Wie zu Jesu Zeiten

Beckingen. Einen Talar zu tragen ist für einen Pfarrer nichts Ungewöhnliches, Gummischuhe für einen Gottesdienst anzuziehen hingegen schon. Die brauchten gestern die Pfarrer Klaus Künhaupt und Jörg Winkler, während der Prädikant Frank Paqué, ein Laienprediger, barfuß blieb. Die evangelische Gemeinde Merzig lud zur Tauffeier wie zu Jesu Zeiten, zur "Taufe am Bach", ein

 Familie Lenz aus Merzig ließ sich am Wochenende von Frank Paqué im Mühlenbach von Beckingen-Erbringen taufen. Foto: Heike Theobald

Familie Lenz aus Merzig ließ sich am Wochenende von Frank Paqué im Mühlenbach von Beckingen-Erbringen taufen. Foto: Heike Theobald

Beckingen. Einen Talar zu tragen ist für einen Pfarrer nichts Ungewöhnliches, Gummischuhe für einen Gottesdienst anzuziehen hingegen schon. Die brauchten gestern die Pfarrer Klaus Künhaupt und Jörg Winkler, während der Prädikant Frank Paqué, ein Laienprediger, barfuß blieb. Die evangelische Gemeinde Merzig lud zur Tauffeier wie zu Jesu Zeiten, zur "Taufe am Bach", ein. 26 Menschen, darunter 20 Kinder und sechs Erwachsene, empfingen im Mühlenbach in Beckingen das Sakrament."Die Taufe ist das Sakrament zur Aufnahme in die Kirche. Damit wird der Mensch Mitglied der christlichen Gemeinschaft", erläuterte Künhaupt. Inspiriert von der etwas anderen Taufe in Hamburg, Darmstadt oder Duisburg, stellte sich die evangelische Kirchengemeinde Merzig die Frage, ob ein solches Fest auch in ihrem Seelsorgebezirk erfolgreich sein wird? Die Antwort: Ja. Der Mühlenbach in Erbringen, mitten im Haustadter Tal, erwies sich als geeigneter Ort. Die Einwohner, zu 95 Prozent katholisch, waren interessiert am lebendigen Gottesdienst und der Spende des Sakraments.

Die Umgebung rund um die "Erwinger Scheier", das Dorfgemeinschaftshaus des 1000-Seelen-Ortes, bot eine schöne Kulisse für den ungewöhnlichen Gottesdienst. In aufgelockerter Stimmung sprachen die Pfarrer über das Sakrament der Taufe und zeigten die Geschichte von Johannes und Petrus auf. "Das ist toll", so oder ähnlich lautete der Tenor. Für die Hauptakteure selbst war es ein besonderes Ereignis. Antje Klein aus Merzig wurde in der DDR geboren. Kirche wurde dort in der Öffentlichkeit eher totgeschwiegen. "Das Ganze war eben negativ behaftet", erklärte Klein. Wenngleich sie als Kind nicht getauft wurde, so habe sie sich jedoch vor allem in den vergangenen 15 Jahren mit dem Thema Kirche intensiv beschäftigt. "Man geht als Erwachsener anders mit dem Thema um, hinterfragt viel mehr", sagte sie. Nun habe sie sich den Grundstock gelegt und sei bereit, sich taufen zu lassen. "Es war ein langer Prozess, der jetzt mit der Taufe nicht aufhört", erklärte die 40-Jährige.

Ähnlich ging es Antje Lenz aus Merzig. Sie stammt ebenfalls aus Ostdeutschland, lebt seit 22 Jahren in den alten Bundesländern und hat vier Kinder. Als ihr Sohn Tom (9) in der Schule Religionsunterricht bekam, stellte er die Frage nach dem Sakrament der Taufe. Da weder sie noch eines ihrer Kinder getauft war, entschied die Familie, dass es an der Zeit war, sich das Sakrament spenden zu lassen. Für die Familie ist es zugleich der Eintritt in die evangelische Kirche. "Und die Taufe am Bach ist etwas ganz besonderes, eine schöne Idee", begründete Lenz ihre Entscheidung für die Feier in Erbringen.

Nach dem Glaubensbekenntnis luden die Geistlichen die Täuflinge ein, sich mitten im kühlen Bach in die Gemeinschaft Jesu aufnehmen zu lassen. Nach und nach traten sie vor, um ihr Bekenntnis zum christlichen Glauben abzulegen. Mit dem Wasser aus dem Mühlenbach erhielten die Täuflinge die Zusage des Segens und der Liebe Gottes. Die Taufe ist neben dem Abendmahl das wichtigste Sakrament der evangelischen Kirche.

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