Köhler fordert Beck heraus

Meinung · An Horst Köhlers Äußerungen kann ein Sozialdemokrat eigentlich nichts auszusetzen haben. Für größere Anstrengungen in Bildung, Integration und Entwicklungshilfe, gegen das "Monster" Finanzmärkte. Geärgert hat Köhler allenfalls die Kanzlerin, wenn er die Qualität von Gesetzen bemängelte

An Horst Köhlers Äußerungen kann ein Sozialdemokrat eigentlich nichts auszusetzen haben. Für größere Anstrengungen in Bildung, Integration und Entwicklungshilfe, gegen das "Monster" Finanzmärkte. Geärgert hat Köhler allenfalls die Kanzlerin, wenn er die Qualität von Gesetzen bemängelte. Das Neoliberale, das ihm nachhängt, ist stark zurückgegangen. Was also spricht aus SPD-Sicht dagegen, diesen Bundespräsidenten für eine zweite Amtszeit zu wählen, zumal seine Popularität im Volk enorm ist?Nichts, und Kurt Beck wird das zu spüren bekommen. Der SPD-Vorsitzende wird sich nach Köhlers gestriger Entscheidung für eine erneute Kandidatur einem hohen Druck ausgesetzt sehen, diesem Präsidenten am 23. Mai 2009 in der Bundesversammlung eine weitere Amtszeit zu geben, zusammen mit Union und FDP. Und anders lautende Debatten schnell zu beenden.

Formal gesehen hat Beck freie Hand. Schwarz-Gelb hat derzeit in der Bundesversammlung nur eine hauchdünne Mehrheit - und nach der Bayern-Wahl wahrscheinlich auch die nicht mehr. Damit lässt sich pokern. Der Punkt ist nur: Beck hat für die von der Parteilinken favorisierte Kandidatin Gesine Schwan auch keine Mehrheit. Er hat also zum Pokern keine Karten. Gewählt werden könnte Schwan nur in einem Bündnis aus SPD, Grünen und Linkspartei. Und selbst dann wären womöglich noch Stimmen der NPD nötig.

Mehrheit ist Mehrheit, so denken die SPD-Linken, denen Beck einstweilen Raum gibt. Und auch, dass jetzt eine Frau ran müsse. Und ein bisschen noch, dass man sich neue Optionen, eben die mit der Linkspartei, nicht von vornherein verbieten lasse. Vielleicht will man auch nur die Union oder die FDP nötigen, nach einem dritten Bewerber Ausschau zu halten. Will also zeigen, dass man stark ist. Wenn man bei aktuell 25 Prozent in den Umfragen, elf Prozent für Beck persönlich, von Stärke reden kann.

Doch das ist Denken aus der Abteilung politische Naivität. Beck läuft mit einer eigenen Kandidatin Gefahr, sein zweites Hessen zu erleben. Etwa wenn die Grünen, die in dieser Rechnung einfach mal als Stimmvieh vereinnahmt werden, nicht mitmachen. Spätestens aber dann, wenn Genossen aus den eigenen Reihen dem Linksbündnis die Stimme verweigern, weil sie einen solchen Kurs falsch finden. So wie Dagmar Metzger im hessischen Landtag. Es wird viele Metzgers unter den SPD-Leuten n der Bundesversammlung geben. Der Präsident hat mit seiner gestrigen Erklärung die handwerkliche Kunst des SPD-Chefs herausgefordert. Dieses kleine Einmaleins der politischen Strategie sollte Beck beherrschen.

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