Bundeswehr-Kritik Wirbel um Bundeswehr-Werbung

Saarbrücken · Die saarländische Jugend-Zeitschrift „Chilly“ steht in der Kritik. Auf ihrer Rückseite wirbt das Militär um Nachwuchs. Ist das verantwortungslos?

Ein junger Mann sitzt mit Tarnschminke und Bundeswehr-Uniform in einem Militärfahrzeug. Er blickt konzentriert auf den Kontrollbildschirm direkt vor ihm. „Hier wirst du Experte und Führungskraft“, steht über der Szene. Darunter: „Mach, was wirklich zählt: Als Feldwebel (M/W) beim Heer“. So wirbt die Bundeswehr um Nachwuchs, auch im Saarland. Dass diese „manipulative“ Werbung in der neuen Ausgabe des Jugendmagazins „Chilly“ erschienen ist, kritisieren der Landtagsabgeordnete Dennis Lander (Linke) sowie die Linksjugend scharf. Weil die Zeitschrift saarlandweit kostenlos an weiterführenden Schulen verteilt wird, sehen sie den Jugendschutz in Gefahr.

„Die Bundeswehr investiert schon seit längerem massiv in zielgruppengerichtete Werbung, um Kinder und Jugendliche für die Bundeswehr zu begeistern“, schreibt Lander in einer Pressemitteilung. „Das Töten von Menschen sowie die Gefahr, selbst getötet zu werden, werden mit coolen Sprüchen und actiongeladenen Bildern übertüncht.“ Das sei „manipulative Beeinflussung“, vor der das Jugendmagazin seine Leser schützen müsse. Der Vorsitzende der Jungsozialisten (Jusos), Pascal Arweiler, schließt sich der Kritik auf SZ-Anfrage an: „Das Magazin hat einen anderen Auftrag. Es ist vor allem ein Kulturangebot für Jugendliche. Bundeswehr-Werbung hat da nichts zu suchen.“

Bereits im November druckte „Chilly“ eine Bundeswehr-Anzeige ab. Die Kritik war dieselbe. „Die Bundeswehr ist ein wichtiges Element der Demokratie und schützt die freiheitlich-demokratische Grundordnung“, sagt der Vorsitzende des Vereins „Junge Journalisten Saar“, dem Träger des „Chilly“-Magazins, Michael Scholl. Gegen die Anzeige sei also nichts einzuwenden.

Auch Oberstleutnant Thomas Dillschneider vom Landeskommando Saarland zeigt sich fassungslos: „Um auch nach Aussetzen der Wehrpflicht qualifizierten Nachwuchs zu bekommen, muss man ihn auch auf Kanälen abholen, auf denen er sich aufhält und seine Sprache sprechen.“ Die Anzeige diene zunächst dazu, das Interesse auf die Bundeswehr zu lenken. Wer sich wirklich dafür interessiere, mache einen Termin im Bundeswehr-Karrierecenter aus. Dort kläre man auch über die Risiken des Soldatenberufs auf. Auch Alexander Zeyer, Landesvorsitzender der Jungen Union (JU), findet die Werbung im Jugendmagazin legitim: „Die Bundeswehr ist schließlich auch auf Abi-Messen an den Schulen präsent.“

Doch ist das Magazin überhaupt auf Werbung angewiesen? Schließlich tragen das saarländische Sozialministerium, die Landesmedienanstalt, die Sporttoto GmbH sowie sechs Landkreise zur Finanzierung bei. Zehn Prozent der Produktionskosten müsse „Chilly“ trotzdem mit Werbung decken, sagt Scholl. Und bezweifelt, ob da Pizza-Werbung besser sei: „Die fördert schließlich Fettleibigkeit.“ Für ihn steht fest: „Wir drucken weiterhin Bundeswehr-Werbung.“

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort