Streit um Krankenhausplan „Wo sind die 1000 Pfleger, Frau Bachmann?“

Saarbrücken · Das Krankenhaus-Gutachten der CDU/SPD-Landesregierung stößt bei der Gewerkschaft Verdi und der Opposition auf heftige Kritik.

 Im März demonstrierten Krankenhaus-Mitarbeiter in Saarbrücken für mehr Pflegepersonal.

Im März demonstrierten Krankenhaus-Mitarbeiter in Saarbrücken für mehr Pflegepersonal.

Foto: BeckerBredel/bub/lo

Verdi-Gewerkschaftssekretär Michael Quetting sagte gestern: „Das Gutachten ist eine bittere Enttäuschung für die Beschäftigten in den saarländischen Krankenhäusern. Offensichtlich sollen die Versprechungen der Landesregierung, für die Stationen in den Krankenhäusern Personalmindestzahlen als Qualitätsindikator festzulegen, nicht eingehalten werden. Wir erwarten, dass die Landesregierung mit ihrem Plan nicht diesem Gutachten folgt. Wo sind die versprochenen 1000 Stellen?“ Quetting forderte Gesundheitsministerin Monika Bachmann (CDU) auf, das Gutachten der Beraterfirma Aktiva nicht umzusetzen. „Ich bin der Meinung, dass Bachmann die Vorgaben machen muss“, betonte Quetting. Verdi werde weiter im Bachmannschen Pflegepakt mitarbeiten. Aber wenn sie keine Personalvorgaben mache, müsse Verdi „noch mal zum Kampf blasen“, so Quetting.

Im Gutachten werde von einem weiteren Anstieg der Fallzahlen von 2,7 Prozent ausgegangen, die Patienten werden an der Saar schneller entlassen und die Betten-Belegung sei mit 85 Prozent deutlich höher als im Bundesgebiet. Etwa 300 Betten fehlten. „Der ökonomische Druck wird zu einer weiteren Arbeitsverdichtung führen und damit zu relativ weniger Pflegepersonal“, befürchtete der Verdi-Experte. Der Gutachter sei aber nicht in der Lage, Vorschläge für die Personalbesetzung zu machen. Quetting: „Das ist peinlich und Verdi wird sich das nicht gefallen lassen.“

Man brauche keine wissenschaftliche Ausbildung zu haben, um zu erkennen, dass eine Pflegefachkraft auf bis zu 40 Patienten im Nachtdienst lebensgefährlich sei, betonte der Gesundheitsexperte. In dem Aktiva-Gutachten gebe es keine Vorschläge für Personalvorgaben. Die von Bachmann angekündigte Vorreiterrolle des Saarlandes für mehr Pflegestellen werde nicht umgesetzt.

Die Verdi-Delegierten der Saar-Krankenhäuser verlangten eine Festlegung von Mindestbesetzungen auf Normalstationen, die nicht unterschritten werden können. Das müssten die Betriebsparteien vereinbaren. Wenn man zu keiner Einigung komme, dann gelte die Regel: auf fünf Patienten eine Pflegekraft. Auf Intensivstationen sei eine Mindestbesetzung von einer examinierten Pflegekraft auf zwei Patienten zu gewährleisten. Pro Operationsaal müssten zwei OP-Pflegekräfte und eine Anästhesie-Pflegekraft als Mindestbesetzung gesichert sein. Nach drei Nachtschichten in Folge müsse ein bezahlter Ausschlaftag eingelegt werden. Ebenso nach einem Bereitschaftsdienst.

Astrid Schramm, die gesundheitspolitische Sprecherin der Linksfraktion und Saar-Linken-Chefin sagte, dass es unverständlich sei, warum die Gutachter zwar eine Aufstockung der Bettenzahl forderten, aber keine Vorschläge für eine dafür nötige Personalbesetzung machten. „Schon jetzt fehlt Pflegepersonal an allen Ecken und Enden. Wenn man zu Recht mehr Patienten versorgen will, muss es aber erst Recht mehr Personal für Betreuung und Pflege geben“, betonte Schramm. Vor allem müsse der hohe Investitionsstau von aktuell 433 Millionen Euro abgebaut werden. Denn wenn den Kliniken Investitionsmittel fehlten und es keine gesetzlich vorgeschriebene Personalbemessung gebe, sparten die Träger beim Pflegepersonal.

Der Landeschef der nicht im Landtag vertretenen Grünen Markus Tressel betonte, man könne nicht einerseits Klinikschließungen finanziell unterstützen, wenn andererseits dringend Hunderte neue Betten notwendig seien. Zugleich sei es erforderlich, künftig länderübergreifend zu planen und die Personalisierung sicherzustellen.

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