Sozialpläne und Mordserien

Paris. Es ist ein Ereignis, das für viele Franzosen wichtiger ist als der Beginn eines neuen Jahres: Die so genannte "rentrée", das Ende der Sommerpause. Der rentrée littéraire kommt eine besondere Bedeutung zu, denn ganz Frankreich diskutiert dann über die Romane, die um die wichtigsten Literaturpreise des Landes buhlen

Paris. Es ist ein Ereignis, das für viele Franzosen wichtiger ist als der Beginn eines neuen Jahres: Die so genannte "rentrée", das Ende der Sommerpause. Der rentrée littéraire kommt eine besondere Bedeutung zu, denn ganz Frankreich diskutiert dann über die Romane, die um die wichtigsten Literaturpreise des Landes buhlen. Bis Ende Oktober kommen 701 Buchneuerscheinungen auf den Markt, davon stammt mit 497 Titeln ein Großteil von französischen Autoren. Die meisten Großverlage setzen auf bekannte Namen als Zugpferde. So erscheint bei Flammarion am 8. September "La Carte et le Territoire" ("Die Karte und das Territorium"), der neue Roman von Michel Houellebecq. Hauptthema ist die Einsamkeit. Amélie Nothomb veröffentlicht bei Albin Michel "Une forme de vie" ("Eine Art Leben"), einen Briefwechsel mit einem übergewichtigen GI; nach Ansicht von Kritikern eines der besten Bücher der belgischen Autorin. Actes Sud setzt auf Claudie Galley, die mit ihrem vorigen Roman einen Überraschungserfolg erlebte und jetzt "L'Amour est une île" ("Die Liebe ist eine Insel") vorlegt. Der frühere Goncourt-Preisträger Laurent Gaudé entführt in "Ouragan" in das vom Hurrikan Katrina verwüstete New Orleans, Olivier Adam in seinem melancholischen Roman "Le Coeur régulier" ("Das reguläre Herz", Editions de L'Olivier) nach Japan. Dort wandelt eine junge Frau auf den Spuren ihres Bruders, um zu verstehen, warum er sich das Leben genommen hat. Spielten im vergangenen Jahr viele der im Herbst neu erschienen Bücher im Zweiten Weltkrieg, so schwelgen diesmal viele Romane in nostalgischem Gedenken an die 70er Jahre. So wie "Fruit et légumes" ("Früchte und Gemüse", Albin Michel), Erinnerungen an eine Kindheit bei bretonischen Gemüsehändlern. Claude Arnaud schildert in "Qu'as-tu fait de tes frères? ("Was hast Du mit Deinen Brüdern gemacht?", Grasset) die Schwierigkeiten einer Familie, mit den Erschütterungen der Revolten vom Mai 68 fertig zu werden. Ein anderes wichtiges Thema ist die Wirtschaftskrise. Nathalie Kuperman beschreibt in "Nous étions des êtres vivants" ("Wir waren Lebewesen", Gallimard) die Restrukturierung einer Pressegruppe, während Philippe Claudel in "L'Enquete" ("Die Ermittlung", Stock) von der Selbstmordserie in einem Konzern berichtet und François Marchand in "Le plan social" ("Sozialplan", Le Cherche Midi) von einem betrügerischen Firmenchef. wü

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