„Sie sind voller Emotionen“

Als Gollum in „Der Herr der Ringe“ wurde Andy Serkis weltbekannt. Mit SZ-Mitarbeiter Ralf Krämer sprach er über die Vermenschlichung von Tieren. Serkis' neuer Film „Planet der Affen: Revolution“ startet morgen.

 Zum wiederholten Male gibt der britische Darsteller Andy Serkis einen Primaten. Foto: 20th Century Fox

Zum wiederholten Male gibt der britische Darsteller Andy Serkis einen Primaten. Foto: 20th Century Fox

Foto: 20th Century Fox



Hat das wiederholte Verkörpern von Affen bei Ihnen zu physischen Veränderungen geführt?

Serkis: Als wir "King Kong" drehten, bekam ich viele Gewichte umgeschnallt, damit meine Bewegungen schwerfälliger werden. Und wie es nun mal die Art eines Gorillas ist, habe ich mich oft auf meinen Fäusten abgestützt. Davon haben sich die Knöchel meiner Finger nie wirklich erholt. Sie sind ziemlich dick geworden. Und als ich Monate später mit meinen Kindern auf dem Boden spielte, habe ich irgendwann realisiert, dass ich mich beim Aufstehen immer noch auf meinen Finger-Knöcheln abstützte. Da fragt man sich doch: Warum mache ich das? Das ist doch verrückt!

Sie waren einer der ersten Schauspieler, die mithilfe der Performance-Capture-Technik Charaktere mit realen und animierten Anteilen zum Leben erweckten. Waren Ihnen die Möglichkeiten dieser Technologie von Anfang an bewusst?

Serkis: Nein. Als wir "Der Herr der Ringe " vorbereiteten und Peter Jackson mich bat, Gollum zu spielen, bedeutete das: Ich ging ganz normal ans Set, spielte Gollum und meine Bewegungen sollten dann als Vorlage für die spätere Animation dienen. Wir drehten also meine Szenen, auf 35mm-Film, so war das damals noch üblich. Aber dann musste ich ein halbes Jahr später noch mal ran und stand plötzlich in einem kleinen Raum in einem Motion-Capture-Anzug, ohne irgendeinen anderen Schauspieler um mich herum. Das wurde zu einer sehr einsamen Erfahrung.

Haben Sie in der Vorbereitung auf Ihre Rolle in den "Planet der Affen"-Filmen nach Gemeinsamkeiten zwischen Ihnen und dem Schimpansen gesucht?

Serkis: Als ich anfing mich mit Affen zu beschäftigen, dachte ich tatsächlich noch, das wäre eine Spezies, die mit meiner eigenen nicht viel tu tun hat. Ich dachte, ich könnte sie mir ganz objektiv anschauen und aus diesen Beobachtungen heraus entscheiden, wie ich einen Affen zu spielen habe. Aber ich musste schnell feststellen, dass es keinen großen Unterschied macht, ob ich einen Menschen oder einen Menschenaffen studiere. Sie sind alle sehr verschieden ausgeprägte Individuen. Sie haben gute und schlechte Tage, sie sind voller Emotionen, sie können auch aggressiv sein - wir sind einander viel näher, als die meisten von uns wahrscheinlich denken. Das war für mich die größte Entdeckung.

Es gab einige Filme, wie "Attenberg", in denen sich Menschen das Verhalten von Affen zum Vorbild nehmen. In "Holy Motors" lebt ein Mann mit seiner Affenfrau...

Serkis: Wollen Sie jetzt etwa wissen, ob ich für die Legalisierung der Affen-Ehe bin? (lacht)

Wenn Sie dazu etwas sagen möchten, bitte.

Serkis: Nun, die Beziehungen zwischen Menschen und ihren Katzen oder Hunden sind ja oft tatsächlich so eng, dass man sagen könnte: Da ist jemand mit seinem Haustier verheiratet. Menschen empfinden wirkliche Liebe und Zuneigung zu ihren Tieren, nicht weniger als zu ihren Geschwistern. Ich finde es sehr interessant, dass es Filme gibt, in denen Tiere vermenschlicht werden.

Woher kommt die Lust an dieser Vermenschlichung?

Serkis: Das hat wohl damit zu tun, dass wir im zweiten Jahrhundert nach Darwin glauben, die Tiere auf der wissenschaftlichen Ebene durchschaut zu haben. Wir kennen ihre Anatomie, ihre DNA, wir beobachten sie auf dem Discovery Channel oder lesen Magazine wie National Geographic. Aber kennen wir sie dadurch besser?

Wäre die Konsequenz einer emotionalen Vermenschlichung, dass man Tiere auch juristisch wie Menschen behandelt?

Serkis: In der Tat habe ich mit einem Primatologen darüber gesprochen, der eine Kampagne für Affenrechte analog zu den Menschenrechten durchführt. Durch den Handel mit Bushmeat in Afrika drohen besonders einige Gorilla-Arten komplett ausgelöscht zu werden. Er ist dafür, das juristisch als Mord zu ahnden und ich denke, das sollte man auch tun.

"Planet der Affen: Revolution" läuft ab morgen in vielen Kinos der Region. Kritiken zu diesem und weiteren neuen Filmen heute in treff.region.

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