Schlecker macht Platz

Ehingen. Anton Schlecker ist ein typischer schwäbischer Unternehmer: Zugeknöpft und öffentlichkeitsscheu lenkt er seine milliardenschwere Drogeriekette. Entscheidungen trifft der Chef für gewöhnlich weitgehend allein. Doch Europas größte Drogerie-Kette verliert an Boden und schreibt Branchenkreisen zufolge seit Jahren rote Zahlen

Ehingen. Anton Schlecker ist ein typischer schwäbischer Unternehmer: Zugeknöpft und öffentlichkeitsscheu lenkt er seine milliardenschwere Drogeriekette. Entscheidungen trifft der Chef für gewöhnlich weitgehend allein. Doch Europas größte Drogerie-Kette verliert an Boden und schreibt Branchenkreisen zufolge seit Jahren rote Zahlen. Jetzt macht der 66-Jährige zum ersten Mal etwas Platz auf dem Chefsessel: Seine Kinder sollen die Firma wieder flottmachen und frischen Wind in die eher biederen Schlecker-Filialen bringen. Zwar bleibt Anton Schlecker alleiniger Eigentümer. Aber dass seine Kinder Lars (39) und Meike (37) gestern die Neuausrichtung des Geschäfts verkünden durften, ist ein klarer Beleg für den Generationswechsel in der Chefetage von Europas größter Drogeriekette. Sogar eine leise öffentliche Kritik an den zuletzt eher zaghaften unternehmerischen Entscheidungen ihres Vaters haben die Kinder gewagt. Für den Senior ist das eine neue Situation. Anton Schlecker hat bei seiner Bilderbuchkarriere immer selbst die Zügel in der Hand gehabt: Einst war er Deutschlands jüngster Metzgermeister, dann hatte er die Ideen mit den Drogeriemärkten und wurde Milliardär. Sein Vermögen wird vom US-Magazin "Forbes" auf 3,2 Milliarden Dollar (2,35 Milliarden Euro) geschätzt. Doch der Erfolg bröckelt. Der Kampf um Kunden in der Branche ist knallhart, der Marktführer spürt den Atem von Konkurrenten wie dm und Rossmann im Nacken. Zuletzt soll der Senior kaum noch Geld in die Modernisierung seiner Filialen gesteckt haben. Während die Konkurrenten ihre Läden großzügig und hell gestaltet, sind die weit über 10 000 Schlecker-Filialen größtenteils klein, gelten als unübersichtlich und schlecht beleuchtet. Das Image litt auch unter Auseinandersetzungen mit der Gewerkschaft Verdi. Schlecker wurden immer wieder Knauserigkeit und Kontrolldrang vorgeworfen.Zu Jahresbeginn hatte Schlecker Probleme eingeräumt. "Seit 2004 verlieren wir in Deutschland an Umsatz." Und er gab zu, dass viele Schwierigkeiten hausgemacht seien. Im vergangenen Jahr soll Schlecker Branchenkreisen zufolge 7,2 Milliarden Euro Umsatz und 90 Millionen Euro Verlust gemacht haben. Aus dem Unternehmen hört man lediglich, dass der Verlust tatsächlich nicht ganz so hoch gewesen sei. Auf Schleckers Kinder kommt viel Arbeit zu. Quasi als erste Amtshandlung haben die beiden angekündigt, 230 Millionen Euro zu investieren, um das Erscheinungsbild der Geschäfte freundlicher zu gestalten. In der Branche gilt dieser Schritt als überfällig, denn damit zieht Schlecker nur mit der Konkurrenz gleich. Selbst Lars Schlecker räumte im Interview des "Manager Magazins" ein: "Klar, es hätte auch früher passieren können. Aber es kommt definitiv nicht zu spät."Meinung

Ein erster Schritt nach vorn

Von SZ-RedakteurVolker Meyer zu Tittingdorf Der Drogeriemarkt-Gigant überwindet den Stillstand. Es war höchste Zeit. Zu lange hat Anton Schlecker der Konkurrenz tatenlos zugeschaut. Im Vergleich zu dm-Märkten wirken die Schlecker-Läden eng, unübersichtlich, ja, billig. Das Image hat zudem massiv unter dem Streit mit der Gewerkschaft Verdi wegen Leiharbeit und Lohndumping gelitten. Jetzt bekundet Schlecker den Willen zu einem Aufbruch in neue Zeiten: Nicht nur dass der Firmenpatriarch seinen Kindern Verantwortung überträgt, sie verkünden auch gleich Investitionen in die überfällige Modernisierung. Wer Marktführer bleiben will, darf nicht nur Rückstand aufholen, sondern muss den Wettbewerbern voraus sein.

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