Wie saarländisch ist der SR-Tatort?

Saarbrücken. Zwei Kommissare, die kein Wort saarländisch sprechen, kaum bekannte und vertraute Flecken des Landes, eine (vorerst) ausgemusterte ur-saarländische Kripo-Sekretärin (Alice Hoffmann) - das wird aus Sicht vieler saarländischer Anhänger der Krimi-Serie vom jüngsten Tatort des Saarländischen Rundfunks (SR) in Erinnerung bleiben

Saarbrücken. Zwei Kommissare, die kein Wort saarländisch sprechen, kaum bekannte und vertraute Flecken des Landes, eine (vorerst) ausgemusterte ur-saarländische Kripo-Sekretärin (Alice Hoffmann) - das wird aus Sicht vieler saarländischer Anhänger der Krimi-Serie vom jüngsten Tatort des Saarländischen Rundfunks (SR) in Erinnerung bleiben. In ihrem ersten Fall versuchten die neuen Kommissare Jens Stellbrink (Devid Striesow) und Lisa Marx (Elisabeth Brück) am Sonntagabend, die Entführer der kleinen Melinda dingfest zu machen. Neben der schauspielerischen Leistung der Darsteller und dem Drehbuch kritisierten viele Zuschauer einen fehlenden Saarland-Bezug. "Was war in diesem Tatort denn typisch saarländisch? Es fiel einmal das Wort ,schwenken', und einmal war kurz die Wilhelm-Heinrich-Brücke zu sehen. Fertig", schimpfte ein Saarbrücker Tatort-Fan im Internet.In einem ist sich auch die saarländische Politik einig: Die Aufmerksamkeit hätte stärker auf das Saarland gelenkt werden können. "In erster Linie ist der Tatort ein Krimi und als solcher soll er spannend unterhalten", sagte CDU-Fraktionschef Klaus Meiser. "Aber ich denke auch, dass es wünschenswert ist, eine Region positiv darzustellen." Als Beispiel führt er den Tatort aus Münster an. Dort werde die Stadt in einer unaufdringlichen Weise präsentiert. "Es war alles zu identifizieren, aber nicht ein Bundesland Saarland."

Enttäuscht zeigte sich Linken-Frontmann Rolf Linsler: "Ich habe schon viel bessere gesehen, auch von Saarbrücken. Man konnte nicht feststellen: Kommt das jetzt aus Saarbrücken, ja oder nein?" Sozialdemokrat Stefan Pauluhn wünscht sich zwar keine Rückkehr zu früheren SR-Tatorten. "Mir war der Tatort früher mit Palü etwas zu saarländisch überzeichnet", gesteht er. Aber: "Das ein oder andere Mehr an positivem saarländischem Element hätte ich mir gestern Abend gewünscht. Denn wenn ich mir die Dienststelle der Polizei ansah, dann war das schon sehr morbid. Die saarländischen Polizeigebäude sehen anders aus. Es gibt auch schönere Villen und Landschaften, die man zeigen kann, als so ein zerfallener Spielplatz für Kinder." Inhaltliche Kritik an der Darstellung der Zusammenarbeit der Polizei an der deutsch-französischen Grenze übte die Grüne Simone Peter. Sie habe sich selbst schon davon überzeugen können, wie gut die gemeinsame Grenzkontrolle funktioniere.

Für den zuständigen SR-Redakteur Christian Bauer, der den Krimi seit vier Jahren betreut, ist die Debatte nicht neu. Er sagt: "Es ist nicht die erste Aufgabe des Tatorts, Werbung für das Saarland zu machen. Wir erzählen eine Geschichte und dabei gilt: Die Geschichte sucht sich ihre Orte." So sei im bereits fertig gedrehten SR-Tatort "Eine Handvoll Paradies", der im Frühjahr laufen soll, viel Landschaft zu sehen, "auch sehr schöne". Dem Eindruck, dass das Saarland nicht ausreichend gezeigt wird, widerspricht er. "Im Tatort Melinda ist das Saarland sehr präsent. Die Gulliver-Welt hatte eine Screen-Time von 15 Minuten." In einer der nächsten Folgen werde das Weltkulturerbe in Völklingen zu sehen sein. "Wir haben uns vom klassischen realistischen Tatort wegentwickelt", sagt SR-Mann Bauer. "Manchmal ist eine Frischzellenkur für den Tatort auch nicht schlecht."

Derweil freut sich die saarländische Tourismuszentrale über die hohe Aufmerksamkeit, die der SR-Tatort ausgelöst hat. 9,05 Millionen Zuschauer schalteten am Sonntag ein. Die schlechte Kritik - von Tatort-Fans wie überregionalen Zeitungen - habe auch etwas Gutes, findet die Leiterin Birgit Grauvogel: "Das ist Marketing pur, wenn in den Feuilletons so viel über den saarländischen Tatort berichtet wird." Gerade weil der Inhalt umstritten sei, werde über das Saarland viel geredet.

"Es ist nicht erste Aufgabe des Tatorts, Werbung für das Saarland zu machen."

SR-Redakteur Christian Bauer

Hintergrund

Der Saar-Tatort war seit dem Wochenende mit über einhundert Kommentaren das meistdiskutierte Thema auf der Facebook-Seite der Saarbrücker Zeitung. In den meisten Beiträgen wurde Kritik laut. Nutzerin Silvia G. schreibt: "Ist das peinlich . . .", und Jürgen Peter W. meint: "Charakter total überzeichnet bis irreal. Story sehr flach, Saarland fand nicht statt. Wirkte wie eine Persiflage. Vergeudete Fernsehzeit!" Nutzer Christian H. sieht noch Hoffnung: "Die Staatsanwältin ist eine einzige Katastrophe, Kommissarin gut, Kommissar ausbaufähig". Valerie H. ist eine der wenigen, die sich positiv äußerten: "Bisschen irre, aber gut". kme

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