Serie zu Blackout-Folgen im Saarland Teil 3 Wie ein möglicher Blackout als Politikum und Geschäftsmodell genutzt wird

Serie | Saarbrücken/Neuforweiler · Im Saarland fand im März eine Blackout-Übung von Bundeswehr, Landesregierung und Behörden statt. Konkrete Ergebnisse wurden der Öffentlichkeit bis heute nicht mitgeteilt. In einer kleinen Serie versuchen wir, Licht ins Dunkel eines möglichen Blackouts und seiner Folgen zu bringen. Dritter Teil: der Blackout als Politikum und Geschäftsmodell.

Wie CDU, CSU oder AfD Blackout-Angst für Tagespolitik nutzen
Foto: dpa/Julian Stratenschulte

Im dritten Teil unserer Serie zu möglichen Blackout-Folgen im Saarland erklärt unser Experte Peter Erlhofer aus Neuforweiler, 67, Oberstleutnant der Bundeswehr außer Dienst (Sein Buch „Blackbox Blackout“ erscheint in diesen Tagen im Saarbrücker Geistkirch-Verlag), wie sich Politik und Unternehmen die Angst vor einem Blackout zunutze machen. „Blackout? Nicht bei uns! sagen die einen. Doch! sagen die Experten und halten dieses Szenario für eines der wahrscheinlichsten Katastrophenszenarien. Insider diskutieren nicht, ob er kommt. Sie können allerdings nicht sagen, wann es passieren wird. Ist der Blackout nur eine Glaubensfrage?“, fragt Erlhofer im Gespräch mit der Saarbrücker Zeitung. Lange Zeit sei das Thema in der Öffentlichkeit nicht präsent gewesen. Aus Politik und Energiewirtschaft seien nur positive Meldungen gekommen. „Wir durften erfahren, wie erfolgreich die Energiewende verläuft, wie sicher unsere Stromversorgung ist: heute, morgen, übermorgen“, sagt der Fachmann. Diese Kommunikations-Inhalte hätten den Eindruck erweckt, ein Stromausfall als Beginn eines Blackouts sei nur etwas für finstere Zukunfts-Romane, wie den von Marc Elsberg („Blackout – Morgen ist es zu spät“).

Gesellschaftliches Risikobewusstsein 2010 kaum vorhanden

Erstaunlich sei, was sich im Hintergrund abgespielt habe, erklärt Erlhofer. Bereits im November 2004 hätten sich Experten mit dem Thema „Winterliche Extremwetterlage mit großflächigem Stromausfall“ beschäftigt. Bei der ersten dreitägigen länder- und ressortübergreifenden Krisenmanagement-Übung (Lükex) stand demnach dieses Thema im Mittelpunkt. „Das Übungsthema ‚Stromausfall’ war in Anlehnung an den Orkan ‚Lothar’ gewählt worden, der 1999 in der Schweiz zu einem mehrtägigen Stromausfall geführt hatte“, berichtet der Autor des aktuellen Sachbuchs. Nach der Übung sei ein dicker Ordner entstanden, das „Handbuch Krisenkommunikation“. „Dieses Grundlagenwerk blieb und bleibt aber außerhalb von Fachkreisen nahezu unbeachtet“, beklagt Erlhofer.

 Der Blackout-Experte Peter Erlhofer, 67, aus Neuforweiler, hat als ehemaliger Bundeswehr-Oberstleutnant bei Übungen und Auslandseinsätzen viele Erfahrungen zu seinem Thema gesammelt.

Der Blackout-Experte Peter Erlhofer, 67, aus Neuforweiler, hat als ehemaliger Bundeswehr-Oberstleutnant bei Übungen und Auslandseinsätzen viele Erfahrungen zu seinem Thema gesammelt.

