"Wir sind einzigartig"

Zehn Jahre sind Sie in Saarbrücken: Was vom hier Erreichten bedeutet Ihnen besonders viel?Donlon: Vor allem, dass es mit all jenen, mit denen ich hier zusammengearbeitet habe und arbeite, geglückt ist, eine besondere Company zu schaffen. Darüber bin ich sehr froh

 Kritisch, leidenschaftlich, begeisternd: Maggie Donlon bei Proben im Ballettsaal. Foto: Oliver Dietze

Kritisch, leidenschaftlich, begeisternd: Maggie Donlon bei Proben im Ballettsaal. Foto: Oliver Dietze

Zehn Jahre sind Sie in Saarbrücken: Was vom hier Erreichten bedeutet Ihnen besonders viel?Donlon: Vor allem, dass es mit all jenen, mit denen ich hier zusammengearbeitet habe und arbeite, geglückt ist, eine besondere Company zu schaffen. Darüber bin ich sehr froh. Vielleicht sind wir nicht die Company mit der besten Technik, auch nicht die größte, schon gar nicht die reichste, aber wir sind einzigartig. Wenn Tänzer von hier weggehen, sagen sie: Das ist die glücklichste Truppe, in der ich je gearbeitet habe. Die Energie in dieser Company ist etwas ganz Besonderes.

Im Ballettsaal vergeht kaum eine Minute, in der Sie nicht selbst den Tänzern zeigen, wie Sie sich die Bewegungen vorstellen. Wieviel Zeit wenden Sie selbst noch auf, um zu trainieren?

Donlon: Ich wünschte, ich könnte drei, vier Mal die Woche morgens mit den Tänzern trainieren. Aber dann gibt es Konferenzen, Sitzungen, jour fixe. . . Es ist schwierig, genug Zeit für mich und meinen Körper zu finden.

Aber er ist nach wie vor Ihr Haupt-Ausdrucksmittel?

Donlon: Ich kann mir nicht vorstellen, dass man die ganze Zeit auf dem Stuhl sitzt und choreografiert.

Für die kommende Spielzeit haben Sie drei Themen-Ballette angekündigt. Wollen Sie mehr als nur unterhalten?

Donlon: Theater, Kunst überhaupt, hat eine starke Stimme. Und wir haben eine größere Verantwortung als je zuvor.

Es kann also nicht darum gehen, das Publikum bloß zu amüsieren?

Donlon: Jedenfalls nicht nur. Wir haben ja mehrere Gelegenheiten pro Spielzeit. Wenn es dann einmal pro Saison um Spaß geht, darum, zu unterhalten, die Leute kommen und fühlen sich gut, ist das in Ordnung. Aber es muss auch das Andere geben.

Geht es ohne populäre Stoffe nicht? "Liebe/Schwarz-weiß" in der kommenden Spielzeit soll an den Oscar-Filmerfolg "The Artist" anknüpfen. . .

Donlon: Würde mich das Thema nicht fesseln - ich habe den Film übrigens noch nicht gesehen - würde ich es nicht machen. Was mich aber sofort faszinierte, ist, dass dieser Film so viele Menschen erreicht - ohne Worte. Genauso wie der Tanz. Und "Blue" beispielsweise war ja ein Thema, das erstmal unattraktiv scheint: Plastikmüll im Ozean. Aber ich war davon überzeugt, dass ich das machen muss.

Überraschte es Sie, dass nicht jeder dieses "Öko-Ballett" so positiv aufgenommen hat?

Donlon: Sie meinen, die Saarbrücker Zeitung?

Es gab auch anderswo Kritik. . .

Donlon: Kritik gehört zum Business wie das Lob. Wichtig ist, dass die Waage sich ingesamt zum Positiven neigt. Wr hatten sehr viel mehr positive Resonanz, als ich mir je erträumt hatte. Gerade außerhalb des Saarlandes. Sehr gute Kritiken beispielsweise in den Zeitschriften "tanz" und "Mare" und auch in Deutschlandradio Kultur. Vor allem wurde "Blue" als etwas wahrgenommen, was es außerhalb der üblichen Tanzschubladen gibt.

