Zwischen Bürgermeister und AC/DC

Am Abend vor dem Leichtathletik-Meeting in St. Wendel schauten die Stars das EM-Spiel der deutschen Nationalelf - und etwas überrascht aus der Wäsche. Dann nämlich, als sie von Bürgermeister Klaus Bouillon bekocht wurden.

 Der Bürgermeister als Küchenchef: Klaus Bouillon (Mitte) bekochte Boris Henry, Betty Heidler, Robert Harting, Tomasz Majewski, David Storl, Christina Obergföll und Matthias de Zordo (von links). Foto: rup

Der Bürgermeister als Küchenchef: Klaus Bouillon (Mitte) bekochte Boris Henry, Betty Heidler, Robert Harting, Tomasz Majewski, David Storl, Christina Obergföll und Matthias de Zordo (von links). Foto: rup

St. Wendel. Zur Einstimmung auf das World-Class-Meeting bekochte Bürgermeister Klaus Bouillon die 70 Athleten aus neun Nationen am Vorabend im Hotel Angel's. Eine Fischpfanne auf Gemüsebeet hatte er leistungsfördernd für die Sportler auf die Karte gesetzt. "Die Verköstigung und die Unterbringung in St. Wendel ist von der Qualität her eine einmalige Sache. Das ist schon Champions League", meinte Speerwurf-Nationaltrainer und Berater des World-Class-Meetings, Boris Henry.

De Zordo im Tunnel

Nach und nach waren die Spitzensportler in der Kreisstadt eingetroffen. Eine kurze Fahrt von Saarbrücken hatte Speerwurf-Weltmeister Matthias de Zordo hinter sich. "Ich glaube, wir werden alle gemeinsam einen geselligen Abend verbringen, das ist gut für den Zusammenhalt", sagte de Zordo. Beim Public-Viewing drückten sie dann der deutschen Elf bei der Fußball-Europameisterschaft gegen Portugal die Daumen. Wie bereitet sich der Speerwerfer auf den Wettkampf vor? De Zordo erzählt: "Erstmal ausschlafen." Zwischen 9 und 10 Uhr steht er auf. Nach dem Frühstück mag er es dann laut. De Zordo setzt seinen Kopfhörer auf, zieht den Lautstärkeregler nach oben und berieselt sich mit dem Sound von AC/DC. "Zwei Stunden vor dem Wettkampf beginnt dann für mich der Tunnel", gibt de Zordo einen Einblick, wann seine heiße Konzentrationsphase beginnt. Punkt 13 Uhr wird er vom Shuttle-Bus ins Stadion gebracht. De Zordo ist bestens gelaunt, begrüßt die Fans, schüttelt unzählige Hände, ehe er in seinem besagten Tunnel verschwindet.

Ganz anders, und klarer strukturiert, sah der Marschplan von Hammerwurf-Weltrekordinhaberin Betty Heidler aus. Ihr Tag ging gegen 8.30 Uhr mit leichter Bewegung los. Eine halbe Stunde später stärkte sie sich am Frühstücksbuffet im Golfhotel. "In diesem Jahr hat das Meeting hier in St. Wendel einen anderen Stellenwert", fand die 28-Jährige. Sportlich stehen für sie ganz klar die Olympischen Spiele in London im Vordergrund. "Deshalb stehen die vorher stattfindenden Europameisterschaften etwas hinten an", sagte Heidler. "Da wird dann aus dem Training heraus geworfen."

Gegen 10.30 Uhr stand Heidlers Auto mit der viel bestaunten Aufschrift "79,42 m Weltrekord" schon vorne am Eingang des Stadions. Beim Public-Viewing am Samstag war auch sie dabei. "Ein Fußballfan bin ich nicht, obwohl ich für Eintracht Frankfurt starte. Doch bei Großereignissen wie der EM schaue ich mir gerne die Spiele an", erzählte sie.

Kein Aufpasser am Aufzug

Mit dem Schlusspfiff von Schiedsrichter Lannoy in Lemberg fuhren am Fruchtmarkt die Shuttle-Busse vor. Abfahrt zum Golfhotel. "Die sind alle alt genug, um auf sich selbst aufzupassen. Ich brauch' mich nicht vor den Aufzug zu stellen", scherzte Bundestrainer Henry. In seiner Funktion als Berater war der Ex-Werfer bereits am Sonntagmorgen ab 8 Uhr gefragt. Briefing mit dem Organisationsteam, Absprachen mit den Kampfrichtern - und zig Telefonate.

Den Vorabend fand er toll. "So ein gemeinsames Abendessen ist wichtig, ich will dabei die Athleten zusammenführen", erzählte Henry. Genau diese Vorbereitung, mit einem Kochlöffel schwingenden Bürgermeister, sei für ihn von primärer Bedeutung. "Wir wollen die Sportler richtig einstimmen, um noch die letzten fünf oder zehn Prozent Leistung herauszukitzeln", meinte Henry. Er fühlt sich wohl in St. Wendel. Und er will, dass das Meeting weiter wächst. "Die Möglichkeiten, die wir in St. Wendel haben, gibt es im Saarland sonst nirgends", bekräftigte er. Bouillon sollte sich schon mal im Kochbuch das nächste Rezept raussuchen "Die Verköstigung und die Unterbringung in St. Wendel sind schon Champions League."

Bundestrainer

Boris Henry

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