Schäuble massiv unter Aufklärungsdruck

Berlin/München. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU, Foto: dpa) ist nach dem Milliardenfehler bei der Bad Bank der verstaatlichten, früheren Hypo Real Estate (HRE) unter Aufklärungsdruck. Sein Ministerium wusste womöglich früher als angegeben von Bilanzproblemen bei der Bad Bank FMS Wertmanagement, die eine Fehlbuchung von 55,5 Milliarden Euro einräumen musste

Berlin/München. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU, Foto: dpa) ist nach dem Milliardenfehler bei der Bad Bank der verstaatlichten, früheren Hypo Real Estate (HRE) unter Aufklärungsdruck. Sein Ministerium wusste womöglich früher als angegeben von Bilanzproblemen bei der Bad Bank FMS Wertmanagement, die eine Fehlbuchung von 55,5 Milliarden Euro einräumen musste. Das geht aus Auskünften des Ministeriums an Bundestagsabgeordnete hervor.Heute sollen die Verantwortlichen der FMS Wertmanagement, der zuständigen Wirtschaftsprüfer von Pricewaterhouse Coopers (PwC), der Finanzmarktstabilisierungsanstalt (FMSA) und der in Pfandbriefbank umbenannten HRE zum Rapport im Finanzministerium antreten. Die FMSA ist Nachfolgerin des staatlichen Bankenrettungsfonds Soffin. Die Anstalt ist für die Überwachung und Kontrolle der Bad Bank zuständig.

Schäubles Sprecher wies eine direkte Verantwortung des Ministers für den Buchungsfehler bei der Münchner Abwicklungsanstalt FMS Wertmanagement zurück, in die die HRE ihre Altlasten ausgelagert hatte. Der Bundesfinanzminister stelle nicht die Bilanzen auf und segne sie auch nicht ab, sagte er. Auch betonte er, das Ministerium habe erstmals am 4. Oktober von möglichen Fehlern gehört.

Fragen wirft aber ein Antwortschreiben des Parlamentarischen Finanzstaatssekretärs Hartmut Koschyk vom 13. September auf Fragen des Linke-Abgeordneten Klaus Ernst auf: Dort wird der Schuldenberg der HRE-Bad-Bank für 2010 mit 216,5 Milliarden Euro angeben. Für das Jahr 2011 wird eine Summe von 161 Milliarden Euro geschätzt. Dies entspricht genau der Differenz von 55,5 Milliarden Euro, die jetzt als Buchungsfehler bekannt geworden sind. "Das Finanzministerium hat Parlament und Öffentlichkeit belogen und getäuscht", kommentierte Ernst die Bilanzpanne.

Das Bundesfinanzministerium erklärte dagegen, die Aufblähung der Bilanz sei im September für einen "temporären Effekt" gehalten worden - der Milliardenfehler sei nicht bekannt gewesen. "Auf Arbeitsebene" habe man erstmals am 4. Oktober mündlich über mögliche Buchungsfehler bei der HRE-Bad-Bank in Milliardenhöhe erfahren. Erst am 11. und 13. Oktober habe man Gewissheit gehabt.

Im Anschluss habe man den Bundestag informell über den Fehler informiert. Der Finanzausschuss sei in seiner nächsten Sitzung am 28. Oktober mündlich unterrichtet worden. SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann sagte, entweder habe Schäubles Ministerium die Brisanz der Fehler nicht erkannt oder die Zahlen seien bewusst zurückgehalten worden. "Selbstverständlich trägt Schäuble die volle Verantwortung", sagt er. Es handele sich schließlich um eine staatliche Bank. "Es gibt niemanden anderes, der dafür verantwortlich sein könnte", sagte Oppermann.

Der Bilanzfehler entstand nach bisherigen Erkenntnissen, weil unter anderem steigende Kurse für Papiere und Sicherheiten für Forderungen falsch verbucht wurden. Grob gesagt, wurden Plus und Minus vertauscht. In die Kritik gerieten auch die zuständigen Wirtschaftsprüfer von PwC. Sie wiesen aber eine Schuld zurück und betonten, wesentliche Teile der Rechnungslegung seien an die HRE ausgelagert worden. Diese hatte einen Großteil der Datenverarbeitung für ihre Bad Bank übernommen.

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