Wie viel bezahlt man für den Müll?Gebühr kommt Mülltrennern zugute

Merzig. Auf den ersten Blick steht tatsächlich eine Entlastung zu Buche: Die Mindest- oder Sockelgebühr, die jeder Merziger Haushalt pro Jahr für seine Müllabfuhr bezahlen muss, ist gesunken, und zwar von 84,92 Euro auf 72,48 Euro für die 120-Liter-Tonne. Möglich macht dies eine Herabsetzung der so genannten Mindestmenge von 113 auf 58 Kilo

 Beim Biomüll langt Merzig richtig hin. Fotos: Archiv

Beim Biomüll langt Merzig richtig hin. Fotos: Archiv

Merzig. Auf den ersten Blick steht tatsächlich eine Entlastung zu Buche: Die Mindest- oder Sockelgebühr, die jeder Merziger Haushalt pro Jahr für seine Müllabfuhr bezahlen muss, ist gesunken, und zwar von 84,92 Euro auf 72,48 Euro für die 120-Liter-Tonne. Möglich macht dies eine Herabsetzung der so genannten Mindestmenge von 113 auf 58 Kilo. Dazu muss man wissen: Die Sockelgebühr setzt sich zusammen aus einer fixen, mengenunabhängigen Grundgebühr, die zur Abdeckung der Fixkosten für die Abfallentsorgung verwendet wird. Dazu erläutert die Stadtverwaltung: "Fixkosten beinhalten den Anteil der Kosten für die Abfallentsorgung, der entsteht, ohne dass auch nur ein Gramm Müll anfällt, wie zum Beispiel Personalkosten, Kosten für die Beseitigung von wilden Müllablagerungen, Kosten der Abfallbehälter-Vermietung oder die Vorhaltung der Infrastruktur im Wertstoffzentrum."

Der zweite Bestandteil der Sockelgebühr ist eine mengenabhängige Mindestgewichtsgebühr. Für deren Berechnung spielt die Mindestmenge eine Rolle: Das ist die Menge Müll, von der die Stadt beziehungsweise der für die Abfallentsorgung zuständige Eigenbetrieb annimmt, dass jeder Haushalt sie in einem Jahr produziert. Diese Menge lag bisher bei 113 Kilo. Hierfür wurden je Kilo 30 Cent berechnet, so dass die Mindestgewichtsgebühr bisher 33,90 Euro betrug. Die Grundgebühr lag bislang bei 51,02 Euro, das ergibt zusammen den erwähnten Betrag von 84,92 Euro für die Sockelgebühr.

Obwohl die Mindestmenge durch den einstimmigen Beschluss des Merziger Stadtrates vom 15. Dezember deutlich, und zwar fast um die Hälfte, herabgesetzt wurde, fällt die monetäre Entlastung nicht ganz so stark aus: So sollte nach der beschlossenen Reduzierung um ganze 55 Kilo eigentlich ein Rückgang der Sockelgebühr von 16,50 Euro zu Buche stehen. Faktisch sind es allerdings 12,44 Euro.

Das hat zwei Gründe: Zum einen ist die fixe Grundgebühr in der neuen Abfallsatzung leicht angestiegen, und zwar von 51,02 Euro auf 51,60. Begründet wurde dies seitens der Verwaltung mit höheren Fixkosten. So ist zum Beispiel die angenommene Menge an Müll, der wild (also illegal) entsorgt worden ist und auf Kosten der Allgemeinheit beseitigt werden muss, deutlich höher angesetzt worden als bislang, statt 80 sind es nun 120 Tonnen.

Ein zweiter, für den Bürger wesentlich bedeutsamerer Grund: Auch die Gebühr, die er für jedes Kilo Müll zahlen muss, (die sogenannte Leistungsgebühr) ist gestiegen - statt 30 Cent werden nun 36 Cent pro Kilo berechnet - und das, obwohl die Merziger seit Einführung der Müllverwiegung deutlich weniger Müll produzieren (siehe Info). Die Verwaltung nennt hierfür mehrere Gründe: So müsse Merzig künftig mehr an Entsorgungskosten an den Entsorgungsverband Saar (EVS) zahlen.

In den EVS-Verbrennungsanlagen wird der Merziger Müll auch nach dem Ausstieg der Stadt aus dem Verband verbrannt - gegen Entgelt. Zum Zweiten werde das neue Wertstoffzentrum deutlich stärker in Anspruch genommen als angenommen. Richtig deftig steigen die Gebühren für all jene Haushalte, die eine grüne Biotonne besitzen. Hierfür zahlten sie bislang pauschal 40,56 Euro pro Jahr. In Zukunft werden dies 57,24 Euro sein.

Damit reagiert die Stadt darauf, dass beim EVS deutlich höhere Entsorgungskosten für den (bislang subventionierten) Biomüll erwartet werden. Auch in den Kommunen, in denen der EVS die Müllabfuhr erledigt, dürfte die Biotonne im kommenden Jahr spürbar teurer werden.

Auch wenn also verschiedenen "Stellschrauben" bei den Müllgebühren eher angezogen worden sind, steht für die Stadt fest: "Für die überwiegende Mehrheit der Bürger bedeutet das neue Merziger Gebührenmodell geringere Kosten für die Abfallentsorgung, als dies zu Zeiten der Mitgliedschaft im EVS der Fall war." Die SZ hat einmal nachgerechnet, ob dies tatsächlich so ist. Merzig. Die beschlossene Herabsetzung der Mindestmenge von 113 auf 58 Kilo Abfall kommt vor allem Einpersonen-Haushalten und konsequenten "Mülltrennern" zugute. Denn sie lagen mit ihrem Gesamtaufkommen an Abfall oft deutlich unter der bisher angenommenen Menge, zahlten also über die Sockelgebühr mehr, als sie eigentlich hätten zahlen müssen. Ein Jahr nach Einführung der Müllverwiegung hat sich gezeigt, dass die Pro-Kopf-Müllmenge in Merzig von 198 auf 108 Kilo heruntergegangen ist - das liegt sogar noch unter der bisher angenommenen Mindestmenge.

