Sand im Getriebe

St Ingbert · Beim Umbau der St. Ingberter Baumwollspinnerei hakt es: Der Bauherr und der Oberbürgermeister haben unterschiedliche Auffassungen. Jetzt hat sich der Stadtrat eingeschaltet.

 Ein Blick ins Innere der Baumwollspinnerei, deren Umwandlung zum Museums- und Dienstleistungsort nicht reibungslos läuft. Foto: SZ

Ein Blick ins Innere der Baumwollspinnerei, deren Umwandlung zum Museums- und Dienstleistungsort nicht reibungslos läuft. Foto: SZ

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Kulturfabrik, Leuchtturmprojekt überregionaler Strahlkraft, "Neue Baumwollspinnerei": Die Revitalisierung und Transformierung der Alten Baumwollspinnerei von der einstigen industriellen zu einer modernen Museums- und Dienstleistungsnutzung ist für die Verhältnisse St. Ingberts eine richtig große Nummer. Doch das Projekt hat Sand im Getriebe. Investor und Bauherr Werner Deller auf der einen und die Stadtverwaltung auf der anderen Seite haben sich jüngst gegenseitig vorgeworfen, auf der Bremse zu stehen. Das hat die Kommunalpolitik aufgerüttelt: Der Bauausschuss des St. Ingberter Stadtrates hat am Mittwoch in nichtöffentlicher Sitzung ein Machtwort gesprochen. Das Rathaus soll Deller weitere 1,3 Millionen Euro zahlen für bereits entstandene Kosten (2,6 Millionen sind laut Stadt schon geflossen an städtischen Mitteln und Fördergeld), damit der Umbau von der Alten in die Neue Baumwollspinnerei weitergeht. Der Bauherr lobt die Entscheidung mit Einschränkung: "Die Stadt hat zu einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit zurückgefunden. Das muss jetzt gelebt werden." Auch sein Widerpart, Oberbürgermeister Hans Wagner, äußert sich positiv: "Ich hoffe, es geht jetzt beherzt weiter."

Die Weichen auf zügiges Vorwärtskommen zu stellen, ist dringend notwendig. Das Projekt ist mit Gesamtkosten von gut 14 Millionen Euro veranschlagt. Die Stadt ist mit 2,69 Millionen Euro eigenem Geld beteiligt, die Förderkulisse beträgt 6,85 Millionen Euro. Den Rest stemmt Investor Deller. Abgesehen vom üblichen Ärger über Verzögerungen beim Baufortschritt, müssen die Beteiligten die Förderung im Auge behalten. Sie besteht im Wesentlichen aus Konversionsmitteln und Geld aus dem Städtebau-Programm. Aus Letzterem würden etwa zwei Millionen Euro Zuschüsse verfallen, wenn die Baustelle bis Jahresende nicht den nötigen Fortschritt zeigt. Erste Stimmen fürchten, St. Ingbert könne sich nach einigen Skandälchen der jüngeren Vergangenheit vollends zur Lachnummer machen, wenn das Projekt durch das Wegbrechen von Zuschüssen den Bach runtergeht.

Woran hängt es? Der Teufel sitzt sowohl im Detail als auch im großen Ganzen. St. Ingberts Oberbürgermeister Hans Wagner hat das Wollspinnerei-Projekt von seinem Amtsvorgänger Georg Jung geerbt. Im Gegensatz zu Jung war Wagner immer entschiedener Gegner der öffentlich-privaten Partnerschaft zwischen dem vorigen Alleineigentümer Deller und der Stadt und sprach auch als neuer OB noch von einem "Luxusprojekt". Seine politische Basis, die Familien-Partei, sah von Anfang an große Risiken in der Zusammenarbeit - ursprünglich wollte die Stadt 25 Prozent der Wollspinnerei erwerben, tatsächlich wurden es 63 Prozent - und mahnte neben den Ausbaukosten hohe Folgekosten an, wenn verschiedene städtische Nutzungen unter dem Dach des denkmalgeschützten Industriegebäudes zusammengefasst würden. Wagner spricht denn auch von Betriebs- und Nebenkosten, die jährlich an 1,5 Millionen Euro heranreichen könnten und den Haushalt über die Schmerzgrenze hinaus belasten würden.

Aber die Verträge sind seit September 2011 geschlossen. Das Museum Sankt Ingbert zog bereits im Vorgriff 2007 aus dem ehemaligen Landratsamt aus. Neben dem Museum, das eine der vier Wollspinnerei-Etagen füllen soll, sind im Wesentlichen der Zuzug des kommunalen Kinos, Teile von VHS und Musikschule sowie eine private Tanzschule als Mieter geplant. Deller selbst behält ein Stockwerk für seine Galerie.

Verwaltungschef Wagner betont, der Bauherr müsse die vertraglich geregelten Aspekte abarbeiten und nachweisen. Und damit geht es in die Details. Muss der Boden der Museumsetage wie nach heutigem Standard gefordert 500 Kilogramm pro Quadratmeter tragen können oder reichen die 300 Kilogramm, die das Industriedenkmal mitbringt? Darf der Bauherr die mit bleihaltiger Farbe gestrichenen Stahlstützen einhausen oder müssen sie aufwendig abgestrahlt werden? Deller weist darauf hin, die Wollspinnerei sei kein marodes Gebäude, manch strittiger Punkt sei Abwägungssache. Das Museum habe an seiner alten Adresse sicher auch nicht die DIN-Traglast erbracht. Aber er lenkt ein: "Wir prüfen jetzt nochmal intensiv, welche Wege der Ertüchtigung es gibt." Das nötige Geld zum Weiterbauen hat er jetzt erst mal.

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