Foto: Peter Erlhofer

Ein Jahr später sei der „Stromausfall in Deutschland“ ein Kapitel im Grünbuch des Zukunftsforums Öffentliche Sicherheit (Zoes) geworden. Darin stehe „das Szenario ‚Stromausfall’ ist ein Schlüsselszenario“. Mögliche Folgen würden ausführlich beschrieben. Wieder müsse heute festgestellt werden, dass außerhalb von interessierten Fachkreisen die Ergebnisse unbeachtet geblieben seien, betont der Experte aus Neuforweiler. Im Jahr 2008 sei das Büro für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB) beauftragt worden, die Folgen eines großflächigen und langandauernden Stromausfalls systematisch zu analysieren. Der im November 2010 vorgelegte Endbericht beschreibe, wie verletzbar Informationstechnik und Telekommunikation, Transport und Verkehr, Energieversorgung und das Gesundheitswesen seien und warne: „Trotz dieses Gefahren- und Katastrophenpotenzials ist ein diesbezügliches gesellschaftliches Risikobewusstsein nur in Ansätzen vorhanden.“ Dabei beziehe sich der Bericht in erster Linie auf terroristische Anschläge, Naturkatastrophen oder besonders schwere Unglücksfälle.

„Plötzlich ist der ‚Blackout’ allgegenwärtig“

Das Sachbuch von Peter Erlhofer, „Blackobox Blackout. Fragen zur Komplexität von Stromausfällen - Wege zur Resilienz“ erscheint in diesen Tagen im Saarbrücker Geistkirch-Verlag.

Das Sachbuch von Peter Erlhofer, „Blackobox Blackout. Fragen zur Komplexität von Stromausfällen - Wege zur Resilienz“ erscheint in diesen Tagen im Saarbrücker Geistkirch-Verlag.

Foto: Geistkirch Verlag

In den folgenden Jahren erschienen nach Erlhofers Angaben weitere Studien. „Die Öffentlichkeit wurde nicht informiert. Blackout war kein Thema“, stellt Erlhofer fest. Das habe sich mit dem Krieg in der Ukraine, konkret mit den Folgen für die Gasversorgung, schlagartig geändert. „Plötzlich ist der ‚Blackout’ allgegenwärtig. Die Medien überschlagen sich mit Warnungen und Ratschlägen zum Umgang mit dieser ‚Mutter aller Katastrophen’“, sieht der Experte ein rasant gewachsenes Interesse der Öffentlichkeit. Nicht nur im Internet, sondern auch in den öffentlich-rechtlichen Medien werde so berichtet, als stünde dieses unwahrscheinliche Katastrophenszenario unmittelbar bevor. „Allen sollte schlagartig klar werden: Wenn Russland alle Energiehähne zudreht, wird es nicht nur eng und kalt, sondern vor allem teuer“, beschreibt Erlhofer die Entwicklungen der vergangenen 14 Monate. „Der Ausweg aus der Abhängigkeit Deutschlands von Energieimporten, nicht nur aus Russland, könnte eine erfolgreiche Energiewende sein“, meint der Fachmann. Das Eingeständnis, dass in der Vergangenheit zu wenig gegen die Abhängigkeit einerseits und für die Energiewende andererseits getan wurde, wäre ehrlich. „Leider muss man feststellen, dass die politische Diskussion weder ehrlich, noch sachlich, noch informativ ist. Es geht um Angst und Interessen“, warnt Erlhofer vor einer emotional geführten Debatte.

Politiker verwendeten den Begriff Blackout, ohne sich um die Definition zu kümmern. So reihten sich heute Vertreter der Opposition in eine lange Reihe von Befürwortern der Atomenergie ein. Bereits am 27. Februar 1975 hatte der damalige baden-württembergische Ministerpräsident Hans Filbinger (CDU) das Schreckens-Szenario gezeichnet, dass in Deutschland „die Lichter ausgehen“, wenn die Atomenergie nicht ausgebaut oder beibehalten werde. Alternativ müssten Kohlekraftwerke oder Braunkohletagebaue vor dem Aus bewahrt werden, um eine Katastrophe zu verhindern, so Filbinger damals. Anfang September 2022 warnte der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz vor einem Blackout. In der „Bild am Sonntag“ habe Merz seine Befürchtung konkretisiert, dass im Herbst und Winter in ganz Deutschland Licht und Heizung ausfallen könnten. „Es droht eine totale Überlastung des Stromnetzes im Herbst und Winter und eine Unterversorgung mit Strom.“ Das könne laut Merz nur so verhindert werden: Die Atomkraftwerke müssten länger laufen, schildert Erlhofer die Argumentationslinien des Atomenergie-Freundes Merz, der zur Haltung der ehemaligen CDU-Kanzlerin Angela Merkel auf Distanz ging.

