Sakrale Langweile: Roland-Kunz' Oratorium in St. Ingbert

St Ingbert · Zwiespältige Hörgefühle bei der Aufführung von Roland Kunz' Oratorium „Der Seele Ruh“ am Freitag in St. Ingbert: Trotz des großen Aufgebots mit Chor, Band, Orchester und Star-Solist Andreas Scholl vermochte die Musik nur selten richtig zu packen.

Ein Donnerschlag auf die Riesen-Doppeltrommel (Odaiko): Da bleibt das Publikum wach. Komponist Roland Kunz hat sich in seinem Oratorium "Der Seele Ruh" (2010) Haydns symphonische Schocktherapie (Paukenschlag) geschickt zu Nutze gemacht. Den "Sprech-Chor" hat er vermutlich bei Carl Orff ("Die Bernauerin") abgespickt.

Am Freitag präsentierten die Musikfestspiele Saar in der überfüllten St. Ingberter Kirche St. Josef das Oratorium des SR-Moderators Kunz mit großem Aufgebot. Im Altarraum herrschte Hochbetrieb: Das Collegium Vocale Blieskastel, der Orlando Circle und Musiker der Deutschen Radio Philharmonie (DRP) fochten unter der Gesamtleitung von Christian von Blohn mit den Kontratenor-Solisten Andreas Scholl und Roland Kunz. Zwiespältige Hörgefühle: Die Musik ist romantisch, klangvoll, lieblich, süffig, kitschig - nur eines nicht: zeitgemäß. Ein epigonaler Verschnitt von Urgroßmutters Lieblingsmelodien. Opulent orchestrierte (Frank Zabel) Klangwolken, an denen die Musikentwicklung der letzten 100 Jahre fast spurlos vorüber gegangen ist.

Das unbehagliche Gefühl, alles schon einmal gehört zu haben, kam unentwegt auf. Langeweile stellte sich ein, verstärkt durch die mangelnde dramatische Substanz der besinnlichen Texte des mittelalterlichen Mystikers Meister Eckhart. Der Chor bemühte sich, Linie ins gefühlig Romantisierende zu bringen. Die Solisten hatten Gelegenheit genug, emotional wallend ihre Stimmen schwappen zu lassen - Scholl kräftiger und pointierter als Kunz. Synchron abgestimmte Duette, manchmal sogar im Terz-Abstand, versandeten zumeist im Sakral-Abgeleierten.

Aber ob Musik gefällt oder nicht, ist bekanntlich Geschmackssache. Der Beifall jedenfalls bewies, dass große Teile des Publikums zufrieden waren. Das können die Planstrategen der Musikfestspiele Saar als einen ihrer Erfolge verbuchen.

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