Gerechte Lösung

Die Merziger Bürger scheinen also sehr konsequent auf Müllvermeidung zu achten. Darum erscheint die Reduzierung der Mindestmenge nicht nur geboten, sondern auch die gerechtere Lösung zu sein. Was aber geschieht, wenn Haushalte die Mindestmenge überschreiten - was bei Familien mit mehreren Kindern oder insbesondere jungen Kindern (Windeln) in der Regel der Fall sein dürfte? Denn für sie schlägt die um immerhin 20 Prozent (von 30 auf 36 Cent) gestiegene Leistungsgebühr je Kilo Müll zu Buche.

SZ rechnet nach

Die SZ hat nachgerechnet: Um unter den bislang geltenden Mindestkosten von 84,92 Euro pro Jahr für die (kleine) 120-Liter-Tonne zu bleiben, darf ein Haushalt nicht mehr als 92 Kilo Restmüll zur Entsorgung bereitstellen - bislang konnte er für diesen "Preis" immerhin 113 Kilo entsorgen.

Und wer eine Biotonne besitzt, für den zehrt die hierfür beschlossene Gebührensteigerung von 16,68 Euro die Senkung der Sockelgebühr beim Restmüll um 12,44 Euro sogar komplett auf. Da ist es ein schwacher Trost, dass auch in den Gemeinden, die nicht eigenständig, sondern über den EVS den Abfall entsorgen lassen, die Gebühren für den Biomüll spürbar ansteigen werden.

Wie fällt nun der Vergleich des Merziger Gebührenmodells mit dem EVS aus? Vor Einführung eines neuen, mengenabhängigen Gebührensystems auch innerhalb des EVS lagen die Gebühren für den Restmüll verbandsweit (und damit auch in Merzig, das damals noch zum EVS gehörte) bei 179,04 Euro für die 120-Liter-Tonne. Unter diesem Betrag bleibt, wer pro Jahr nicht mehr als 354 Kilo Restmüll produziert - eine relativ stolze Menge. Insofern dürfte die Aussage der Stadt, dass die Merziger jetzt weniger zahlen als zu EVS-Zeiten, in der Tat zutreffend sein.

Auch der EVS hat seit Einführung des neuen Gebührenmodells eine Regelung für die Kommunen, die ihren Müll verwiegen - zum Beispiel Losheim am See. Im EVS-Modell lag die Basisgebühr (die der Merziger Sockelgebühr entspricht) bei 79,37 Euro im Jahr - 5,55 Euro unter dem Merziger Satz.

Mindestmenge ist enthalten

Allerdings war darin auch eine geringere Mindestabfallmenge enthalten, nämlich 95 Kilo (in Merzig bislang 113 Kilo). Und: Der "Kilopreis" lag beim EVS bei 31 Cent und damit um einen Cent höher als in Merzig. Beim Biomüll betrug die EVS-Gebühr 33,84 Euro, wobei eine jährliche Abfallmenge von 376 Kilo zugrunde gelegt wurde - jedes darüber hinausgehende Kilo berechnet der EVS mit neun Cent.

Anders als in Merzig gibt es im EVS-Gebührenmodell eine Verwiegung des Biomülls. Allerdings werden sich auch diese Gebührenstrukturen im EVS aller Voraussicht nach im kommenden Jahr verändern. "Für viele Bürger bedeuten die neuen Gebühren geringere Kosten."

Stadtverwaltung

Hintergrund

 Wird die Müllabfuhr in Merzig nun teurer oder günstiger?

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Die Stadt Merzig erledigt nach dem Ende 2009 beschlossenen Ausstieg aus dem Entsorgungsverband seit 1. Januar 2011 ihre Müllabfuhr in Eigenregie über einen städtischen Eigenbetrieb. Der Stadtrat hatte sich zudem dafür entschlossen, dass in Merzig mit Einführung der eigenverantwortlichen Müllabfuhr der Restabfall verwogen werden soll. Nach gut einem Jahr unter diesen neuen Bedingungen ist nach Angaben der Verwaltung die Restmüllmenge pro Kopf deutlich zurückgegangen - von 198 auf 108 Kilo. Nicht nur dies war für die Stadt Anlass, ihr Gebührenmodell zu ändern: Im Sommer 2011 gab es ein Gerichtsurteil, dass den Abfall-Eigenbetrieb der Stadt Völklingen dazu verpflichtete, sein Gebührensystem so anzupassen, dass stärkere Anreize zur Müllvermeidung geschaffen werden. Ein Völklinger Bürger hatte erfolgreich hierfür geklagt. Obwohl dieses Urteil eigentlich nur für den Bereich der Stadt Völklingen gilt (in dem es zudem keine Müllverwiegung, sondern das sogenannte Leerungssystem gibt), hatte es grundsätzliche Bedeutung: Auch der Entsorgungsverband Saar und andere Kommunen, die ihren Müll selbst entsorgen, hatten danach eine Überarbeitung ihrer Gebührensysteme angekündigt. cbe

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