Spiel ohne jede Gestik

Mettlach. Die Mettlacher Kammermusiktage begrüßten am Sonntag einen Solisten, dessen Konzerte seit Jahren fest zum Spielplan gehören: Bernd Glemser gestaltete eine Matinée mit Werken von Chopin und Mendelssohn-Bartholdy. Zu Mendelsohns "Liedern ohne Worte" bot Glemser ein Spiel ohne Gesten. Man tut sich schwer, einen Solisten von internationalem Ruf zu kritisieren

Mettlach. Die Mettlacher Kammermusiktage begrüßten am Sonntag einen Solisten, dessen Konzerte seit Jahren fest zum Spielplan gehören: Bernd Glemser gestaltete eine Matinée mit Werken von Chopin und Mendelssohn-Bartholdy. Zu Mendelsohns "Liedern ohne Worte" bot Glemser ein Spiel ohne Gesten. Man tut sich schwer, einen Solisten von internationalem Ruf zu kritisieren. Die Unzufriedenheit, die man während seines Vortrages empfinden mochte, lag nicht in der mangelndenReife begründet: Glemser ist ein äußerst konzentrierter Pianist, der sich jedoch in seiner technischen Hingabe an die Stücke und seinem Streben nach absoluter Perfektion beinahe hinter seinen eigenen Vortrag zurückzieht. Glemser ist vieles: ein souveräner Virtuose, ein konzentrierter Interpret und ein in seinem Auftreten bescheidener Solist. Was er bietet, ist im guten wie im schlechten Sinn ein Spiel ohne jede Gestik. Glemsers Anschlag ist stets kräftig, und wirkt doch ohne Tiefe. Seine Interpretationen sind von der ersten bis zur letzten Note durchdacht; aber so lernt man eben nur den Virtuosen Glemser kennen, nicht aber seine Seele. Zudem wählte er gerade bei Mendelssohn vor allem die temperamentvollen und für die Hände kompliziert gesetzten "Lieder" aus. Selbst manche zarte Weise bei Chopin wirkte nur technisch erhaben, aber unbeseelt. Als läge Glemsers Vorstellung von emotionaler Tiefe verborgen in einer bewusst abgeklärten, nüchternen Spielweise. anw

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