Zweiter Chefankläger von Nazi-Eichmann berichtet vom Holocaust

Völklingen. "Wir hatten besonderes Glück", sagte Gabriel Bach (82) am Donnerstagvormittag in der Aula des Völklinger Marie-Luise-Kaschnitz-Gymnasiums. Zwei Wochen vor der Reichspogromnacht flüchtete er 1938 mit seinen Angehörigen nach Holland. Und nur einen Monat vor der deutschen Invasion im Nachbarland emigrierte die Familie nach Palästina

Völklingen. "Wir hatten besonderes Glück", sagte Gabriel Bach (82) am Donnerstagvormittag in der Aula des Völklinger Marie-Luise-Kaschnitz-Gymnasiums. Zwei Wochen vor der Reichspogromnacht flüchtete er 1938 mit seinen Angehörigen nach Holland. Und nur einen Monat vor der deutschen Invasion im Nachbarland emigrierte die Familie nach Palästina.

Nach dem Krieg studierte Bach in London Jura. Anschließend kehrte er nach Israel zurück. Im Prozess gegen Adolf Eichmann war er stellvertretender Chefankläger. Eichmann, der Hauptorganisator des Holocaust, wurde im Dezember 1961 zum Tode verurteilt.

Auf Einladung der Landeszentrale für politische Bildung berichtete der Zeitzeuge aus Israel den rund 200 Oberstufenschülern von seinen Erfahrungen. Mucksmäuschenstill lauschten die Jugendlichen dem bewegenden Vortrag: Kurz vor dem ersten Treffen mit Eichmann las Bach die Autobiographie eines Kommandanten des Vernichtungslagers in Auschwitz. Eichmann, so der Autor, habe ihm erklärt, wie wichtig es ist, die Kinder zuerst zu töten. Sie seien nicht nur mögliche Rächer, sondern auch "Keimzelle" für die Wiedererrichtung der jüdischen Rasse.

Der menschenverachtende Charakter des Angeklagten wurde auch bei der Aufarbeitung der Verbrechen im Prozess deutlich. Bach schilderte ein Beispiel: Um die Deportation der ungarischen Juden nach Auschwitz kümmerte sich Eichmann persönlich. Die Gefangenen mussten von ihren Peinigern diktierte Postkarten nach Hause schicken. Darin lobten sie den "wunderschönen Ort" und die "leichte Arbeit". Allerdings werde es allmählich eng. Deshalb sollten die Angehörigen schnell kommen, um noch einen Platz zu ergattern. Die "guten Schuhe", die sie wegen der "Ausflüge" nicht vergessen sollten, gingen nach ihrer Ermordung an die Nationalsozialisten

Reue nicht ernst gemeint

"Hat er Reue gezeigt?", wird Bach immer wieder gefragt. Während des Prozesses sprach Eichmann vom "kapitalsten Verbrechen der menschlichen Geschichte". Ein Anflug von Einsicht? Oder doch nur der Versuch, das Strafmaß zu verringern? Bach ist überzeugt, dass die Reue nicht ernst gemeint war. Noch 1956 hatte Eichmann einem Journalisten ins Tonband diktiert, er bereue nur, dass er nicht hart genug war.

"Wird das Urteil der Sache gerecht?", fragte eine Schülerin nach dem Vortrag. Wenn jemand die Todesstrafe verdient habe, dann Eichmann, antwortet der ehemalige Ankläger. Gabriel Bach ist sich sicher: Jede geringere Strafe wäre ein Hohn gewesen.

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