Wie wichtig ist Ihnen Zustimmung? Im neuen "Merian" über das Saarland werden Sie als künstlerische Vorzeige-Frau des Landes gefeiert.

Donlon: Zustimmung braucht jeder Mensch, das ist eine schöne Motivation, es sollte nur nicht die einzige sein. Ich bin natürlich nicht unglücklich darüber. Ich fühlte mich geehrt, war aber auch überrascht, denn ich dachte, dass es im "Merian" nur ein kleiner Text werden würde. Ich habe mich über die Ausgabe gefreut. Denn wir arbeiten sehr hart, und es ist schön, dass dies außerhalb so wahrgenommen wird.

Ihr Vertrag ist jetzt nach zähen Verhandlungen für drei Spielzeiten verlängert worden. Damit haben Sie Ihr Ziel nicht erreicht, unbefristet arbeiten zu können. Auch aus Ihrer Vorstellung, unabhängig von der Theaterstruktur zu arbeiten, wurde nichts. Sind Sie jetzt mit einem Fuß auf dem Absprung?

Donlon: Ich bin zufrieden mit dem Ergebnis der Verhandlungen, sonst hätte ich nicht unterschrieben. Wir hatten im Frühjahr konstruktive Gespräche. Ich habe das erreicht, was mir persönlich sehr wichtig war, mehr Personal im künstlerischen Bereich und der Öffentlichkeitsarbeit. Generell gilt für jeden: Man sollte immer die Augen offen halten. Ein englisches Sprichwort sagt: Tu' nicht alle Eier in einen Korb.

Ist es denn für Sie überhaupt eine Perspektive, hier weitere zehn Jahre zu bleiben?

Donlon: Ich hätte nicht gedacht, dass ich überhaupt zehn Jahre hier bin. Aber wenn ich die Entwicklung der vergangenen Jahre fortsetzen kann, warum nicht?

Für die Rambert Dance Company in London erarbeiten Sie gerade eine Choreographie, "Labyrinth of love", Premiere wird im Oktober im Sadler's Wells sein. Was bedeuten Ihnen solche Engagements?

Donlon: Die Einladung einer so großen Company ist eine Anerkennung unserer Qualität, und es bewahrt uns davor, es uns zu gemütlich zu machen.

Auf einen Blick

29 Tanzstücke hat Marguerite Donlon seit 2001 für das Saarländische Staatstheater kreiert, viele andere für internationale Compagnien. Ihren ersten großen Publikums-Erfolge feierte sie mit "Patch of grass" (2002). Herausragende Produktionen waren "Romeo und Julia", 2007 für den Deutschen Theaterpreis "Faust" nominiert, und "Giselle - reloaded" (2006), das ihr 2007 eine Nominierung für den "Tanz-Oscar", den Prix Benois de la Danse" einbrachte. Donlons "Sacre du printemps" (2008) fand in der bundesweiten Fachpresse große Beachtung, bis heute ist "Casa azul" das wohl beliebteste Stück beim Publikum. Die Compagnie zeigte es unter anderem auch auf einer Asientournee 2011.

 Die Donlon Dance Company, das sind 18 multi-talentierte Tänzer-Persönlichkeiten. Hier eine Szene aus "Silent Movie". Foto: Stage PicTure

Die Donlon Dance Company, das sind 18 multi-talentierte Tänzer-Persönlichkeiten. Hier eine Szene aus "Silent Movie". Foto: Stage PicTure

Einen Freundeskreis mit rund 150 zahlenden Mitgliedern, die die Tänzer unterstützen, hat die DDC seit 2008. Mit "Zukunft@DDC" startete 2009 ein Tanzprojekt, das junge Tanz-Talente fördert. esb

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