Schonfrist für deutsche Autobauer

Brüssel. Europas "Auto-Krieg" scheint ausgestanden zu sein - zur Freude vor allem der deutschen Hersteller. Nach monatelangem Streit um künftige CO2-Grenzwerte und Strafzahlungen für Pkw bahnte in der Nacht zum Dienstag der gewichtige Industrieausschusses des Europäischen Parlamentes den Weg zum Kompromiss

Brüssel. Europas "Auto-Krieg" scheint ausgestanden zu sein - zur Freude vor allem der deutschen Hersteller. Nach monatelangem Streit um künftige CO2-Grenzwerte und Strafzahlungen für Pkw bahnte in der Nacht zum Dienstag der gewichtige Industrieausschusses des Europäischen Parlamentes den Weg zum Kompromiss.Seit Monaten kämpft die Kommission dafür, dass Neufahrzeuge bis 2012 nur noch höchstens 120 Gramm CO2 pro Kilometer ausstoßen. Für jedes Gramm mehr, so die Planung, hätten die Hersteller 95 Euro Strafe zahlen müssen. Der Kompromiss gibt den Herstellern nun mehr Zeit: Nur 60 Prozent der Neuwagenflotte muss 2012 den Grenzwert erreichen, im Jahr darauf sollen es dann 70 Prozent sein. Die komplette Flotte muss erst 2015 - also drei Jahre später als ursprünglich geplant - sauber sein. Rabatte gibt es für Hersteller, die Fahrzeuge mit neuen Antrieben und geringeren Emissionen anbieten und die außerdem in Öko-Technologien investieren.Vom anvisierten Grenzwert sind alle Hersteller noch meilenweit entfernt. Erst vor wenigen Tagen hat der europäische Umweltverband T&E festgestellt, dass BMW, Daimler, VW, Audi sowie einige japanische Autobauer ihre Emissionen zwischen 18 und 25 Prozent reduzieren müssen, um die Zielmarke von 2012 zu erreichen. Verfehlen die Hersteller das Ziel, fällt die Strafe allerdings nicht mehr so drastisch aus wie geplant: Statt 95 Euro müssen die Autohersteller dann nur 40 Euro je Gramm CO2 über dem Grenzwert zahlen. In jedem Fall werden die Hersteller nach Ansicht des SPD-Europa-Politikers Matthias Groote in die teure Technik investieren: "Kein deutscher Hersteller kann sich leisten, als Umweltsünder und Hersteller von Dreckschleudern bekannt zu werden."Völlig neu im Kompromiss ist auch eine Lastenteilung zwischen den Herstellern großer und kleiner Fahrzeuge, wie sie bei einem "Auto-Gipfel" von Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy und Bundeskanzlerin Angela Merke ausgehandelt worden war. Demnach müssen auch jene Unternehmen, die vorrangig Klein- und Mittelklasse-Autos herstellen, den Abgasausstoß senken, selbst wenn sie bereits jetzt unter 120 Gramm liegen. "Wir haben den Vorschlag der Kommission deutlich verbessert", sagt Werner Langen, Chef der CDU-Abgeordneten im Europäischen Parlament.Auch für die Autokäufer zahlt sich der Kompromiss aus: Die bereits prognostizierten Preiserhöhungen für abgasärmere Motoren - bis zu 4000 Euro bei Luxus-Karossen - werden deutlich geringer ausfallen. Die Industrie tut allerdings auch gut daran, schnell mit der Entwicklung neuer Motoren zu beginnen. Denn der Industrieausschuss hat bereits klargemacht: 120 Gramm CO2 je Kilometer sind nur ein erstes Ziel. Schon 2020 soll eine noch niedrigere Marke gelten: 95 Gramm. Meinung

Saubere Fahrt

Von SZ-KorrespondentDetlef Drewes Unsere Autos müssen sauberer werden. Das ist klar. Freiwillig geht das offensichtlich nicht, also brauchen wir Regeln. Aber nicht solche. Der Kompromiss wird offenbar ein typisches Brüsseler Produkt: unverständlich, unbegreiflich und unsinnig. Statt ein Auto komplett dem künftigen Grenzwert zu unterwerfen, macht man es richtig kompliziert. Am Motor muss gebastelt werden, an den Reifen. Rabatte gibt s auch noch. Auch in der neuen Fassung bleibt die EU-Abgas-Regelung ein bürokratisches Machwerk.Dennoch ist es gelungen, die ungleiche Belastung der Hersteller, vor allem der deutschen, aufzuheben. Es ist gut, dass Klimaschutz nicht mehr als Etikett für einen Wettbewerbskrieg missbraucht werden kann. HintergrundAlle neuen Autos, die ab 2015 zugelassen werden (die ersten schon ab 2012), dürfen nicht mehr als 130 Gramm Kohlendioxid (CO2) je Kilometer ausstoßen. Weitere zehn Gramm Kohlendioxid müssen durch neuartige Reifen eingespart werden, deren Rollwiderstand geringer ist. Damit wird dann der eigentliche Grenzwert von 120 Gramm erreicht. Ökologische Innovationen werden mit einem Rabatt für die Hersteller belohnt. dr

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