Meinung Späte starke Worte

Jahrelang geleugnet, weggeschaut, vertuscht, den Opfern nicht zugehört, versagt – das ist schon ein klares Bekenntnis, das Kardinal Reinhard Marx im Namen der katholischen Kirche in Deutschland da ablegt.

Vor der Öffentlichkeit und vor allem vor den Missbrauchsopfern. Endlich. Auf eine so klare Sprache hat man trotz mancher Entschuldigungen, die auch bislang schon versucht worden sind, lange vergeblich gewartet. Dass Marx Schuld und Scham auch persönlich empfindet, sie bekennt und sich dafür entschuldigt, ist zusätzlich eine starke Geste.  Gleiches gilt für die Einsicht, dass die Auseinandersetzung mit diesem dunklen Kapitel Kirchengeschichte nicht etwa abgeschlossen ist, sondern nun erst beginnt.

Späte starke Worte also, die der Kardinal medienwirksam findet. Klar, worauf sie abzielen: Vertrauen zurückzugewinnen. Ob das gelingt und gar der von Marx prognostizierte „Wendepunkt“ eingeleitet wird, das hängt aber von Taten ab: aktive weitere Aufklärung bei einer vermutlich noch hohen Dunkelziffer an weiteren Fällen, angemessene Entschädigungszahlungen an Missbrauchsopfer durch die immer noch reiche katholische Kirche und eine neue, offensive, bessere Aufarbeitung als jene, für  die bisher der Trierer Bischof Stephan Ackermann als Sonderbeauftragter verantwortlich zeichnet. Und schließlich ein tieferes Eindringen in die Hintergründe der zutage getretenen sexuellen Verfehlungen. Dazu gehört auch ein schonungsloses Hinterfragen, ob der Zwangszölibat als priesterliche Lebensform dafür mitursächlich war und ist – und abgeschafft gehört. Und ob Priestern die Ehe weiterhin verwehrt bleiben darf.

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