"Wir geben der Geschichte viel Realismus"

"Carmen" zählt zu den am häufigsten gespielten Opernproduktionen in Deutschland - fast ein Selbstläufer im Verkauf. Wo bleibt da ihre Herausforderung, noch etwas künstlerisch zu bewegen?Aurelia Eggers: Sicher, Carmen wird häufig gespielt. Doch ist es ein Unterscheid, wie man das Stück inszeniert und die Figuren interpretiert

 Aurelia Eggers mit Zeltoper-Macher Joachim Arnold. Foto: Ruppenthal

Aurelia Eggers mit Zeltoper-Macher Joachim Arnold. Foto: Ruppenthal

"Carmen" zählt zu den am häufigsten gespielten Opernproduktionen in Deutschland - fast ein Selbstläufer im Verkauf. Wo bleibt da ihre Herausforderung, noch etwas künstlerisch zu bewegen?Aurelia Eggers: Sicher, Carmen wird häufig gespielt. Doch ist es ein Unterscheid, wie man das Stück inszeniert und die Figuren interpretiert. Ich habe schon in Kiel 2007 Carmen auf die Bühne gebracht. Und trotzdem sieht die aktuelle Produktion in der Zeltoper ganz anders aus. Natürlich kennt man die Melodien und Texte inzwischen auswendig - aber man dringt dann auch viel eher zu den Kernthemen des Stücks vor, an die man mit neuem Blick herangeht.Was ist denn an Ihrer "Carmen" so besonders?Eggers: Wir geben "Carmen" viel Realismus. In der Vorbereitung stießen der musikalische Leiter Alexander Meyer und ich auf die radikalen Brüche, mit denen der Komponist Bizet die aufgebauschte Zuckergussromantik seiner Zeit ad acta gelegt hat. Diese Radikalität wollen wir auch heute herauskitzeln, auch wenn sich die Welt total verändert hat. Die Musik hat eine gewisse Härte, und unsere "Carmen" ist heute eine Frau, die sich einerseits den Märchenprinzen wünscht, andererseits so harte Bedingungen und Illusionen an diese Liebe knüpft, dass sie nicht zu erfüllen sind. Im Grunde ist es aber ihre Angst vor einer festen Bindung. Die Liebe zu José, obwohl er alles versucht, um bei ihr zu sein, wird letztlich systematisch zerstört. Das ist die Tragik, die zeitlos ist. Nur das Gewand, das wir ihr geben, ist anders.Verstehen Sie den Wunsch mancher Zuschauer vielleicht auch eine Inszenierung sehen zu wollen, die eben nicht die Alltagsprobleme aufwäscht?Eggers: Es macht keinen Sinn, den anderen Weg zu gehen, sprich eine Pseudoromantik zu stricken, Foklore- und Flamencotänzerinnen-Kitsch zu beschwören und eine bunte Schmugglertruppe mit historischen Kostümchen über die Bühne zu treiben. Da sind wir uns alle im künstlerischen Team einig. Im Prinzip ist es eher eine filmische als theaterhafte Inszenierung, und die hat ihren ganz eigenen Reiz. Warum hat es sie nach Aufträgen in Kiel, Linz und Heidelberg wieder an die Saar gezogen?Eggers: Ganz klar das Festival. Hier müssen alle an einem Strang ziehen. Man arbeitet unter einem gewissen Druck, effektiver und schneller als in einem normalen Theater. Außerdem bot sich mit "Carmen" die Möglichkeit, eigene Konzepte weiter zu verwirklichen - zumal hier das Publikum sehr viel näher am Geschehen dran ist, und man nicht wie in einem klassischen Guckkastentheater inszenieren kann.Ist das denn in so kurzer Zeit machbar? Sie proben in einem sehr kurzen Zeitraum . . .Eggers: Ich bin froh, dass die Künstler Regietheater gewohnt sind und sich auf die Ideen einlassen. Nicht nur schauspielerisch sondern auch sängerisch sind wir mehr als zufrieden. Wir haben echte Charaktere besetzen können, und das spürt man.Müssen wir mit Überraschungen rechnen?Eggers: Nein, wir bleiben schon nah an der ursprünglichen Geschichte dran - so viel kann ich verraten. Aufführungen am 21. 25., 26., 27., 28. August (jeweils 20 Uhr) und 29. August (19 Uhr).Interview: Daniel Conrad

 Aurelia Eggers mit Zeltoper-Macher Joachim Arnold. Foto: Ruppenthal

Aurelia Eggers mit Zeltoper-Macher Joachim Arnold. Foto: Ruppenthal

Auf einen blickKarten für "Carmen": Tel. (0 68 61) 9 91 00, im Internet auf www.musik-theater.de gibt es Tickets für die Vorstellungen bis zum 29. August. red

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