wie in all den Jahren. „Sie haben mich jahrelang zum Training gefahren, ich verdanke ihnen alles“, sagte Richter, der die Initialen der beiden auf dem linken Arm als Tattoo verewigt hat. Daneben findet sich auch das Datum seines Bundesliga-Debüts. Und wer weiß, vielleicht ist ja auch noch Platz für den 30. Juni 2019. Dann steigt das EM-Finale. Wieder in Udine.

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