Wildes Mittelalter im Wildpark

Freisen. Konrad der Stralenberger war weit gereist, um den Mittelaltermarkt im Wildpark Freisen, der am vergangenen Wochenende seine neunte Auflage erlebte, zu besuchen. Ganze 840 Jahre hatte der Stralenberger auf der Zeitleiste zurückgelegt, und nun saß er gemeinsam mit seinen Waffenbrüdern - den Dienstmannen zu Winenheim - im Lager

Freisen. Konrad der Stralenberger war weit gereist, um den Mittelaltermarkt im Wildpark Freisen, der am vergangenen Wochenende seine neunte Auflage erlebte, zu besuchen. Ganze 840 Jahre hatte der Stralenberger auf der Zeitleiste zurückgelegt, und nun saß er gemeinsam mit seinen Waffenbrüdern - den Dienstmannen zu Winenheim - im Lager. Bei einem Becher Met nahm sich der Winenheimer Zeit für einen kleinen Plausch, während das unweit knisternde Lagerfeuer leuchtende Funken in die hereinbrechende Nacht stob. "Wir sind keine Adelsleute, sondern Bedienstete des Reichsklosters Lorsch und im Castrum Winenheim stationiert", beschreibt Konrad der Stralenberger den Stammsitz der Dienstmannen. Die Dienstmannen und Söldner, die von der Winenheimer Gruppe möglichst originalgetreu dargestellt werden, schützten seinerzeit das Reichskloster mit Leib und Leben vor Feinden. In Freisen ist die Gruppe, die bis zu 15 Köpfen zählt, zum vierten Mal dabei. Die Männer, die die Adels-Farben Rot und Weiß tragen - Rot für Blut und Weiß für Reinheit - "schätzen vor allem die intime Atmosphäre im Wildpark-Lager. Außerdem finden sich hier auch die entsprechenden Händler, die keinen Nippes verkaufen, sondern originalgetreue Dinge". "Rund 60 Marktstände", sagt Markt-Veranstalter Matthias Broszeit, "sind in diesem Jahr vor Ort." Diese bieten so ziemlich alles an, was der Mittelalter-Liebhaber braucht: Bronze- und Silberschmuck, Kleider, Schuhe, Trinkhörner, mittelalterliche Waffen aller Art und dergleichen mehr. Auch Seife gibt es zu kaufen - die stellt Markthändler Dietrich Zarnack selbst her. In riegelähnlichen Blöcken werden die Seifen feilgeboten und erst vor Ort portioniert und abgeschnitten. Die Duft-Riegel tragen Namen wie Drachenblut oder Fortuna. "Die kalt gerührten Seifen sind mit acht Prozent überfettet, wodurch die Haut nicht austrocknet. Das spart das Eincremen nach der Dusche oder dem Bad", erklärt der aus Hopferau bei Füssen stammende Seifenmacher. Seit rund 20 Jahren beschäftigt sich Zarnack mit Pflanzenheilkunde, und vor etwa zehn Jahren begann er, die Körperpflegeprodukte herzustellen. Sein Geheimtipp für schöne Haut: "Seidenseife - auf 100 Gramm Seife kommen mindestens 140 Quadratzentimeter Rohseide. Der Seidenanteil bereinigt und verfeinert das Hautbild."Prellungen sind möglichLangsam wird es dunkel im großen Zeltlagerlager und der erste Markttag neigt sich dem Ende entgegen. Während vorne am Eingang die große Feuerschau beginnt und auf der nahen Bühne mit mittelalterlichen Instrumenten musiziert wird, geht es noch einmal zurück zu den Dienstmannen. Die lecken ihre Wunden, die bei der Heerschau am Nachmittag geschlagen wurden. Ernsthaft verletzt wurde dabei zwar niemand, aber bei den nachgestellten Kampfszenen kann es durchaus vorkommen, dass man sich "eine Prellung holt", wie Konrad erklärt: "Denn auch wenn die Waffen stumpf sind und man Kettenhemden unter der Gewandung trägt: Ein ordentlicher Hieb spürt man auch durch die Schutzkleidung." Schläge müssen auch die Darsteller der turbulenten Reiterschau einstecken. "Das ist ein richtiges Ritterturnier", erklärt Markt-Chef Broszeit, der beim Blick über die mittelalterliche Zeltstatt mit ihren unzähligen Lagerfeuern und Fackeln ein bisschen Stolz empfindet. Schließlich hatte vor neun Jahren alles mit drei kleinen Gruppen begonnen. "Doch im Lauf der Jahre wurde der Mittelaltermarkt immer größer - und dieses Jahr sind 71 Gruppen vor Ort. Ich schätze, dass wir insgesamt so zwischen 1000 und 1200 Teilnehmer haben." Und da sind die vielen Marktbesucher noch gar nicht mitgezählt. Fazit: Das Mittelalter lebt, und zwar immer am ersten Augustwochenende in Freisen.

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