Iranische Revolution Khomeinis spiegelblanke Glatze

Saarbrücken/Teheran · Zwei mit dem Saarland eng verbundene Männer waren Zeugen, als Ayatollah Khomeini vor 40 Jahren in den Iran zurückkehrte.

Vor 40 Jahren, am 1. Februar 1979, betrat Ayatollah Khomeini nach 16 Jahren Exil wieder iranischen Boden. Der Schah war zwei Wochen zuvor geflohen, sein Regime lag am Boden. Der Journalist Peter Scholl-Latour, der 1948 sein Volontariat bei der Saarbrücker Zeitung gemacht hatte und auch eine Zeitlang saarländischer Regierungssprecher war, saß in dem Flugzeug, mit dem Khomeini zurückkehrte. Scholl-Latour, damals ZDF-Korrespondent in Paris, hatte schon früh Kontakt zum Kreis um Khomeini, der sich seit dem Sommer 1978 in Frankreich aufhielt.

Ein enger Vertrauter des Ayatollahs, Sadegh Tabatabai, der in Deutschland lebte, lud den Journalisten und sein Filmteam ein, Khomeini bei seiner Rückkehr in den Iran zu begleiten. Scholl-Latour nahm das Angebot gern an, mehrmals hat der 2014 verstorbene Journalist und Autor über diesen Flug und seine Erlebnisse mit Khomeini berichtet. Mit an Bord der Air-France-Maschine war damals auch der spätere Blutrichter Sadegh Chalchali, der „Robespierre der Islamischen Revolution“.

Tabatabai übergab Scholl-Latour während des Fluges eine Mappe mit der von Khomeini verfassten neuen Verfassung des Islamischen Staates. Diese sollte er in Sicherheit bringen, falls Khomeini etwas passieren würde. Als die Landung problemlos verlief, gab Scholl-Latour die Mappe wieder zurück. Scholl-Latour rühmte sich später, zwei Stunden lang der Hüter der revolutionären Verfassung des Irans gewesen zu sein, in der die religiöse Stellvertreterherrschaft, de facto ein Gottesstaat, festgeschrieben wurde.

Die Ankunft auf dem Flughafen Mehrabad wurde zum Triumphzug Khomeinis. Auf dem Rollfeld selbst empfingen ein paar Luftwaffen-Offiziere und eine Menge Mullahs den Ayatollah. Am Rande der Landebahn und in der Vorhalle des Flughafens skandierten Menschenmassen in Chören: „Allahu akbar – Khomeini rahbar!“ („Gott ist groß, Khomeini ist unser Führer.“) Khomeinis erster Weg sollte ihn zum „Märtyrerfriedhof“ Behesht-e Zahra führen. Da kein Durchkommen durch Teherans Straßen war, musste er einen Hubschrauber nehmen. In diesem war jedoch kein Platz mehr für Scholl-Latour, deshalb trennten sich ihre Wege. Er nahm die erste Lufthansa-Maschine zurück nach Deutschland, um das Filmmaterial abends noch senden zu können.

 Eine andere Sicht auf die Ereignisse hatte der heute in Bübingen lebende frühere Schuldirektor Philipp W. Fabry. Seit 1975 leitete er die deutsche Begegnungsschule in Teheran, mit 2000 Schülern die zweitgrößte deutsche Auslandsschule überhaupt. Der aus der Eifel stammende und seit 1967 im Saarland beheimatete Historiker ahnte sofort die weltgeschichtliche Dimension dieses Tages. In seinem 1983 erschienenem Buch „Zwischen Schah und Ayatollah“ verglich er das Ereignis mit der islamischen Eroberung Persiens 642. Nur kam der Eroberer 1979 nicht auf einem Kamel, sondern in einer Boeing 747, made in USA; ein Land, das Khomeini als „Großer Satan“ geißelte.

Die Militärs rund um Ministerpräsident Shapur Bakhtiar hatten die Rückkehr Khomeinis nicht verhindern können. Sie konnten lediglich verhindern, dass die Rückkehr des schiitischen „Erlösers“ direkt vom iranischen Fernsehen übertragen wurde, welches stattdessen ein Standbild des Schahs sendete. Allerdings, so vermerkt Fabry, wäre es vielleicht sogar günstig gewesen wenn es direkte Bilder gegeben hätte, denn dann hätten Millionen Zeuge werden können, wie der Gottesmann Khomeini, nachdem ihm Anhänger versehentlich seinen schwarzen Turban vom Kopf geschlagen hatten und dadurch die „spiegelblanke Glatze Khomeinis“ sichtbar wurde, dieser im Zorn „mit der Hand auf die revolutionären Quälgeister einschlug“. Wahrlich keine erhabenen Bilder eines „Erlösers“, die Peter Scholl-Latour, der damals noch voll des Lobes für Khomeini und sein beginnendes Terrorregime war, wohl nicht gesendet hätte.

Schulleiter Philipp W. Fabry erhielt einige Tage später Besuch von selbsternannten Revolutionswächtern in seiner Schule. Diese zertrümmerten zuerst die Musikinstrumente des Schulorchesters. Dann verlangten sie die Trennung zwischen weiblichen und männlichen Schülern und Lehrern, bevor sie einige Monate später die gesamte Schule schlossen und das Inventar beschlagnahmten. Mit 300 nur deutschen Schülern - alle Iraner waren zwangsweise abgemeldet worden - eröffnete Fabry einige Wochen später eine deutsche Botschaftsschule, wo er von einem entlassenen iranischen Lehrer wegen Beleidigung Khomeinis denunziert wurde und vor ein Revolutionsgericht gestellt wurde.

Nur, weil er in weiser Vorausschau die 43 modernen Schulbusse vor den Revolutionswirren hatte in Sicherheit bringen können und durch den Verkauf dieser Busse Geld erwirtschaftete, mit dem er die entlassenen Lehrer und Angestellten der aufgelösten Schule abfinden konnte, konnte er vor dem Gericht Allahs einer schweren Strafe entgehen, berichtete Fabry 40 Jahre später in Bübingen.

Von 1983 bis 1986 war er dann Oberstudiendirektor des Rotenbühl-Gymnasiums in Saarbrücken. Es dauerte, bis Fabry nach seiner Pensionierung 1992 wieder den Iran bereisen konnte und dort auch journalistisch für die Deutsche Welle und die „FAZ“ tätig wurde. Dem Iran bleibt er bis heute verbunden. Kürzlich hat er sogar einen Thriller geschrieben, der dort spielt: „Diamantenjagd – auf der Suche nach den Kronjuwelen des Schah“.

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