Fußball und Brexit Angst vor Transfer-Beschränkungen wächst

London · Der Brexit sorgt für Streit im britischen Fußball. Die englischen und schottischen Ligen gehen auf Konfrontationskurs zum Verband FA.

Drei ältere Chelsea-Anhänger kommen zu einem Spiel an der Stamford Bridge. Dem englischen Fußball steht womöglich eine Zeitenwende bevor.

Foto: dpa/Adam Davy

Der Brexit sorgt für Unsicherheit und Zoff – auch im britischen Fußball. Zeitgleich mit dem Ende der Transferphase in England verlässt Großbritannien an diesem Freitag um 24 Uhr die Europäische Union. Bis Ende des Jahres tritt eine Übergangsphase in Kraft, in der sich kaum etwas ändern wird. Während London und Brüssel dann ihre zukünftigen Beziehungen aushandeln, streiten die britischen Fußball-Ligen mit dem englischen Verband darüber, welche Regeln in Zukunft für Spieler aus dem europäischen Ausland gelten sollen.

Zunächst die gute Nachricht: Dass deutsche Premier-League-Stars wie Liverpool-Trainer Jürgen Klopp, Arsenals Mittelfeldspieler Mesut Özil oder Chelsea-Verteidiger Antonio Rüdiger ihre Arbeitserlaubnis verlieren, ist nicht zu befürchten. Etwa drei Millionen EU-Bürger leben im Vereinigten Königreich. Wer vor Ende der Übergangsfrist in Großbritannien lebt oder bis dahin seinen Wohnsitz dort nimmt, kann noch bis Ende des Jahres sein Aufenthaltsrecht beantragen – und darf in der Regel auch bleiben und in Großbritannien arbeiten. Umgekehrt gilt das für britische Profis in Europa, darunter auch der englische Nationalspieler Jadon Sancho vom Bundesligisten Borussia Dortmund.

Für Spieler, die von 2021 an auf die Insel wechseln wollen, könnte es hingegen schwieriger werden, vor allem wenn sie keine Topstars sind. Bei der Premier League äußert man sich dazu bislang noch vage. Man habe „eine Reihe von Gesprächen mit der Regierung und Interessenvertretern“ über die Auswirkungen des Brexits auf den britischen Fußball geführt, sagte ein Sprecher. Nähere Details nannte er nicht.

Worum es geht, ist aber längst bekannt: Für nicht-europäische Ausländer gelten schon jetzt strenge Auflagen, die bald für alle ausländischen Profis gelten könnten. Um eine Arbeitserlaubnis zu bekommen, bräuchte ein Spieler dann die Zustimmung des englischen Fußballverbands FA – kurioserweise auch für einen Wechsel nach Schottland. Doch die FA würde die Zahl ausländischer Spieler gern reduzieren, weil sie sich eine Stärkung des Nationalteams erhofft. Zwischen dem Verband und den Ligen droht ein Interessenkonflikt.

Für die Zustimmung der FA und die Arbeitserlaubnis muss der ausländische Profi – vereinfacht gesagt – ein etablierter Nationalspieler sein. Der Verband orientiert sich dabei an der Fifa-Rangliste der Nationalmannschaften. Je besser das Nationalteam seines Landes, desto weniger Einsätze werden von einem Spieler verlangt. Premier-League-Spitzenreiter FC Liverpool und Meister Manchester City äußerten sich auf Anfrage nicht dazu. Doch bei den Topklubs dürften sich die Sorgen in Grenzen halten. Härter droht es Vereine in den niederen Tabellenregionen, unteren Ligen und in Schottland zu treffen. Denn die können sich die ganz großen Stars kaum leisten.

Zweitligist Huddersfield Town schaffte vor drei Jahren unter dem heutigen Schalke-Trainer David Wagner mit zahlreichen deutschen Profis den Aufstieg in die Premier League. Weder Michael Hefele noch Christopher Schindler haben Bundesliga-Erfahrung, Chris Löwe kam vor seiner Zeit in England immerhin auf sieben Einsätze. Ob die FA in solchen Fällen eine Arbeitserlaubnis erteilen würde, falls die härteren Regeln tatsächlich in Kraft treten, ist sehr fraglich.

Die Premier League, die für die unteren Ligen zuständige EFL (English Football League) und die schottische Liga sind sich einig. „Der Bre­xit sollte weder dazu genutzt werden, die Spielerkader im britischen Fußball zu schwächen, noch die Möglichkeiten der Klubs zu beschränken, internationale Spieler zu verpflichten“, hieß es in einer Erklärung. Ein dezenter Seitenhieb gegen den englischen Verband FA.

Trotzdem äußerte sich die Premier League diplomatisch und vorsichtig optimistisch. „Wir haben ein positives Arbeitsverhältnis mit der FA und werden weiterhin konstruktive Gespräche mit ihnen und anderen Interessenvertretern führen“, hieß es. Wie bei den Verhandlungen zwischen London und Brüssel ist der Ausgang allerdings völlig offen.