„Zu wenig Zeit für die Patienten“

Saarbrücken · „Der Hausarzt zwischen Ethik und Ökonomie“ war das Motto des 28. Saarländischen Hausärztetages. Dabei wurde kritisiert, Ärzte würden zu reinen Medikamentenverschreibern. Außerdem wählte der Verband einen neuen Vorstand.

Die Rolle der Hausärzte als zentrale Anlaufstelle für kranke Patienten soll gestärkt und zugleich eine Vier-Wochen-Frist für einen Termin beim Facharzt eingeführt werden. Dieses Ergebnis der Koalitionsverhandlungen auf Bundesebene brachte Saar-Gesundheitsminister Andreas Storm (CDU) am Wochenende zum 28. Saarländischen Hausärztetag mit. Heftig diskutiert wurde dort auch die Frage, ob und wie sich die Qualität der Ärzte messen lässt. Der Hausärzteverband selbst wählte eine neue verjüngte Verbandsspitze.

Das spannungsgeladene Thema des diesjährigen Hausärztetages lautete "Der Hausarzt zwischen Ethik und Ökonomie". In seinem Festvortrag beklagte der Freiburger Mediziner Professor Giovanni Maio, unser Gesundheitssystem mache die Ärzte immer mehr zu reinen Ingenieuren für den Menschen und Medikamentenverschreibern. Für Gespräche mit dem Patienten bleibe - auch honorarbedingt - zu wenig Zeit. Und die Frage, ob es sich noch lohne, chronische oder todkranke Patienten zu behandeln, dürfe aus Sicht der auf das Wohl der Patienten verpflichteten Ärzte so gar nicht erst gestellt werden. "Natürlich haben wir ökonomischen Druck in der Praxis", monierte unter dem Applaus ihrer Kollegen eine Saarbrücker Allgemeinärztin. Noch deutlicher wurde der ärztliche Direktor der Klinik Saarbrücken, Dr. Christian Braun: "Das finanzielle Korsett wird enger - im Krankenhaus wie bei den niedergelassenen Ärzten".

Minister Storm erregte Unmut bei den Hausärzten für die Ankündigung, dass es nach dem Ergebnis der Bonner Koalitionsrunde künftig auch ein Qualitätsinstitut für Ärzte zur Frage von Zu- und Abschlägen bei Vergütungen geben solle. "Wer und wie definiert Versorgungsqualität?", wurde gefragt.

Neuer Vorsitzender des Saarländischen Hausärzteverbandes, in dem mit rund 500 Medizinern knapp drei Viertel der Hausärzte im Land organisiert sind, ist der Allgemeinmediziner Dr. Michael Kulas aus Wallerfangen, sein neuer Stellvertreter Dr. Thomas Rehlinger (Wadern), der Ehemann von Ministerin Anke Rehlinger (SPD). Der bisherige Vorsitzende, der 65-Jährige Dr. Jürgen Bethscheider, wurde nach 21 Jahren im Vorstand von den Delegierten verabschiedet.

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