Wird der Gemeindebus in Freisen durch ein Anruf-Sammeltaxi ersetzt?

St Wendel/Freisen · Zwei Zählungen, verschiedene Ergebnisse. Die Gemeinde Freisen sieht nach einer Zählung in Betracht, künftig den Gemeindebus durch ein Anruf-Sammeltaxi zu ersetzen. Zu wenig werde der Bus genutzt. Klaus Bonaventura vom St. Wendeler Landratsamt liegen andere Zahlen vor. Diese verzeichnen deutlich mehr Fahrgäste.

Die Gemeinde Freisen hat den Vertrag mit dem Verkehrs- und Infrastrukturbetrieb St. Wendel vorsorglich gekündigt (wir berichteten). Denn sie will die Gemeindebuslinie neu regeln, bringt Anruf-Sammeltaxis ins Gespräch. Als Grund für die Aufgabe der Linie nennt der Freisener Bürgermeister Karl-Josef Scheer (SPD) die schlechte Auslastung: "Teilweise fahren die Busse leer durch die Wohngebiete", sagte er in der Gemeinderatssitzung. Diese Aussage bestätigten auch die Zahlen, die eine Zählung in der Zeit vom 11. März bis 2. April erbrachte. 99 Ein- und Ausstiege wurden registriert.

Genau diese Zahlen überraschen Klaus Bonaventura, den Leiter des Dezernats Infrastruktur beim Landkreis St. Wendel. Denn der Landkreis erstellt gerade ein Gutachten, um den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) zu überplanen. Grundlage dafür sind die aktuellen Fahrgastzahlen. Die Busfahrer der Firma Behles haben eine Woche lang Strichlisten geführt und alle Ein- und Aussteiger gezählt. "In der Gemeindebuslinie Freisen wurden 600 Ein- und Ausstiege registriert", sagt Bonaventura. Rechne man noch den Teil der Grundschüler, die den Gemeindebus auf dem Weg zur Schule nutzten, dazu, "ergeben sich sogar 920 Ein- und Aussteiger in einer Woche". Hochgerechnet, komme man auf mehr als 30 000 Kunden im Jahr, zusammen mit den Grundschülern auf 40 000.

Bonaventura fragt sich, wie bei den beiden Zählungen so unterschiedliche Ergebnisse herauskommen konnten. Und gibt - zumindest zum Teil - schon selbst die Antwort: "Es war ein schlechter Zeitpunkt für eine Zählung." In dem Zeitraum von 23 Kalendertagen, in dem die Gemeinde Freisen zählte, lagen alleine acht Sonn- und Feiertage sowie Samstage - unter anderem das Osterwochenende. Hinzu kommen vier Tage Osterferien, "die auch nicht als für eine Zählung repräsentativ angesehen werden können".

Und Bonaventura sieht noch einen Grund, warum der Eindruck erweckt wird, die Busse fahren halbleer durch die Gegend. In Freisen gebe es, im Gegensatz zu anderen Gemeindebuslinien, eine Sondersituation. Dort fährt sowieso eine Kreislinie - mit großen Bussen. Diese fahren auch in die Orte, die ohne Gemeindebuslinie nicht versorgt wären. Sitzen dann vier, fünf Personen in einem 50er-Bus, dann sehe das eben sehr leer aus. "In einem Neunsitzer wäre der Bus halbvoll", sagt Bonaventura.

Die Pläne der Gemeinde, künftig Anruf-Sammeltaxen einzusetzen, seien gar nicht so einfach. Denn ein Taxiunternehmer bekomme keine Genehmigung für den Linienverkehr. Also müsse das Busunternehmen, das bereits den Auftrag für die Linie hat, die Taxen als Subunternehmer einstellen und der Gemeinde ein Angebot machen. Dazu Bonaventura: "Die Gemeinde muss dann entscheiden, ob der Preisunterschied die schlechtere Anbindung rechtfertigt." Tue sie das nicht, müsse die Gemeinde den Vertrag nicht kündigen. Die Gemeindebuslinie würde dann noch weitere zwei Jahre zu den derzeitigen Bedingungen fahren. 2015 werde der ÖPNV im Landkreis neu ausgeschrieben - und dann könne die Gemeinde Wünsche äußern.

Mittlerweile geht auch Scheer davon aus, dass "wir die Linie noch zwei weitere Jahre in der alten Art und Weise weiterlaufen lassen". Eben, weil die Busfirma noch so lange die Konzession für die Strecke habe. Und dann werde sich die Gemeinde in das neue ÖPNV-Konzept mit einbringen: "Da gibt es einige Dinge, die wir gerne geändert hätten", sagt Scheer.

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