Fußball Affenlaute und Hitlergruß in Sofia

Sofia · Kantersieg der Engländer in EM-Qualifikation wird von rassistischen Äußerungen bulgarischer Zuschauer überschattet.

 Schiedsrichter Ivan Bebek spricht mit dem englischen Trainer Gareth Southgate (im Anzug) und Kapitän Harry Kane (Mitte, im roten Trikot) über die rassistischen Gesänge von bulgarischen Fans während des Spiels.

Schiedsrichter Ivan Bebek spricht mit dem englischen Trainer Gareth Southgate (im Anzug) und Kapitän Harry Kane (Mitte, im roten Trikot) über die rassistischen Gesänge von bulgarischen Fans während des Spiels.

Foto: dpa/Nick Potts

Gareth Southgate sprang entsetzt von seinem Platz auf – schon wieder waren seine Schützlinge zur Zielscheibe rassistischer Äußerungen geraten. Affenlaute mussten Englands Fußball-Stars in Sofia erdulden, höhnische Gesänge und gar den Hitlergruß. „Eine inakzeptable Situation“, schimpfte der Trainer der Three Lions: „Aber wir haben die richtigen Antworten gegeben.“ Zum einen, indem seine Mannschaft das EM-Qualifikationsspiel bei den Bulgaren klar mit 6:0 (4:0) gewann. Und zum anderen, indem die Unparteiischen umgehend auf die widerlichen Entgleisungen einiger Zuschauer aufmerksam gemacht wurden. Auch deshalb stand die Partie gleich zweimal vor dem Abbruch – es wäre das einzig richtige Zeichen gewesen.

Schließlich waren bulgarische Anhänger bereits in der Vergangenheit durch ähnliche Vorfälle aufgefallen, das einseitige Duell am Montagabend fand deshalb vor teilweise leeren Rängen statt. Auf Anfrage teilte die Europäische Fußball-Union (Uefa) zwar mit, „erst die offiziellen Spielberichte zu analysieren und dann über etwaige Maßnahmen zu entscheiden“. Die Bulgaren müssen aber mit heftigen Sanktionen rechnen. Artikel 14 der Rechtspflegeordnung der Uefa sieht bei einem wiederholten Fall nämlich ein „Spiel unter Ausschluss der Öffentlichkeit und eine Geldstrafe in Höhe von 50 000 Euro“ vor. Jedes weitere Vergehen kann im schlimmsten Fall zum Ausschluss aus dem Wettbewerb führen.

„Hoffentlich werden die höheren Mächte diesen Vorfall untersuchen“, sagte Englands Debütant Tyrone Mings, während Raheem Sterling meinte: „Es tut mir leid, dass Bulgarien durch solche Idioten repräsentiert wird.“ Auch der englische Verband FA bat die Uefa in einer ersten Stellungnahme, den „abscheulichen rassistischen Missbrauch“ zu untersuchen.

Weitaus zielführender wäre vermutlich ein Selbstreinigungsprozess auch innerhalb des bulgarischen Verbands BFS. Dort allerdings verschlossen die handelnden Personen die Augen vor der Wahrheit. „Ich war auf das Spiel konzentriert, ich habe nichts gehört“, sagte der bulgarische Nationaltrainer und Ex-Bundesliga-Profi Krassimir Balakow.

Verbandspräsident Boris Michailow hatte bereits vor der Partie geleugnet, dass es in Bulgarien ein Problem mit rassistischen Fans gebe – er dürfte auch wegen solcher Äußerungen bald nicht mehr im Amt sein. Die Forderung nach dem „sofortigen Rücktritt“ kam am Dienstag immerhin vom bulgarischen Premierminister Bojko Borissow höchstpersönlich. Bei Facebook schrieb der Spitzenpolitiker, es sei „unzulässig, dass Bulgarien mit Rassismus und Fremdenfeindlichkeit in Verbindung gebracht wird“. Bulgarien sei „einer der tolerantesten Staaten der Welt, wo Menschen unterschiedlicher Ethnien und Religionen in Frieden leben“.

Damit dürfte aber der sportlich glänzende Auftritt der Engländer, die Ende März in Montenegro mit ähnlichen Beleidigungen konfrontiert wurden, künftig nicht in Verbindung gebracht werden. „Man wird sich an eine Nacht erinnern, die eine Schande für den Fußball gebracht hat“, titelte der Daily Mirror.

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