Sozial-Rap mit Herz vom einstigen Rüpel
Saarbrücken · Ach, was ist er zahm geworden, der einstige Rüpel-Rapper Sido ! Vielleicht ist es aber auch geistige Reife, die den 34-jährigen Berliner Abstand nehmen lässt von früherer Sex & Crime-Lyrik. Nur: Viele seiner Fans wollen nach wie vor gerne jenen Song hören, der Sido 2003 den Durchbruch bescherte und dessen Titel alleine schon nicht zitierfähig ist.
Den wollte er eigentlich nicht mehr vortragen, sagte der Rapper den 2500 Besuchern in der Saarlandhalle; er sei schließlich Familienvater und seine Frau Charlotte gerade mit dem zweiten Kind schwanger.
Also präsentierte sich Paul Würdig alias Sido zunächst als der Mainstream-Musiker, zu dem er sich in den letzten Jahren entwickelt hat, inklusive Chart-Erfolgen und Kollaborationen mit Adel Tawil oder Andreas Bourani. Sozial-Rap ist das, der Soundtrack für Plattenbauten ohne die frühere Fäkalsprache. Auch das Flüchtlingsthema wurde mit Kriegsbildern und "Refugees welcome"-Slogan gestreift - Sido selbst hat Teile seiner Kindheit in einem Flüchtlingsheim verbracht, nachdem er noch vor dem Mauerfall aus Ostberlin ausreisen konnte. Auf die eigene Vergangenheit mit all den krummen Dingern, die da gedreht wurden, blicken seine Texte nur noch mit Abstand zurück. Das Rebellentum des Rappers beschränkte sich am Donnerstag erstmal darauf, auf der Bühne zu rauchen und Jägermeister zu trinken. Auch der als Running Gag geplante Auftritt eines persönliches Butlers hatte sich schnell abgenutzt. Schade auch, dass er nicht wie beim vorherigen Gastspiel hier (damals noch in der kleineren Garage) eine Band dabei hatte. Die Beats erzeugten diesmal zwei DJs. Zum Ende brandete Jubel auf, als die Lokalmatadoren Genetikk kurz auf die Bühne kamen; und als jeder damit rechnete, dass Sido sich mit dem Hit Au revoir verabschieden würde, kam er dann doch noch, jener nicht zitierfähige, herbeigewünschte Titel.