Glaubens-Diskussion Zwischen Glauben und Machtstreben

Saarlouis · 270 Schüler der Region sahen im Theater am Ring eine Video-Show der „Redner“ rund um das Thema Religion.

 „Die Redner“ mit Professor Milad Karimi im Video-Interview

„Die Redner“ mit Professor Milad Karimi im Video-Interview

Foto: Johannes A. Bodwing

Glaube reicht von Hingabe und Nächstenliebe bis zu Fanatismus und Terror. Aber oftmals ist das, wo Glaube drauf steht, einfach nur Machtstreben. In diesem Spannungsfeld bewegte sich am Mittwoch die Veranstaltung „Der Klang des Glaubens“ im Theater am Ring in Saarlouis. Dabei präsentierte die Gruppe „Die Redner“ Videofilme mit Interviews über Gott, untermalt mit eigenen Kompositionen. Der Termin für Schüler erfolgte in Kooperation der saarländischen Staatskanzlei mit dem Saarlouiser Kulturamt. Zur anschließenden Diskussion standen auf der Bühne der Religionsphilosoph und Islamwissenschaftler Professor Milad Karimi sowie Ministerpräsident Tobias Hans bereit.

Gott „verdient keinen Respekt“, ereiferte sich der britische Autor Stephen Fry in einem eingespielten Video. Betrachte man diese Welt „voller Ungerechtigkeit und Schmerz“, sei dieser Gott „absolut böse und verrückt“. Dagegen empfahl der Benediktinerpater Anselm Grün für den Weg zu Gott zuerst einmal, mit sich selbst ins Reine zu kommen. „Wir haben das Copyright“, spitzte der ehemalige Landesrabbiner von Württemberg, Joel Berger, die Glaubensfragen zu. „Woher hätten die Christen sonst die Idee von der Auferstehung, wenn nicht von uns?“, sagte Berger. Juden und Moslems seien religiös gesehen viel enger beisammen als Juden und Christen. Dass sich die beiden Erstgenannten trotzdem bekämpften, liege an „Machtinteressen“. „Das Problem ist“, sagte Imam Ferid Heider zum Terror des IS, „sie haben die Botschaft des Koran auf den Kopf gestellt“.

„Angst ist ein Grund für Religion“, sagte der kirchenkritische Theologe Eugen Drewermann auf der Leinwand. Es gehe dabei um die „Hoffnung, dass das Leben nicht endet, wo das Leben zu enden scheint“. Gott stehe „für alles, was man nicht weiß“, fasste der Astrophysiker Harald Lesch zusammen. Demnach seien Naturwissenschaften „eine moderne Gottessuche“, die Suche nach dem Sinn.

Mit einer Kombination unterschiedlicher Musikstile und raffinierten Videosequenzen führten „Die Redner“ etwa eine Stunde lang durch die Welt des Glaubens. Das kam gut an bei rund 270 Schülerinnen und Schülern des Max-Planck-Gymnasiums und Robert-Schuman-Gymnasiums Saarlouis sowie der Gemeinschaftsschulen in Nalbach sowie Schmelz. „Die Show war ja fantastisch“, lobte Lukas Ulrich, Schüler am RSG, und wollte wissen, wie die zustande gekommen war. „Wir haben einen Fragenkatalog gemacht“, antwortete Bassist Florian Penner, „und den allen zugeschickt.“ Daraus sei das Video-Material zusammengeschnitten worden. Vor dem Hintergrund der Ausschreitungen in Chemnitz wollte Moderator und Schlagwerker Oliver Strauch von Ministerpräsident Tobias Hans wissen, wie es im Saarland aussehe. „Bei uns ist Vieles ziemlich in Ordnung“, sagte der. Das liege auch daran, dass in der Hochphase der Flüchtlingsproblematik im Saarland gesagt wurde, wer eine gute Bleibeperspektive habe, soll in die Gemeinden integriert werden.

In einem Video sei gesagt worden, fragte eine Schülerin, „dass Kriege in der Welt nichts mit Religion zu tun hätten, aber das sind doch Religionskriege?“. „Wo diese Kriege stattfinden“, antwortete Karimi, „das sind ja nicht religiöse Menschen.“ Es gehe um Machtpolitik. „Die Taliban manipulieren Menschen, die zu 90 Prozent Analphabeten sind“, sagte Karimi. Deshalb sei Bildung wichtig als Schutz vor falsch ausgelegten Religionen. Es gebe kein Verständnis, für einen Gott zu töten, führte Karimi aus. „Ein Selbstmordattentäter ist ein Mensch, dem nichts heilig ist. Das ist eine Verachtung der Schöpfung, eine Verachtung Gottes.“

Auf die Frage eines Schülers, ob er auch mal an seinem Glauben zweifle, meinte Karimi: „Gerade wenn man glaubt, muss man hadern.“ Zum Glauben gehöre jedoch mehr als eine Heilige Schrift, machte Karimi im Gespräch mit unserer Zeitung deutlich. Zur Religion gehöre beispielsweise auch, dass in der Kindheit erlernte Vorstellungen hinterfragt werden. Als „eine denkende Religion“ bezeichnete Karimi den bestmöglichen Umgang mit dem Glauben. Und das schließe Bereiche wie Kultur und Soziales mit ein. Dies müsse in den Bildungsplan der Schulen, meinte Karimi, solle sich an religiösen Schieflagen etwas ändern.

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