Silber verliert immer mehr an Wert

Frankfurt/London · Weil professionelle Anleger Gold den Rücken kehren, geht es nun auch für den kleinen Bruder Silber bergab. Auch die Konjunkturschwäche drückt den Preis für das Edelmetall, weil die Elektronikbranche weniger von dem Rohstoff nachfragt.

Edelmetalle wie Gold und Silber scheinen in den Augen professioneller Anleger an Strahlkraft zu verlieren. Während sich Gold von seinem massiven Preiseinbruch im April bis heute kaum erholt hat, beschleunigt sich der Sinkflug von Silber. Am Pfingstmontag sank der Preis für eine Feinunze (rund 31 Gramm) auf den tiefsten Stand seit mehr als zweieinhalb Jahren. Sachanlagen wie Immobilien sind heiß begehrt, während das Interesse an Edelmetallen schwindet.

Der Silberpreis fiel zum Wochenauftakt bis auf 20,90 US-Dollar. So wenig hatte das "Gold des kleinen Mannes", wie Silber aufgrund seines im Vergleich zu Gold geringeren Wertes genannt wird, zuletzt im Herbst 2010 gekostet. In Euro gerechnet ist eine Feinunze Silber nur noch 16,30 Euro wert. Seit Jahresbeginn hat Silber etwa ein Drittel an Wert eingebüßt. Von seinem Rekordhoch bei knapp 50 Dollar - erreicht im Frühjahr 2011 - ist es derzeit meilenweit entfernt. Daran ändert auch nichts, dass sich der Silberpreis im Laufe der vergangenen Woche wieder etwas berappelte und am Freitagabend bei rund 22,40 Dollar lag.

Der Kursverfall beim Silber ist umso beachtlicher, als es sich merklich schlechter als sein "großer Bruder" Gold hält. Das gelbe Edelmetall, das als Inbegriff für Krisen- und Inflationsschutz gilt, hat seit Jahresbeginn "nur" 20 Prozent an Wert verloren. Gegenwärtig kostet eine Feinunze Gold etwa 1380 Dollar, Anfang 2013 waren es über 300 Dollar mehr. Doch im April wendete sich das Blatt mit einem scharfen Preiseinbruch, gemeinhin als "Goldcrash" bezeichnet. Innerhalb weniger Handelstage gab der Goldpreis um mehr als 200 Dollar nach. Es war der stärkste Einbruch seit 30 Jahren. Diesem Abwärtsstrudel konnten sich nur die wenigsten Rohstoffe entziehen. Silber gehörte nicht dazu.

Über den Auslöser dieses Preiseinbruchs rätseln Experten bis heute. Sicher ist indes, dass das Interesse professioneller Investoren an Edelmetallen im April schlagartig abnahm. Vor allem Fonds, die ihre Anteile mit Gold hinterlegen, haben seither massiv verkauft. Thorsten Proettel, Goldexperte der Landesbank Baden-Württemberg, beziffert die Verkäufe dieser börsengehandelten Goldfonds (ETC) seit Jahresbeginn auf mehr als 400 Tonnen. Zum Vergleich: Die Menge entspricht mehr als zehn Prozent der gesamten Goldreserven der Bundesbank, die weltweit über die zweithöchsten Goldbestände verfügt.

Dass Silber zurzeit noch stärker als Gold unter Druck steht, liegt an einem einfachen Grund: Silber wird für die Herstellung zahlreicher Produkte verwendet, insbesondere im Elektro- und Elektronikbereich. Es gilt damit nicht nur als vermeintlich wertstabiles Edelmetall, sondern auch als wertvoller Rohstoff in der Industrie. Deswegen reagiert der Silberpreis für gewöhnlich stärker als Gold auf konjunkturelle Entwicklungen. Und hier ist die Lage alles andere als rosig: Die zweitgrößte und rohstoffhungrige Volkswirtschaft China schwächelt seit langem, die Eurozone schafft es seit nunmehr eineinhalb Jahren nicht aus der Rezession, und die weltgrößte Volkswirtschaft USA wächst allenfalls moderat. Das drückt die industrielle Silbernachfrage.

Über den anhaltenden Preisverfall von Gold und Silber dürften sich vor allem Kleinanleger ärgern. Denn die zwischenzeitliche Stabilisierung der Preise nach dem April-Crash ging vor allem auf eine starke Nachfrage nach Münzen und Barren zurück. Mit anderen Worten: Im Gegensatz zu Großanlegern haben Gold und Silber eine nach wie vor große Anhängerschaft bei Anlegern mit dünnerem Geldbeutel. Und dies, obwohl von einer hohen Geldentwertung - Hauptargument für den Edelmetallkauf - bislang nichts zu sehen ist. Folgt man Experten, dürfte sich daran in absehbarer Zeit nur wenig ändern.

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