Guido Knott, Vorsitzender des Energiekonzerns PreussenElektra (l.) spricht mit Carsten Müller, Leiter des AKW Isar 2, vor dem Kühlturm des Kernkraftwerks Isar 2 am Tag der Abschaltung am 15. April 2023. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatte sich vehement für einen Weiterbetrieb ausgesprochen. Auch mit Verweis auf mögliche Blackout-Gefahren.

Guido Knott, Vorsitzender des Energiekonzerns PreussenElektra (l.) spricht mit Carsten Müller, Leiter des AKW Isar 2, vor dem Kühlturm des Kernkraftwerks Isar 2 am Tag der Abschaltung am 15. April 2023. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatte sich vehement für einen Weiterbetrieb ausgesprochen. Auch mit Verweis auf mögliche Blackout-Gefahren.

Foto: dpa/Armin Weigel

Auch Markus Söder (CSU) will mit Atomenergie Blackout verhindern

Zur gleichen Zeit habe der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebunds, Gerd Landsberg, wieder mal in einem Springer-Medium, diesmal in der „Welt am Sonntag“, eine bessere Vorbereitung auf Krisensituationen gefordert. Mit dem Hinweis: „Die Gefahr eines Blackouts ist gegeben.“ „Habeck und die Ampel riskieren bewusst einen Blackout“, schlug der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) gegenüber der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ in die gleiche Kerbe. Söder verlangte demnach ebenfalls eine Verlängerung der Atomenergie-Nutzung, „solange diese Energiekrise andauert, mindestens bis Mitte 2024“.

Und auch bei den Nachbarn werde an der Legende vom Blackout durch die Energiekrise gestrickt, sagt Erlhofer: Die konservative österreichische Verteidigungsministerin Klaudia Tanner warnte demnach am 27. Dezember 2022 in einem „Welt“-Interview, die Wahrscheinlichkeit, dass ein Blackout in Teilen der EU in naher Zukunft eintrete, sei „sehr groß“ und fragte: „Wussten Sie, dass ein Drittel der Bürgerinnen und Bürger spätestens am vierten Tag eines Stromausfalls nicht mehr in Lage wäre, sich selbst zu versorgen?“ Dieses Interview sei in Zusammenhang zu sehen mit Forderungen nach mehr Geld für das österreichische Bundesheer, das die Ministerin krisenfest und zu einem modernen Heer machen will.

 Unser Karikaturist hat die Begeisterung des bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU) für die Atomkraft so eingefangen.

Unser Karikaturist hat die Begeisterung des bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU) für die Atomkraft so eingefangen.

Foto: Harm Bengen

Auch auf Rechtsaußen nutzt man das Thema

„Das Thema Blackout dient hier bestimmten politischen Interessen! Den einen geht es um den Weiterbetrieb der letzten drei Atomkraftwerke in Deutschland, den anderen dient der Blackout als Ablenkungsmanöver von Versäumnissen im Kampf gegen den menschengemachten Klimawandel“, meint Erlhofer. Blackout-Szenarien würden als „alternative Katastrophe“ genutzt, die angeblich keinen Raum für andere Risiken lasse. Dabei werde gerne stark vereinfacht. Ein drohender Blackout soll schon bald das vorläufige Ende der Zivilisation einläuten laute die platte Formel. Auf Beweise warte man vergeblich. Storytelling sei auch Teil der Beeinflussung auf allen Ebenen. „Je plakativer, desto besser“, sagt Erlhofer. Im rechten Meinungs-Spektrum habe man beispielsweise den Slogan aus den 1970er Jahren wiederentdeckt: „Atomkraftgegner überwintern im Dunkeln mit kaltem Hintern“ (Der Verein Die Deutschen Konservativen in einem Werbebrief vom März 2023).

