Russland steht weiter zu Assad

Enniskillen · Die G8-Staaten wollen eine Übergangsregierung für Syrien. Darauf einigten sie sich gestern beim Gipfel in Nordirland. Die politische Zukunft von Präsident Baschar al-Assad spart die Abschlusserklärung jedoch aus.

Milliarden-Hilfe für Bürgerkriegsflüchtlinge und der Ruf nach einer Übergangsregierung für Syrien, aber keine Ablösung von Präsident Baschar al-Assad: Russland hat im Kreis der führenden Industriestaaten (G8) Forderungen nach einem Wechsel an der Spitze des Regimes erfolgreich blockiert. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zeigte sich mit der am Lough Erne bei Enniskillen gefundenen gemeinsamen Haltung zu Syrien trotzdem zufrieden. Bei der Syrien-Konferenz in Genf soll einvernehmlich über eine handlungsfähige Übergangsregierung geredet werden, sagte Merkel. "Dass alle G8-Teilnehmer dazu bereit sind und auch darauf hinarbeiten werden, ist ein wichtiger Schritt." Wie eine Übergangsregierung genau aussehen soll, blieb zunächst unklar.

Eine gemeinsame Position zur politischen Zukunft von Machthaber Assad sparten die Staats- und Regierungschefs in der Abschlusserklärung aus. Dennoch sagte der britische Premierminister und G8-Gastgeber David Cameron: "Es ist undenkbar, dass Präsident Assad in der Zukunft dieses Landes noch eine Rolle spielen kann. Er hat Blut an den Händen." Aus der Delegation des russischen Präsidenten klang das ganz anders. Ein Beschluss zum Schicksal Assads in der G8-Erklärung wäre "inakzeptabel", "zutiefst falsch und schädlich" gewesen, sagte Vizeaußenminister Sergej Rjabkow laut der Agentur Interfax.

Putin selbst sieht weiter keinen Beweis für einen Giftgaseinsatz der syrischen Führung. Auch andere G8-Staaten zweifelten an den Beweisen der USA, sagte er laut einem Bericht der Nachrichtenagentur Itar-Tass, ohne Namen zu nennen. Putin forderte eine unabhängige Untersuchung des Vorfalls durch die Vereinten Nationen - dem hat der G8-Gipfel dann auch zugestimmt.

Angesichts von schätzungsweise 1,6 Millionen aus dem Land geflüchteter Syrer verkündete Cameron, dass die G8-Staaten 1,5 Milliarden US-Dollar (1,21 Milliarden Euro) für humanitäre Hilfe zugesagt hätten. Die USA wollen 300 Millionen Dollar Hilfe leisten. Merkel hatte bereits in der Nacht zum Dienstag eine Verdoppelung der deutschen Hilfe angekündigt. Sie soll noch in diesem Jahr um 200 Millionen Euro erhöht werden.

Kampf gegen Steuerflucht

Hinter dem Streit um den richtigen Weg aus dem syrischen Bürgerkrieg traten andere wichtige von Cameron oben auf die Tagesordnung gesetzten Anliegen zurück. Die G8 wollen Steuerflüchtlingen das Leben künftig schwerer machen. International tätige Unternehmen sollen ihre Einkünfte nach Ländern getrennt ausweisen. Ein Verschieben von Gewinnen an Standorte mit niedrigen Steuern soll erschwert werden. Auch Steueroasen müssten künftig den Finanzbehörden Informationen überlassen. So sollen Einnahmen gesichert werden, die direkt oder indirekt armen Ländern etwa in Afrika zugutekommen sollen.

Hilfsorganisationen zeigten sich jedoch enttäuscht. Die G8 ließen Steuerbetrügern zu viel Spielraum, "um weiterhin Löcher in Milliardenhöhe in unsere Staatskassen zu schießen", hieß es von der Organisation Avaaz. Auch Oxfam ist skeptisch: "Die G8 haben all die richtigen Fragen gestellt, sind aber bei den Antworten dünn geblieben. Die Staats- und Regierungschefs müssen ihre Anstrengungen verstärken, um gegen den Skandal von Armut und Hunger in aller Welt, der viel zu lange andauert, vorzugehen", sagte der Oxfam-Exekutivdirektor Jim Clarken.

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