Wildbienen fühlen sich auf dem Glashütten-Gelände wohl
St. Ingbert. Müll und Fäkalien, Sand und Weiden prägen das brachliegende Gelände der früheren Glashütte. Nein, hier hält man sich nicht freiwillig oder länger als nötig auf - normalerweise nicht. Denn wer an milden und sonnigen Tagen genau hinschaut, merkt schnell, dass hier immer noch im wahrsten Sinne des Wortes bienenfleißig gearbeitet wird
St. Ingbert. Müll und Fäkalien, Sand und Weiden prägen das brachliegende Gelände der früheren Glashütte. Nein, hier hält man sich nicht freiwillig oder länger als nötig auf - normalerweise nicht. Denn wer an milden und sonnigen Tagen genau hinschaut, merkt schnell, dass hier immer noch im wahrsten Sinne des Wortes bienenfleißig gearbeitet wird.Genau deshalb zieht es Helmut Graf seit etwa einem Jahr immer wieder hierher. Der 56-jährige St. Ingberter sucht gezielt den sandigen Hang auf, hinter dem die Straße "Im Pottaschwald" verläuft. Denn hier lebt und arbeitet die Sandbiene, die zu der Familie der Wildbienen gehört. "Man schätzt, dass es im Saarland etwa 300 verschiedene Wildbienenarten gibt, aber nur wenige sind bekannt", erklärt Graf, der auch der St. Ingberter Gruppe des Naturschutzbundes Deutschland (Nabu) angehört. Bienen habe es in dieser Ecke wohl schon immer gegeben, "aber in diesen Mengen ist es ungewöhnlich", berichtet er. Gleichzeitig verweist er auf die idealen Lebensbedingungen, zu denen neben der sandigen Steilwand auch die intensive und Wärme spendende Sonneneinstrahlung zählt. Vor allem finden sie auf dieser Industriebrache die berühmten "Unkräuter" oder auch Ruderalpflanzen, die sie vorzugsweise bestäuben.
Auch wenn nur wenige Bienen ans Tageslicht kommen, sind die Spuren einer großen Population nicht zu übersehen. Die kleinen Löcher im Hang und in dem sandigen Boden sind der Beweis. Dann überrascht Graf mit dieser Aussage: "In zwei Wochen sieht man sie überhaupt nicht mehr." Die Lebenserwartung der Insekten beträgt nur etwa eine Flugperiode, das sind etwa zwei bis drei Wochen. Derzeit richten sie ihre Nester für den Nachwuchs her, die im Inneren des Sandberges entstehen. Kleine Kammern mit Pollen und Nektar und einem Ei werden eingerichtet, parallel dazu bestäuben die Wildbienen zahlreiche Pflanzen, was gleichzeitig zu ihrer wichtigsten Aufgabe gehört. Dann läuft die Lebensuhr ab. Der Nachwuchs lernt seine Eltern praktisch nicht kennen. Dieser Kreislauf ist stabil, solange ihre Heimat unberührt bleibt. Graf: "Wenn auch hier irgendwann einmal gebaut werden sollte, würde das das Ende der gesamten Wildbienen-Kolonie bedeuten." Schon jetzt sei der Lebensraum der Wildbienen in unserem aufgeräumten Land sehr eingeengt. Das will der Nabu unbedingt verhindern. "Wildbienenarten sind in Deutschland geschützt, man darf sie nicht töten", führt Graf weiter aus. Größere Feinde wie Bären oder Dachse muss die Sandbiene nicht fürchten, deswegen setzt sie auch ihren Stachel nicht ein - auch nicht gegen den Menschen. Graf: "Der ist in den meisten Fällen viel zu klein, um durch die Haut des Menschen durchzudringen." Die Verluste, etwa durch Spinnen, sind gering. Nicht einmal die Varroamilbe, die mitverantwortlich für das Aussterben ganzer Honigbienenvölker ist, muss die Sandbiene fürchten. "Das liegt am unterschiedlichen Lebenszyklus von Milbe und Biene", klärt Graf, der den Beruf des Heilpraktikers ausübt, auf.
Für ihn lohnt sich ein Abstecher an die Oststraße fast immer. "Mein Ziel ist es dabei zu helfen, die Wildbienenarten im Saarland zu erfassen, festzustellen wie gefährdet sie sind und wo sie leben könnten." obe