Zu Gast bei den Wulffs

Homburg. Schlicht und unspektakulär sieht er aus, der Brief, der Anette Forsch mitten unter die Spitzenpolitiker in Berlin bringen sollte. Anfang Dezember lag er bei den Forschs im Briefkasten, versehen mit einem offiziellen Stempel. "Ein Knöllchen ist das nicht", dachte sich Karl Forsch, als er das Schreiben seiner Frau hinlegte

Homburg. Schlicht und unspektakulär sieht er aus, der Brief, der Anette Forsch mitten unter die Spitzenpolitiker in Berlin bringen sollte. Anfang Dezember lag er bei den Forschs im Briefkasten, versehen mit einem offiziellen Stempel. "Ein Knöllchen ist das nicht", dachte sich Karl Forsch, als er das Schreiben seiner Frau hinlegte. Als die ihn dann öffnete, konnte sie zuerst einmal gar nicht glauben, was sie da las: Sie gehörte zu denjenigen, die zum Neujahrsempfang des Bundespräsidenten am 12. Januar gebeten wurden - als einzige Saarländerin steht sie auf der Teilnehmerliste. Es ist nämlich gute Tradition, dass ein Teil der Gäste an diesem Termin solche sind, die sich um das Gemeinwohl verdient gemacht haben, 82 in diesem Jahr von insgesamt 250 Geladenen. "Ich war total überrascht", sagt Anette Forsch beim Besuch in unserer Redaktion. Da war der große Tag schon vorüber, doch die Nachwehen noch deutlich spürbar. Anette Forsch sprüht förmlich von den Erlebnissen.Doch wie kommt man überhaupt zu der Ehre? "Man wird vorgeschlagen. Und der Bundespräsident behält sich vor, die Teilnehmer selbst auszusuchen", berichtet Forsch. Bei ihr ist es der Verein Herzkrankes Kind Homburg, dem ihr großes Engagement gilt. Gründungsmitglied waren die Forschs im Jahr 1991, "weil wir betroffene Eltern sind". Bei ihrem Sohn wurde damals gleich nach der Geburt eine Herzkrankheit festgestellt. Sie wisse einfach, wie sich Eltern fühlen, die so etwas erfahren, "wie sich in der Familie von jetzt auf nachher alles ändert". Ihr Sohn ist mittlerweile 28 Jahre alt, Ansprechpartnerin für Betroffene ist sie bis heute geblieben. Im vergangenen Jahr wurde der Verein 20 Jahre alt, hat in dieser Zeit vielen Familien geholfen.

Dieser Einsatz hat Anette Forsch nun also ins Schloss Bellevue gebracht. Es sei alles organisiert gewesen, erläutert sie. Bis zur Kleiderordnung, "Kostüm, kurzes Kleid oder Hosenanzug für Frauen, dunkler Anzug für Männer, Trachten und Uniformen erwünscht", stand das haarklein in einem Anschreiben.

Am 11. Januar ging es los. Per Flugzeug in die Bundeshauptstadt, von da ins Hotel und dann mit dem Taxi zur Vorbesprechung ins Schloss Bellevue. Da war ihr Mann noch dabei, am nächsten großen Tag, gab's für die Begleiter eine Führung durch den Reichstag, Anette Forsch durfte auf den roten Teppich. Um 9.45 Uhr wurde es ernst auf der Schwelle des Saals, in dem die Wulffs warteten. Als ihr Name verlesen wird, hört sie das gar nicht. Sie geht im Blitzlichtgewitter auf die beiden zu, "die einem die Angst nehmen, weil sie einem sympathisch lächelnd entgegen schauen". Dann folgt der Händedruck, ein kurzes Gespräch, das offizielle Foto - und schon geht's wieder hinaus zu denen, die schon dran waren. Bei den Teilnehmern seien die Vorwürfe gegen Christian Wulff "kein Thema" gewesen. Bei den meisten habe die Würdigung, eine Einladung "von der Funktion des Bundespräsidenten" bekommen zu haben, im Mittelpunkt gestanden, betont sie.

 Anette Forsch (oben), die sich beim Verein herzkrankes Kind engagiert, war in der Redaktion zu Gast, um von einer anderen Einladung zu berichten: der zum Neujahrsempfang von Bundespräsident Christian Wulff (unten) mit Gattin Bettina. Mitgebracht hatte sie nicht nur sehr viele Erlebnisse, sondern auch die Speisekarte nebst Erläuterungen zu Schloss Bellevue. Fotos: Kumm/dpa/SZ

Anette Forsch (oben), die sich beim Verein herzkrankes Kind engagiert, war in der Redaktion zu Gast, um von einer anderen Einladung zu berichten: der zum Neujahrsempfang von Bundespräsident Christian Wulff (unten) mit Gattin Bettina. Mitgebracht hatte sie nicht nur sehr viele Erlebnisse, sondern auch die Speisekarte nebst Erläuterungen zu Schloss Bellevue. Fotos: Kumm/dpa/SZ

Dann geht es Schlag auf Schlag, folgt eine Politgröße der nächsten, darunter Außenminister Guido Westerwelle, der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer und - "es kommt noch besser" - Bundeskanzlerin Angela Merkel, mit der sie sich sogar unterhält. Nach einem Mittagessen ist gegen 15 Uhr alles vorbei, nach einer Stippvisite in der Saarlandvertretung fliegen sie zurück nach Hause. Hier hat Anette Forsch natürlich viel zu erzählen und findet auch jede Menge Zuhörer: "Wir haben", sagen die Forschs, "im Moment noch jeden Tag Besuch."

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