AfD lanciert eigene Internetseite www.blackoutmelder.info

„Nach Euro, Flüchtlingen und Corona wird der Blackout zum neuen Lieblingsthema der AfD. Alice Weidel warnte bereits im Dezember 2019 vor einem Zusammenhang zwischen Energiewende, Stromausfällen und dem 3. Weltkrieg“, erklärt Erlhofer. Auf Antrag der AfD habe der Bundestag am 28. September 2022 in einer Aktuellen Stunde die Frage des Abgeordneten Stephan Brandner (AfD) diskutiert: „Wie bewertet der Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz die Möglichkeit, dass es in Deutschland im kommenden Winter zu einem 'Blackout' kommen könnte, und welche konkreten Auswirkungen könnte ein 'Blackout' auf das Leben der Bürger hierzulande haben?“ Die AfD hatte außerdem eine eigene Internetseite www.blackoutmelder.info eingerichtet, auf der Nutzerinnen und Nutzer einen „Blackout“ melden könnten. Sie sei inzwischen nicht mehr aufrufbar. Wer dahinter steckte, habe man erst erfahren, wenn man ganz nach unten scrollte und/oder das Impressum gelesen hat. Bei genauerem Hinsehen sei aufgefallen: In vielen der „gemeldeten“ Fälle habe es offenbar nicht einmal einen nennenswerten Stromausfall gegeben, die Angaben seien schlicht falsch gewesen. „Immer wieder wird von angeblichen Geheimplänen berichtet. Immer geht es um Panikmache und politische Interessen“, warnt Erlhofer vor blindem Glauben in das, was im Internet stehe.

Passend dazu gebe es auch eine Broschüre zum Download. Darin heiße es: „Außerdem bekräftigen wir: Die Energiewendepolitik der Altparteien muss beendet werden. Die ,Energiewende` gefährdet die Versorgungssicherheit, schadet dem Wirtschaftsstandort Deutschland, macht uns von ausländischer Stromproduktion abhängig, gefährdet durch die Provokation eines Blackouts die öffentliche Sicherheit und Ordnung und damit schließlich auch das Leben von Menschen.“ Der thüringische AfD-Fraktionschef Björn Höcke und Nadine Hoffmann, Sprecherin der AfD-Fraktion in Thüringen für Umwelt, Natur- und Tierschutz und Jugendpolitik, stellten nach Erlhofers Angaben in einem „Blackout: Online-Dialog“ am 19. Januar 2022 Behauptungen auf, die einen Faktencheck nicht überstehen würden. So werde über einen Beinah-Blackout am 14. August 2021 berichtet. An diesem Tag sei es, so der Netzbetreiber Amprion, zu einem Einsatz von Regelreserve, „konzeptgemäß als Teil des Werkzeugkastens der Systemführung“ gekommen. Aus Sicht des Netzbetreibers habe es „keine Anomalie“ gegeben. „Aus AfD-Sicht sind wir knapp der Apokalypse entkommen“, so Erlhofer.

Verkauf von Notstromaggregaten via Telegram-Panikmache

Vor allem auf ihren Telegram-Kanälen nutzten bekannte Verschwörungsgläubige wie Michael Wendler (Schlagersänger) und Eva Herman (frühere Tagesschau-Sprecherin und ARD-Moderatorin) einen angeblich bevorstehenden Blackout, um für Produkte des rechten Kopp-Verlags zu werben. Das Rezept dabei sei: Erst werde Angst vor apokalyptischen Katastrophen und angeblichen Geheimplänen der Regierung geschürt, dann würden neben entsprechenden Büchern auch Survival-Zubehör wie Notstromaggregate, vorbereitete Lebensmittelpakete und Selbstschutzartikel als unbedingt notwendige Anschaffungen angeboten. „Geld verdienen ist grundsätzlich nicht verwerflich. Wenn aber Angst gemacht wird, um dann zu vorsorglichen Anschaffungen zu animieren, die hohe Kosten verursachen wie Elektroheizöfen oder Notstromaggregate und häufig nicht wirklich sinnvoll sind, ist das heimtückisch“, kritisiert der Experte aus Neuforweiler. Es lohne sich, auf den Rat von Fachleuten zu hören, den tatsächlichen Bedarf zu ermitteln und Preis-Leistungs-Vergleiche anzustellen.

