Bildung Zum Beginn der großen Ferien wieder Zank um Lehrerstellen

Saarbrücken · Der Bildungsminister beklagt, dass ihm Pädagogen fehlen. Deshalb zieht er diese aus der freiwilligen Nachmittagsbetreuung ab. Die CDU wehrt sich.

 Bildungsminister Ulrich Commercon (SPD)

Bildungsminister Ulrich Commercon (SPD)

Foto: BeckerBredel

Die Entscheidung fiel kurz vor Beginn der großen Ferien. „Sie kam aus dem Nichts“, wundert sich der Lehrerverband Reale Bildung (VRB). Die CDU hält Bildungsminister Ulrich Commerçon einen Alleingang vor. Was war passiert?

Der SPD-Minister hat entschieden, der freiwilligen Ganztagsbetreuung Lehrerstellen zu entziehen, zugunsten des regulären Unterrichts. Weil das Finanzministerium aus seiner Sicht nicht genügend Lehrerstellen genehmigt. Ein Streit zwischen Finanzministerium (CDU) und Bildungsministerium (SPD) über die Zahl der Lehrerstellen ist im Prinzip nichts Ungewöhnliches. Aber diesmal gestalte sich die Diskussion „besonders langwierig und äußerst zäh“, heißt es im Bildungsressort.

Rückblick: Das Finanzministerium wollte, dass 106 Stellen eingespart werden. Begründet wurde dies mit dem Rückgang von 2000 Schülern an den beruflichen Schulen. Mehrere Verhandlungsrunden, zum Teil auf höchster politischer Ebene, haben schließlich ergeben, dass 100 der 106 Stellen bleiben. Commerçon konnte den Haushältern also offenbar plausibel darlegen, dass er die Stellen wirklich benötigt. Das ist ihm aber nicht genug. Er fordert 51 zusätzliche Stellen, um die Unterrichtsversorgung, die mobile Lehrerreserve und die im Koalitionsvertrag festgehaltenen bildungspolitischen Themen umsetzen zu können. Das Land müsse mehr in Bildung investieren, um die Qualitätssicherung zu gewährleisten. „Wer das nicht kapiert, sollte dann auch die Konsequenzen tragen“, sagte der Minister in Richtung Koalitionspartner.

Weil Commerçon aus seiner Sicht nicht genügend Stellen bekommt, hat er nun entschieden, sich die Stellen zu holen: bei den Freiwilligen Ganztagsschulen (FGTS), die der CDU traditionell wichtig sind. Der CDU-Bildungspolitiker Frank Wagner sagt, an 80 Prozent der allgemeinbildenden Schulen gebe es freiwillige Nachmittagsbetreuung – dort hätten die Schüler nach den Sommerferien unter den Verschlechterungen zu leiden.

Möglicherweise ist aber das letzte Wort noch gar nicht gesprochen, denn die Verhandlungen über die Lehrerstellen seien „noch nicht endgültig abgeschlossen“, teilte das Bildungsministerium mit. „Da bis heute (also nach Schuljahresende!) kein abschließendes Verhandlungsergebnis zum Thema Lehrerstellen vorliegt und die Zuweisung zusätzlicher Stellen gegenüber dem Bildungsministerium bisher kategorisch ausgeschlossen wurde, war der Bildungsminister gezwungen, auch interne Umschichtungen in die Überlegungen einzubeziehen“, begründete das Bildungsministerium die Entscheidung. Vorrang müsse in dieser Situation die Unterrichtsversorgung haben. Der Nachmittag an der FGTS hätte demgegenüber durchgängig auf einen Basiswert von mindestens zwei  Stunden zurückgefahren werden müssen. Dieser Basiswert könne bei Bedarf vor Ort erhöht werden: Wenn die Unterrichtsvertretung gesichert sei, könne die Schule im Rahmen ihres Budgets auch weiterhin mehr als zwei Stunden für die FGTS zur Verfügung stellen.

Die Schulleiter hätten jetzt den Schwarzen Peter, klagt der CDU-Politiker Wagner. Sie müssten sich mit den Trägern der FGTS auseinandersetzen und sich den Unmut der Eltern anhören, wenn die Qualität deutlich abnehme. Wagner erwartet nun, dass die Gruppen in der Hausaufgabenbetreuung größer werden. Besonders empört Wagner, dass die Entscheidung einen Tag vor den Sommerferien gefallen sei und die Schulen nicht mehr reagieren könnten, um die entstehenden Lücken in der Nachmittagsbetreuung zu stopfen. Die Kluft zwischen dem gebundenen Ganztag und dem freiwilligen Ganztag werde nun noch größer.

 Frank Wagner, Bildungsexperte der CDU-Landtagsfraktion.

Frank Wagner, Bildungsexperte der CDU-Landtagsfraktion.

Foto: Carsten Simon

Die Vorsitzende des Verbandes Reale Bildung (VRB) Saarland, Karen Claassen, vermutet, dass es Commerçon darum gehe, die Gemeinschaftsschulen im freiwilligen Ganztag „ausbluten“ zu lassen. Die Freiwillige Ganztagsschule werde zum Auslaufmodell. Für den VRB ein Beleg dafür, dass Commerçon von dem freiwilligen Ganztagsangebot der Gemeinschaftsschulen wenig hält.

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