Wollte ein Steuerberater seine Nachbarin ermorden lassen?

Saarbrücken/Kirkel · Ein 71-Jähriger aus Kirkel soll einem Handwerker 50 000 Euro für den Auftragsmord geboten haben. Der Fall beschäftigt nun das Landgericht.

Mehr als zwölf Jahre nach einem angeblichen Mordaufruf muss sich ein Steuerberater aus dem Saarpfalzkreis vor dem Landgericht Saarbrücken verantworten. Die Anklage wirft dem mittlerweile 71 Jahre alten Mann aus Kirkel versuchte Anstiftung zum Mord vor. Er soll im April 2004 während eines Streits mit der Nachbarschaft um eine Garage einem Handwerker 50 000 Euro geboten haben, wenn der die Nachbarin umbringt. Das erzählte der heute 63 Jahre alte Handwerker als Zeuge vor Gericht. Der Angeklagte weist die Vorwürfe zurück. Er sagte, dass er keinen Mordauftrag erteilt habe.

Dreh- und Angelpunkt dieser seltsamen Geschichte, die sich bis ins Detail wohl nie wird aufklären lassen, ist ein seit Jahrzehnten schwelender Streit zwischen dem Steuerberater und einer Nachbarsfamilie. Der 71-Jährige berichtete am ersten Prozesstag davon, dass er die mittlerweile 49 Jahre alte Frau schon als kleines Mädchen im Alter von zwölf Jahren von seinem Grundstück verwiesen habe, weil sie sich "unflätig benommen" habe. Damals habe zwischen dem Haus der Eltern der Frau und seinem 2000 Quadratmeter Grundstück ein großes, freies Gelände gelegen. Darauf habe die Familie der Frau in den 90er Jahren ein Haus gebaut. Dabei sei eine "illegale Garage" an seine Grenze gebaut worden. Sie habe ihm die Sicht aus einigen Fenstern genommen. Deshalb habe er sich vor Gericht durch alle Instanzen gegen die Garage gewehrt. Aber ohne Erfolg.

Nach Feststellung eines Zivilgerichtes hat sich der Angeklagte gegen die Nachbarin aber nicht nur mit rechtlichen Mitteln gewehrt. Er soll sie beim Bau der Garage 1995 geschubst haben, so dass sich die Frau bei einem Sturz verletzte. Der Angeklagte bestreitet dies. Aber Zeugen bestätigten die Aussage der Frau. Deshalb wurde er zur Zahlung von 1200 Mark (600 Euro) Schmerzensgeld an die Frau verurteilt. Spätestens seit dieser Zeit war der Streit zwischen den Nachbarsfamilien Ortsgespräch.

Im Jahr 2004 wollte der Steuerberater dann eine Garage an der Grenze zum Nachbargrundstück bauen. Die Baubetreuung übernahm ein Kunde des Steuerberaters, der besagte Handwerker. Der 63-Jährige berichtete dazu als Zeuge vor Gericht: Damals sei er regelmäßig einmal im Monat mit seinem Geschäftsunterlagen beim heutigen Angeklagten gewesen. Der habe jedes Mal über die Nachbarin geschimpft. Besonders schlimm sei es gewesen, als es Probleme mit dem Neubau der Garage gab. Ursache sei wohl eine Anzeige der Nachbarin gewesen. Jedenfalls sei die Bauaufsichtsbehörde aufgetaucht und habe gerügt, dass geplante Dach der Garage sei zwölf Zentimeter zu hoch. Daraufhin habe der Bau anders ausgeführt werden müssen. Deshalb sei der Angeklagte außer sich gewesen, so der Zeuge. Dann habe der Mann ihm 20 000 Euro angeboten, wenn er die Frau beseitige.

Antwort des Handwerkers nach eigener Aussage: "Für 20 000 Euro gehe ich doch nicht ins Gefängnis." Darauf habe der Angeklagte einen etwa zwei Zentimeter dicken Umschlag genommen und auf den Tisch geworfen. Im Sichtfeld habe man einen Fünfzig-Euro-Schein gesehen. Und der Steuerberater habe gesagt, "dann erhöhe ich auf 50 000". In diesem Moment, so der Zeuge, habe er die Sache nicht mehr für bloßes Gerede gehalten. Sein Fazit zum Prozessauftakt: "Ich weiß nicht, ob er den Mordauftrag ernst gemeint hat oder nicht." Aber: "Ich habe ihn ernst genommen."

Der Handwerker behielt die ganze Sache über Jahre für sich. Erst 2009 schrieb er eine Strafanzeige, nachdem er mit dem Steuerberater in geschäftlichen Dingen aneinander geraten war. Nach jahrelangen Ermittlungen und zwei geplatzten Strafprozessen unternimmt das Landgericht in Saarbrücken nun einen dritten Anlauf in dieser Sache. Der Prozess wird fortgesetzt.

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