Besonders plakativ würden in den sozialen Medien (vor allem bei TikTok) und auf einschlägigen Seiten bekannte und unbekannte Verschwörungsgläubige wie Eva Herman, Oliver Janich, Michael Wendler, Stefan Schubert oder Andreas Popp die Trommel rühren. „Es werden Gründe genannt, die garantiert zum Blackout führen: die Energiewende, der Atomausstieg, eine Energielücke – also zu wenig Stromerzeugung, der Krieg in der Ukraine.“ Die Teilhabe an „geheimem Wissen“ werde versprochen. Neben den genannten Influencern, die gleichzeitig Produkte des Kopp-Verlags anpriesen (Powerstationen, Nahrungsersatzprodukte und Selbstschutzartikel), habe das politische Monatsmagazin Compact Magazin (Chefredakteur: Jürgen Elsässer) im April 2022 eine Schwerpunktausgabe zum Blackout herausgebracht, in der prorussische Positionen, Hetze gegen die Grünen und Best-Practice-Tipps für ein autarkes Leben wild durcheinander gewürfelt würden.

Geheimniskrämerei ist Wasser auf die Mühlen der Verschwörungstheoretiker

„Das Ziel ist es, Stimmung gegen Erneuerbare Energien und den Staat im Allgemeinen zu machen“, warnt Erlhofer eindringlich vor der Gefahr, die von dieser Seite ausgehe. Mit der Androhung apokalyptischer Katastrophen erzeuge man einerseits Angst, andererseits überhöht man die eigene „Wahrheit“, mache sie vor dem düsteren Hintergrund praktisch unangreifbar. Hier werde eine besondere Gefahr deutlich: Wenn auf der einen Seite Politiker oder Verantwortliche der Energiewirtschaft immer wieder betonten, dass Deutschland im internationalen Vergleich eine sehr hohe Versorgungssicherheit habe, irgendwann aber Situationen einträten, in denen tatsächlich oder scheinbar Geheimniskrämerei im Zusammenhang mit Stromausfällen betrieben werde (zum Beispiel fehlende öffentliche und nachvollziehbare Kommunikation über Störungen und Fehler), dann sei das Wasser auf die Mühlen der Verschwörungstheoretiker. „Wer vor diesem Hintergrund versucht, sachlich über ‚Blackout‘ zu reden und zu schreiben, setzt sich der Gefahr aus, mit dem Thema Blackout-Vorsorge in eine Ecke mit Verschwörungstheoretikern, Lobbyisten und Ideologen gestellt zu werden“, gibt Erlhofer zu bedenken.

Seit jeher hätten Menschen Techniken erlernt, um das eigene Leben in Krisenzeiten sicherer zu machen. Ziel sei die persönliche Notfallvorsorge für ein nicht klar definiertes, unvorhersehbares Schadensereignis. Daraus habe sich eine Bewegung entwickelt, die heute unter dem Begriff ‚Prepper‘ zusammengefasst werde. Ernsthafte Prepper bereiteten sich auf jede Katastrophe vor, die jederzeit über sie hereinbrechen könne. Der Begriff leite sich vom englischen „to be prepared“ (vorbereitet sein) ab. Aus den Wurzeln einer Survival-Szene in den USA habe sich nach Erlhofers Angaben eine milliardenschwere Industrie mit Läden, eigenen Messen, länderübergreifenden Internetforen und -gruppen entwickelt. „Dank guter Vermarktung und hoher Medienpräsenz schwappte das Phänomen ‚Prepping‘ schließlich auch nach Deutschland über“, erklärt der Fachmann.

Teile der Prepperszene bewaffnen sich auch

Teilen der Prepper-Szene genüge es nicht, Lebensmittelvorräte zu horten, eigene Unterkünfte zu bauen, Werkzeuge und schließlich auch Waffen zu lagern. Wieder müsse der Blackout herhalten, diesmal mit der Befürchtung, er könne zum Zusammenbruch der gesellschaftlichen Ordnung führen. Dagegen wolle man sich wappnen. Der Soziologe Matthias Quent, Gründer und Chef des Instituts für Demokratie und Zivilgesellschaft, befürchte, es bestehe die Gefahr, dass einzelne Reichsbürger, Prepper oder rechtsradikale Untergangs-Paranoiker eines Tages eskalieren und Aktionen lancieren, um den prognostizierten Ernstfall durch Gewalttaten selbst herbeizuführen.

(Im nächsten Teil beschäftigen wir uns mit der Frage, wem wir glauben können, und wie gute Risikokommunikation funktioniert)

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