Schuldenkrise geht in neue Runde

Brüssel. Die Schuldenkrise eskaliert. Nur zwei Wochen nach dem Sondergipfel, von dem sich alle einen Durchbruch erhofft hatten, wächst vor allem in Berlin die Angst vor einer Explosion der Ausgaben für Griechenland. Der Grund: Sowohl Italien als auch Spanien haben angekündigt, sich an der nächsten Tranche für Athen im September nicht beteiligen zu können

Brüssel. Die Schuldenkrise eskaliert. Nur zwei Wochen nach dem Sondergipfel, von dem sich alle einen Durchbruch erhofft hatten, wächst vor allem in Berlin die Angst vor einer Explosion der Ausgaben für Griechenland. Der Grund: Sowohl Italien als auch Spanien haben angekündigt, sich an der nächsten Tranche für Athen im September nicht beteiligen zu können. Damit müssten nach dem internen Verteilungsschlüssel der Euro-Retter etwa 30 Prozent der nächsten Überweisung von den anderen Ländern mit den höchsten Bonitätsnoten aufgebracht werden. Das sind - neben Deutschland - Frankreich und die Niederlande."Reine Spekulation" hieß es dazu gestern aus dem Kreis der Euro-Finanzminister. Und auch die EU-Kommission bemühte sich nach Kräften, die aufkommende Unruhe zu dämpfen. Doch die Zahlen sprechen längst eine andere Sprache. So stiegen bis zur Mitte dieser Woche die Risiko-Zuschläge für italienische und spanische Staatsanleihen auf über sechs Prozent, drei Prozent höher als für deutsche Papiere. Üblicherweise gilt die Sieben-Prozent-Marke als "Schallgrenze": Wird sie durchbrochen, fällt ein Land in den Euro-Rettungsschirm. Wie der jedoch zwei große Staaten gleichzeitig auffangen soll, ist nicht absehbar. Die Deutsche Bank wiederum handelte sich eine offene Beschwerde der italienischen Bankenaufsicht ein, weil Deutschlands Geldhaus Nummer eins zwischen Januar und Juli seinen Bestand an italienischen Papieren von acht auf eine Milliarde drastisch reduziert hatte. "Die Klugen verlassen das sinkende Schiff", hieß es dazu zynisch in Brüssel.

Parallel dazu leistet sich die Euro-Zone auch noch Unsicherheiten an einer anderen Front. Hinter den Kulissen begann offenbar die Demontage des derzeitigen Vorsitzenden Jean-Claude Juncker. Dieser habe nicht verhindern können, dass die Euro-Finanzminister sich öffentlich zum Teil widersprüchlich geäußert hätten. "Das ist ein völlig falsches Signal an die Märkte", sagt einer, der zum engeren Kreis der Runde gehört. Die offenen Angriffe des Luxemburgers gegen Berlin und Paris haben ihn darüber hinaus viel Unterstützung gekostet. Nun wird in Brüssel ein Vorschlag des französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy kolportiert. Der wolle die Politik im Währungsraum stärker in der Hand von EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy bündeln, heißt es. "Wir brauchen künftig eine Stimme", fordert ein hoher EU-Diplomat.

Meinung

Der Flächenbrand naht

Von SZ-KorrespondentDetlef Drewes

Der Flächenbrand scheint nicht mehr aufzuhalten. Die italienischen und spanischen Zahlen zeigen, wie die Finanzmärkte auf Sondergipfel-Beschlüsse reagieren, die man zwar gefasst, aber deren Ausarbeitung man erst einmal liegen gelassen hat. Wie die Bundesregierung den Menschen verkaufen will, dass man nun auch noch für den Ausfall Roms und Madrids bei der nächsten Griechenland-Rate geradestehen muss, ist ein Rätsel. Niemand kann es dem deutschen Steuerzahler verdenken, dass er nicht für die ökonomische Unbelehrbarkeit eines ignoranten römischen Regierungschefs in Verantwortung genommen werden will. Der Euro-Raum zerbricht zwar nicht, aber seine Unterstützung verdunstet, wenn ein Mann wie Berlusconi alle Mahnungen und Ratschläge in den Wind schlägt. Italien wie Spanien haben Milliarden aus den europäischen Fördertöpfen erhalten und diese verschleudert, ohne das Geld der anderen zur Haushaltssanierung zu nutzen. Die Frage nach dem Sinn neuer Hilfen zu stellen, ist angebracht. Und da soll uns niemand mit europäischer Solidarität kommen.

Hintergrund

Italiens Regierungschef Silvio Berlusconi hat das Sparpaket und die Krisenmaßnahmen seiner Regierung gegen den Druck der Finanzmärkte verteidigt. Die Banken des Landes seien solide, die Wirtschaft vital, sagte Berlusconi vor dem Parlament in Rom. Um die Schulden- und Finanzkrise jetzt zu überwinden, müssten alle zusammenarbeiten, forderte er das Land zum Zusammenhalt auf. dpa

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