Zerreißprobe bei den Saar-Linken Zerreißprobe bei den Saar-Linken

Saarbrücken · Nach der Bundestagswahl kocht der Streit um die Kandidatenaufstellung wieder hoch. Vorermittlungen gegen Lutze.

 Der Linken-Bundestagsabgeordnete Thomas Lutze

Der Linken-Bundestagsabgeordnete Thomas Lutze

Foto: Alle Rechte beim Dt. Bundestag/Achim Melde

Den Saar-Linken ist nach dem Wahlerfolg bei der Bundestagswahl nicht nach Feiern zumute. Nach den Mauschelei-Vorwürfen des Landtagsfraktionschefs und Parteigründers Oskar Lafontaine von Montagmittag an die Adresse des zum dritten Mal nacheinander in den Bundestag gewählten Thomas Lutze, gab es am Abend heftige Debatten im Parteivorstand. Denn Lafontaine und die Saar-Linken-Vorsitzende Astrid Schramm wollen ein Delegiertensystem für die Wahlversammlungen zur Aufstellung der Landtags- und Bundestagskandidaten einführen.

„Basisorientiert heißt nicht, dass Leute kurz vor der Listenaufstellung in die Partei eintreten und wenige Monate später wieder austreten“, sagte Schramm der SZ. Sie habe früher auch die für jedes Parteimitglied offene Vollversammlung zur Kandidatenaufstellung befürwortet. Doch wenn 300 bis 400 Neumitglieder die Kandidatenaufstellung dominierten und nicht die angestammten Parteimitglieder, müsse das System geändert werden.

Zur Motivation der Kurzzeit-Linken, die teilweise auch Lutze mit als Nummer eins der Landesliste für die Bundestagswahl am 7. Mai gewählt hatten, konnte Schramm nichts sagen. „Diese Leute treten in den Kreisverbänden ein. Zu den Leuten habe ich keinen Kontakt als Landeschefin“, sagte Schramm. Unter anderen hatte der Landesschriftführer Adolf Loch nach der Vollversammlung am 7. Mai Lutze und seinen Helfern vorgeworfen, die Wahl manipuliert zu haben. Mit einer Klage war er vor dem Oberlandesgericht gescheitert, das sich als nicht zuständig erklärt hatte.

Dennoch wird der parteiinterne Streit bei den Saar-Linken jetzt auch die Staatsanwaltschaft Saarbrücken beschäftigen. Deren Sprecher Christoph Rebmann bestätigte auf Anfrage, dass gegen Lutze in vier Fällen Vorermittlungen eingeleitet wurden. Dies bedeutet, die zuständige Staatsanwältin prüft, ob vier erstattete Strafanzeigen aus dem Umfeld der Linkspartei gegen den Saarbrücker hinreichend Anhaltspunkte für ein mögliches Verfahren bieten. Vor der Einleitung eines offiziellen Ermittlungsverfahrens müsste die Staatsanwaltschaft dann den Bundestagspräsidenten informieren, dass dies beabsichtigt sei. Als Bundestagsabgeordneter genießt Lutze parlamentarische Immunität, die für strafrechtliche Ermittlungen aufgehoben werden müsste.

In den vier Strafanzeigen wird gegen Lutze der Vorwurf der Wahlfälschung bei der Erstellung der Landesliste zu den Bundestagswahlen 2013 und 2017 erhoben. Zudem geht es um angebliche Verleumdung anlässlich eines Zivilverfahrens wegen der Listenaufstellung sowie um den Vorwurf, Lutze habe vor Gericht eine falsche eidesstattliche Versicherung abgegeben.

Lutze erklärte der SZ: „Ich werde der Staatsanwaltschaft dazu Auskunft geben, wenn ich gefragt werde. Ich brauche keine Immunität, sondern nehme meinen Anwalt mit und gebe Auskunft wie jeder andere Bürger in einem solchen Fall auch.“ Was die Anzeigensteller vorbrächten, habe mit Politik nichts zu tun, so Lutze.

 Linken-Landes­chefin Astrid Schramm.

Linken-Landes­chefin Astrid Schramm.

Foto: rup/Rolf Ruppenthal

Zu dem Streit um die Listenaufstellung durch mitgliederoffene Vollversammlungen sagte der Bundestagsabgeordnete, dass es sich um eine „Schaufensterdebatte“ handele, die von den eigentlichen Problemen im Landesverband der Linken ablenke. „Oskar Lafontaine lenkt von den Problemen ab. Er hat keine Ahnung, was im Landesverband vorgeht“, sagte Lutze. Es würden dort nur Konflikte persönlicher Natur ausgetragen. Es würde nicht über wichtige Sachfragen debattiert, sondern um „Kinkerlitzchen“ gestritten. Lafontaine habe selbst 2009 das System der Vollversammlung eingeführt. „Jetzt passen ihm die Leute nicht, darum will er das System ändern“, so Lutze, der auch Landesschatzmeister ist.

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