Schwieriger Übergang in den Job

Berlin · Die Bundesregierung hat sich auf die Fahnen geschrieben, Jugendliche besser ins Berufsleben zu vermitteln. Doch das Projekt Jugendberufsagentur komme nicht voran, kritisieren die Grünen.

Die Arbeitslosenzahlen sind deutlich gesunken. Und doch sind in Deutschland immer noch fast 232 000 junge Menschen unter 25 Jahre ohne Job. Knapp zwei Drittel von ihnen haben keine abgeschlossene Berufsausbildung. Jeder Neunte verfügt noch nicht einmal über einen Hauptschulabschluss. Union und SPD haben sich deshalb dazu bekannt, die Übergänge zwischen Schule, Ausbildung und Beruf wirksam zu verbessern. "In Wahrheit macht sich die Regierung aber ein schlanken Fuß", bemängelt die Arbeitsmarktexpertin der Grünen, Brigitte Pothmer .

Das Zauberwort heißt Jugendberufsagentur. Laut Koalitionsvereinbarung sollen diese Einrichtungen "flächendeckend" aufgebaut werden, um die Leistungen und Hilfsangebote der Jobcenter, Arbeitsagenturen und Jugendämter zu "bündeln". Seit 2005 sind diese drei Träger für lernschwache und sozial benachteiligte Jugendliche zuständig. Allerdings mit jeweils eigenen Kompetenzen und Budgets.

Und mit verwirrenden Folgen: So kann es passieren, dass die für die Berufsorientierung zuständige Arbeitsagentur einen Schüler für eine Ausbildung begeistert, ihn aber nicht vermitteln darf, weil der Jugendliche in einer Hartz-IV-Familie lebt und seine Ausbildungsvermittlung deshalb Sache des Jobcenters ist. Für den Betroffenen bedeutet das wechselnde Ansprechpartner, Frust und zusätzliche Hürden. Noch komplizierter wird es, wenn die Jugendhilfe mit ins Spiel kommt, weil Jugendliche obendrein beispielsweise eine professionelle Suchtberatung brauchen. "Auch wenn die verschiedenen Behörden nur wenige Meter voneinander entfernt waren, glaubt man gar nicht, wie viele Jugendliche auf den wenigen Metern verloren gehen", sagt Heinrich Alt , Vorstandsmitglied der Bundesagentur für Arbeit (BA). Umso wichtiger sei ein Zusammenrücken der drei Träger unter einem Dach.

Bereits vor vier Jahren hat die BA deshalb so genannte Arbeitsbündnisse "Jugend und Beruf" initiiert, auf denen die Jugendberufsagenturen aufbauen können. Wie das Bundesarbeitsministerium auf Anfrage der Grünen mitteilte, sind bis Ende September 186 solcher Arbeitsbündnisse entstanden. Das Problem sei aber nicht die Quantität, sondern die Qualität, klagt Pothmer. Bei vielen Jugendberufsagenturen gebe es keine gemeinsamen Räumlichkeiten und auch keine gemeinsamen Fallbesprechungen, sagt sie. Manchmal sei es lediglich eine Website. Ein großes Manko: Die Jugendhilfe-Angebote können laut Pothmer nicht im Rahmen der Jugendberufsagenturen finanziert werden. Eine Mitfinanzierung sei den Jobcentern gesetzlich verwehrt. "Nötig ist ein Fördertopf Jugendberufsagentur", sagt Pothmer. In der Stellungnahme des Arbeitsministeriums an die Grünen heißt es allerdings: "Die Bundesregierung plant nicht, Länder und Kommunen bei der Einführung von Arbeitsbündnissen finanziell zu unterstützen."

Oft steht auch der Datenschutz einer umfassenden und koordinierten Betreuung der Jugendlichen im Weg. "Es wäre hilfreich, wenn wir unsere Daten zum Beispiel mit der kommunalen Jugendhilfe austauschen könnten. Das ist derzeit nicht möglich", sagt BA-Vorstand Alt. Ein Austausch würde helfen, sich über Termine mit den Jugendlichen abzustimmen, an einem gemeinsamen Integrationsfahrplan zu arbeiten, Doppelstrukturen in der Betreuung zu vermeiden und Transparenz über den jeweiligen Betreuer zu bekommen. Die Bundesregierung hat dieses Problem durchaus erkannt. In der Koalitionsvereinbarung ist von datenschutzrechtlichen "Klarstellungen" die Rede. Doch die Gesetzesänderung lässt auf sich warten. Fazit der Grünen-Politikerin Pothmer: "Mit den Jugendberufsagenturen macht die Regierung großen Ankündigungen, die Arbeit sollen andere erledigen."

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