Wo Falstaff die Hausfrauen in der Reihenhaussiedlung tröstet

Saarbrücken. "Letterland" ist dort, wo der Rasen immer ordentlich gestutzt ist. Wo lauter glückliche Familien wohnen, denen es an nichts fehlt. Doch dann das: Mel, Kim und Mallu flattern eines Tages obszöne Briefe ins Eigenheim! Nachbar Erwin Kannes unterstellt den Damen sexuelle Notlage und bietet seine Dienste an

 "Desperate Housewives", die gegen "Sex in The City" dann doch nicht so abgeneigt sind: Szene mit Sandra Klein; Anna Schimrigk; Lizzy Lismann-Gräß und Christine Mehlhorn (v.l.). Foto: Bilderwerk

"Desperate Housewives", die gegen "Sex in The City" dann doch nicht so abgeneigt sind: Szene mit Sandra Klein; Anna Schimrigk; Lizzy Lismann-Gräß und Christine Mehlhorn (v.l.). Foto: Bilderwerk

Saarbrücken. "Letterland" ist dort, wo der Rasen immer ordentlich gestutzt ist. Wo lauter glückliche Familien wohnen, denen es an nichts fehlt. Doch dann das: Mel, Kim und Mallu flattern eines Tages obszöne Briefe ins Eigenheim! Nachbar Erwin Kannes unterstellt den Damen sexuelle Notlage und bietet seine Dienste an. Ausgerechnet Kannes, einziger Hartz IV-Empfänger der Siedlung, der sich nicht rasiert und in Mutters geerbten Häuschen auf der faulen Haut liegt. Die drei Freundinnen sinnen auf Rache: Mel soll zum Schein auf Erwin eingehen, dann wollen sie ihn in den Sack stecken.Peter Lund und Thomas Zaufke, Erfolgsduo der Neuköllner Oper Berlin, hat "Letterland" geschrieben. Ein turbulentes Musical in Anlehnung an "Die Lustigen Weiber von Windsor", bei dem Shakespeares Falstaff auf heutige "Desperate Housewives" trifft, die gegen "Sex in The City" doch nicht abgeneigt sind. Nebst schwer pubertierenden Sprösslingen in Erste-Liebe-Nöten, die in der Musterhaussiedlung für "Linie 1"-Atmosphäre sorgen.

Eine starke Leistung bot die freie saarländische Truppe Bohemian Company, die "Letterland" am Samstag in der Regie von Bob Ziegenbalg im Saarbrücker Theater Überzwerg spielte. Bohemian-Chefin Sandra Klein (Malu), Christiane Mehlhorn (Mel) und Lissy Lismann-Gräß (Malu) gaben die drei Frauen, die hinter der Fassade Frust erkennen lassen, die sentimental, aber auch hintertrieben sein können, mit viel Elan und je eigener Note. Dagegen gab Uwe Andresen als Erwin einen doch relativ schüchternen Gemütsmenschen, der sich auch gesanglich nicht recht traute, die Proll-Sau herauszulassen. Neben ihm blieb Christian Mehlhorn als biederer Gatte Tom arg blass, während bei den Jugendlichen Anna Schimrigk als tumbe rosa Blondinentussi fast alle an die Wand spielte und Nadine Fleckinger als widerborstige Tochter erst in der zweiten Hälfte aufblühen konnte. Sympathisch: Matthias Dietzen als Punk Kalle und Malin Hoscheid als Olli "immer die 2. Wahl".

Die eingängigen Songs (formidabel: Silvana Berwanger, musikalische Einstudierung und K-Board; Andreas Blaesisus, Gitarre) forderten stimmlich dem Ensemble gleichwohl Einiges ab. Dass die Bohemians etliche Gesangstalente aufweisen, die fast vergessen lassen können, dass es sich um eine reine Amateurgruppe handelt, ist nicht verwunderlich. Ist sie doch 2003 aus Darstellern von Martin Leutgebs Neunkircher Musical-Projekts hervorgegangen. Mit dem Musical "Letterland" schließt die Truppe eine echte Lücke im freien Szene-Programm. Noch sieben Mal ist es in der neuen Reihe "1.Daarler Theatersommer" bei den Überzwergen zu sehen. sbu

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