Zwischen Hoffen und Bangen

Emmersweiler · Spätestens seit der groß angelegten Typisierung im Herbst 2011 weiß ganz Großrosseln um das Schicksal von Hans Groß. Trotz gefundenen Spenders war eine Knochenmark-Transplantation aber noch nicht möglich. Jetzt kam die Leukämie zurück.

 Tonja Groß gönnt sich zusammen mit Karthäuser-Kater Achilles eine Ruhepause neben ihrem geschwächten Mann Hans. Die Drei halten zusammen. Foto: Fertsch

Tonja Groß gönnt sich zusammen mit Karthäuser-Kater Achilles eine Ruhepause neben ihrem geschwächten Mann Hans. Die Drei halten zusammen. Foto: Fertsch

Emmersweiler. Die Leukämie ist zu Hans Groß zurückgekehrt. Die niederschmetternde Nachricht erhielt der 37-jährige Emmersweiler vor wenigen Tagen. Bestätigt sich der Verdacht seiner Ärzte, ist Groß resistent gegen seine Medikamente geworden. Die Blutzellen reagierten mit einer Irritation. Vielleicht soll Groß künftig ein neuartiges Mittel erhalten, das bisher noch nicht zugelassen ist.Seit bald vier Jahren fährt Hans Groß emotional Achterbahn, sein unbändiger Optimismus half ihm bisher, alle gesundheitlichen Tiefschläge immer wieder wegzustecken, "aber diese Nachricht war schon hart". Letztlich macht Groß für die neu entflammte Leukämie eine Magen-Darm-Infektion verantwortlich, die ihn völlig schwächte und zuletzt wochenlang ins Krankenbett zwang. 20 Kilo hat der einst stattliche Mann verloren, sein Händedruck am Dienstagmittag zur Begrüßung bei ihm zu Hause in der Kirchstraße ist kraftlos. Dabei sollte eine Operation den Muskelschwund zwischen Daumen und Zeigefinger an beiden Händen lindern und wenigstens die ständigen Schmerzen wegnehmen. Stattdessen muss er täglich zweimal Morphium einnehmen, um überhaupt über die Runden zu kommen: "Das wird sich nie mehr verbessern."

Seine Diabetes hat sich verschlechtert, Groß muss täglich Insulin spritzen. Als wäre das alles nicht genug, stellten die Ärzte bei einer Untersuchung im Krankenhaus eine lebensbedrohliche Thrombose fest. Groß wurde mit Druckverband an beiden Beinen wieder mal auf Station verfrachtet, "ich musste wochenlang still liegen - schrecklich". Dennoch kämpft er weiter. Verknüpft sein Schicksal mit dem Erfolg der Nationalmannschaft während der Fußball-Europameisterschaft, auch wenn seine Frau Tonja das nicht gerne hört: "So sicher, wie ich den Krebs besiege, wird die deutsche Mannschaft Europameister."

Täglich verfolgt er alle Spiele. Ausgerüstet, wie es sich für einen Fan gehört, mit Kappe und Trikot in den Farben der Nationalmannschaft. Drei Deutschland-Flaggen liegen auf dem Sofa im Arbeitszimmer. Sie sollen vor der Eingangstüre und den Fenstern wehen. "Ich bin noch nicht dazu gekommen, sie zu befestigen", entschuldigt sich Tonja Groß, die zwischen Krankenhausfahrerei, 400-Euro-Job in einer Bäckerei und Tochterbetreuung außerdem mit einem Freund des Hauses eine neue Drainage ums Häuschen legt und die Kanalisation teilerneuert. "Das macht mich schon wütend, wenn ich von der Terrasse aus zusehen muss, wie sie schuften, und ich kann noch nicht mal eine Schubkarre bewegen", sagt Hans Groß.

Umso unverständlicher erscheint Familie Groß die Bürokratie, die sich mit ihm und seiner Krankheit befasst: "Am 22. Juni soll ich beim Arbeitsamt in Saarbrücken ein Gespräch über meine berufliche Situation führen", sagt Groß. Einen Tag vorher möchte ihn der Amtsarzt der Knappschaft untersuchen. Dabei gilt Groß als 100 Prozent schwerbehindert und hat seine Rente eingereicht, bisher jedoch noch keinen Bescheid erhalten. Momentan bezieht er noch Arbeitslosengeld, "aber wenn die Rente bis September nicht bewilligt wird, bin ich auf Hartz IV". Um das gerade erst erworbene Häuschen nicht zu verlieren, müsste Tonja Groß "eine andere Arbeit suchen, die mehr einbringt, aber auch zeitintensiver ist - geht eben nicht anders", sagt die starke Frau. Das ganz große Ziel für dieses Jahr aber bleibt, den Krebs wieder zurückzudrängen und "dann wahrscheinlich noch", so Tonja Groß, "endlich die zweite Transplantation durchführen".

Hintergrund

Zwischen Hoffen und Bangen lebt der 37-jährige Anlagenelektroniker seit September 2008. Damals diagnostizierten die Ärzte von Hans Groß zum ersten Mal Blutkrebs. Mithilfe eines Spenders konnte Groß erfolgreich transplantiert werden. Groß schien gesund, konnte wieder arbeiten. Rückfall im Sommer 2011. Wieder findet Hans Groß einen Spender, 520 Menschen ließen sich im Oktober in der Rosseltalhalle typisieren. Der Krebs wird mit harten Medikamenten zurückgedrängt, doch bis heute können die Ärzte die zweite Transplantation nicht durchführen, weil ein Pilz die Lunge besiedelt hatte. Wöchentlich erhielt Groß zwei Infusionen. Der Pilz ist jetzt verschwunden, die Leukämie kam wieder zurück. af

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort