Justiz Zeugen belasten einen Amtsrat von der Saar-Uni

Saarbrücken · Der schlanke Mann im weißen Hemd auf der Anklagebank vor der Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts macht wiederholt von seinem Recht Gebrauch, Zeugen selbst zu befragen. Gelegentlich vergisst er dabei aber, tatsächlich Fragen zu stellen, kommentiert oder wertet stattdessen Sachverhalte, die ihm in der Untreue-Anklage der Staatsanwaltschaft vorgeworfen werden.

 (Symbolbild)

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Foto: picture alliance / dpa/Peter Steffen

Was für den Vorsitzenden Richter Bernd Weidig Anlass ist, wiederum nach der konkreten Frage des Angeklagten zu fragen.

Für den 52 Jahre alten, seit 2016 vom Dienst suspendierten Amtsrat der Universität geht es in dem Prozess um die Existenz. Untreue im Amt in 82 Fällen, wettbewerbs- und rechtswidrige Absprachen mit einem Büromöbel-Händler und Porto-Betrug soll er zu verantworten haben. Wird er wegen dieser Vorfälle, die die Universität nach einer internen Überprüfung angezeigt hatte, zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr oder mehr verurteilt, bedeutet dies zwangsläufig für den Beamten die so genannte „Entfernung aus dem Dienst“. Dann droht ihm auch die Aberkennung der Pensionsansprüche.

Nach dem bisherigen Prozessverlauf kann eine solche Verurteilung erwartet werden. Den Betrug mit Porto für 82 private Paketsendungen hat der Mann aus einer kleinen Gemeinde im Kreis Saarlouis bereits eingeräumt. In seinem Zuständigkeitsbereich bei der Uni-Verwaltung lag auch die Poststelle. Er war der Chef der Mitarbeiter, denen er seine privaten Pakete für die Dienstpost ablieferte.

Mit Überlastung und Überforderung argumentieren er und sein Anwalt Heinz-Peter Nobert unter anderem bei den vorgeworfenen Untreuefällen bei Ausschreibungen, Rahmenvereinbarungen und Lieferungen von Büromöbeln durch einen Saarbrücker Händler. Von dieser Firma wird eine andere Gesellschaft in Dillingen dominiert. Auch sie kam mit der Uni ins Geschäft. Gegen die Verantwortlichen der Betriebe laufen Ermittlungen wegen Betrugs. Der Rechtsanwalt des Geschäftsführers verfolgt den Prozess gegen den Beamten aufmerksam von der ersten Zuschauerbank aus, macht eifrig Notizen.

Der Mann von der Uni, der nach einem fachärztlichen Attest längere Zeit alkoholabhängig war, rechtfertigt sein Verhalten beispielsweise mit dem Hinweis, er habe in seinem Referat das vom Staatsanwalt beanstandete Verfahren so von seinem Vorgänger übernommen. Dann wäre es die Regel an der Hochschule gewesen, dass für eine Bestellung von Büromöbeln, ein Händler, mit dem offenbar ganz besondere Geschäftsbeziehungen bestanden, die Textbausteine und Vorgaben lieferte, mit denen seine Wettbewerber zu eigenen Angeboten aufgefordert wurden. Dieser Händler oder sein Zweitbetrieb haben offenbar bei ihren Geboten nicht immer mit korrekten Lieferpreisen der Hersteller kalkuliert, dann aber später höhere Preise als angeboten abgerechnet. Und genau diese Rechnungen hat der Angeklagte als „sachlich richtig“ abgezeichnet und zur Auszahlung freigegeben.

Zeugen widersprachen jetzt vor der Wirtschaftsstrafkammer der Version des Angeklagten, die Uni würde auch heute noch nach dem von ihm praktizierten Verfahren arbeiten. Bestätigt wurde aber, etwa von einer Ex-Mitarbeiterin, dass ein bestimmtes Fachgeschäft die Vorlagen für Ausschreibungen und Angebote lieferte. Sie musste dann den Briefkopf der Firma gegen den der Uni austauschen und nur die angebotenen Preise per Computer löschen. Offenbar wurde von dem Händler auch der Text mit technischen Details für einen Rahmenliefervertrag dem Einkäufer von der Uni an die Hand gegeben.

In dem Prozess wurde am Rande bekannt, dass dieser Händler, der letztlich höhere Preise als im Angebot berechnete bereits teilweise Schadenersatz an die Uni geleistet hat und weitere Wiedergutmachung signalisiert hat. Insgesamt geht es hier um etwa 19♦000 Euro.

Der Prozess wird am 11. Juni fortgesetzt.

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