Zwischen Literatur und Stadtgeschichte

Neunkirchen. Es war eine Begegnung der außergewöhnlichen Art am Mittwochabend in der Stummschen Reithalle in Neunkirchen: Novellenautor und Historiker - Belletristiklesung und wissenschaftliche Vorträge. "Als mein Buch 'Das Geheimnis des Kapuzenmannes' erschien, befürchtete ich, die Historiker würden über mich herfallen", lachte Gerd Meiser

Neunkirchen. Es war eine Begegnung der außergewöhnlichen Art am Mittwochabend in der Stummschen Reithalle in Neunkirchen: Novellenautor und Historiker - Belletristiklesung und wissenschaftliche Vorträge. "Als mein Buch 'Das Geheimnis des Kapuzenmannes' erschien, befürchtete ich, die Historiker würden über mich herfallen", lachte Gerd Meiser. Obwohl die Rezensionen dann doch fast ausschließlich positiv ausfielen, sei so die Idee entstanden, einmal das Spannungsfeld zwischen literarischer Fiktion und historischer Wirklichkeit auszuloten. Beteiligt waren außer Meiser selbst die VHS und Vertreter des Historischen Vereins Stadt Neunkirchen.Das Publikum in der voll besetzten Reithalle kam in den Genuss einer Lesung mehrerer Textpassagen durch den Autor, in denen die Hauptfigur Wilhelm etwa dem Erbprinz Heinrich von Nassau-Saarbrücken zur Flucht aus dem Neunkircher Barockschloss Jägersberg verhilft oder sich nach 22 Jahren Kriegsdienst wieder seiner Heimatstadt nähert. Gerd Arnold referierte über Uniformen, die Wilhelm getragen haben könnte und über Schlachten der Koalitionskriege, an denen er beteiligt gewesen sein könnte. "Durch das Eingreifen der Preußen konnte die Armee des britischen Feldmarschalls Wellington Napoleon besiegen. Wilhelm könnte dabei gewesen, danach entlassen und nach Neunkirchen zurückgekehrt sein."

Horst Schwenk untersuchte die Nachweisbarkeit von Gebäuden, Personen und bedeutenden Gegenständen aus der Novelle. Das Wohnhaus Wilhelms in der Talstraße gab es tatsächlich bis 1958. Es gehörte als Gesindehaus dem direkt gegenüberliegenden Schloss Jägersberg an. Von diesem steht heute noch der Mittelrisalit, eingebunden in die Wohnhäuser der Schlossstraße. "Im Seitenaltar der Marienkirche befindet sich die Madonnenfigur, die in der Novelle von Wilhelm hierher gebracht wurde. In Wirklichkeit wurde sie jedoch einige Jahre später aufgestellt als in der Geschichte."

Marcus Walther beleuchtete Geschehnisse und Situation der Bevölkerung in Neunkirchen um 1815 anhand historischer Quellen. Im Buch beobachtet Wilhelm, wie sich der Erbprinz Heinrich von Nassau-Saarbrücken die Schlossmauer hinabzuhangeln versucht, um französischen Truppen zu entkommen. "Diese Flucht belegen die Quellen. Nicht belegbar, aber möglich ist, dass der Prinz die Mauer gegenüber des Gesindehauses, in Wilhelms Sichtfeld, wählte."

Alles in allem wurde deutlich: Meiser hat sorgfältig in Stadtarchiv und Literatur recherchiert. Ein wenig Fantasie ist für einen Novellenautor dennoch unerlässlich. Meiser selbst betonte: "Fiktion gehört dazu, der Autor darf das." ani

Hintergrund

Bei der Novelle "Das Geheimnis des Kapuzenmannes", erschienen im März, handelt es sich um die erste belletristische Veröffentlichung des Journalisten und ehemaligen Chefs der Lokalredaktion Neunkirchen der Saarbrücker Zeitung, Gerd Meiser. Die Handlung führt in das Neunkirchen der Napoleonischen Ära und der Koalitionskriege. Die Hauptfigur ist fiktiv, die Novelle orientiert sich jedoch an wahren Gegebenheiten und Ereignissen. ani

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