Familie Wie babyfreundlich ist das Saarland?

Saarbrücken · Erstmals seit Jahren werden im Saarland wieder mehr Kinder geboren. Doch gibt es auch genug Wickel- und Stillmöglichkeiten im Land?

 Wohin, wenn die Windel voll ist? Genug Wickelräume scheint es im Saarland zu geben.

Wohin, wenn die Windel voll ist? Genug Wickelräume scheint es im Saarland zu geben.

Foto: dpa/Emily Wabitsch

Jahrelang hatte das Saarland mit einer zurückgehenden Geburtenrate zu kämpfen, doch das Blatt hat sich inzwischen gewendet: Im Jahr 2016 konnten erstmals seit 2001 wieder mehr Geburten im kleinsten Flächenbundesland der Republik verzeichnet werden. Im Saarland wurden mit 8215 Kindern 704 Babys mehr geboren als noch im Jahr davor. Das Gesundheitsministerium wirbt mit dem Slogan „Saarland – Familienland“ und hält ein breites Informationsangebot für werdende Eltern bereit. Wie babyfreundlich das Saarland aber wirklich ist, weiß selbst das saarländische Gesundheitsministerium nicht.

Die Initiative „Babyfreundlich“ der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und von Unicef zeichnet seit 1992 Krankenhäuser mit einem gleichnamigen Zertifikat aus und bestätigt damit, dass bestimmte Kriterien, die für Eltern und Kind vor, während und nach der Geburt wichtig und notwendig sind, erfüllt werden. Im Saarland wurde bislang noch keine Klinik mit dem Qualitätssiegel „Babyfreundlich“ ausgezeichnet. „Über die Qualität der saarländischen Kliniken können wir natürlich nicht urteilen. Es bedeutet einfach nur, dass sie nicht-zertifiziert babyfreundlich sind“, gibt Christina Schmidt, Mitarbeiterin der Initiative, zu bedenken.

Das Frauenbüro der Stadt Saarbrücken spricht sich dagegen zumindest für den Stadtverband positiv aus: „Die Stadt Saarbrücken ist sehr daran interessiert, das Leben hier babyfreundlich zu gestalten. Es wird alles getan, was in unserer Macht steht“, so die stellvertretende Frauenbeauftragte, Nicole Leber. Gemeinsam mit dem Saarländischen Hebammenverband haben sie einen Wegweiser zu Rückzugsorten, Stillzimmern und Wickeltischen in der Saarbrücker Innenstadt zusammengestellt.

Der Hebammenverband sieht im Saarland keine Probleme. „Das Saarland kann man auf jeden Fall als babyfreundlich bezeichnen. Es gibt immerhin unheimlich viele Kursangebote für Eltern mit kleinen Kindern“, sagt Anne Wiesen, Erste Vorsitzende des Verbandes. Besonders die Landeshauptstadt sieht Wiesen mit Wickeltischen und Rückzugsorten für stillende Frauen als gut ausgestattet. Allerdings sehe die Situation in Saarlouis für junge Eltern mit Babys nicht ganz so gut aus, sagt die Vorsitzende. Trotzdem sieht Wiesen dort und in anderen Regionen kein Problem. „Wir haben im Saarland ja kurze Wege. Wenn man mal um die Ecke zum Supermarkt muss, ist man auch schnell wieder zurück“, erklärt Wiesen. Auch verweist die Vorsitzende auf das 2007 eingeführte Projekt „Frühe Hilfen“ vom saarländischen Gesundheitsministerium: „Wir waren das erste Bundesland, dass Eltern eine Unterstützung auch nach der dreimonatigen Hebammen-Nachsorge anbieten konnte.“ „Frühe Hilfen“ richtet sich an Eltern im ersten Jahr nach der Geburt und bietet Hilfe, Beratung und Kurse an.

Auch Julia Afgan, Vorsitzende des Vereins La Leche Liga, einer Stillberatung, sieht das Saarland auf einem guten Weg zur Babyfreundlichkeit. „Mit Wickelmöglichkeiten ist das Saarland unheimlich gut ausgestattet. Da gibt es nichts zu beanstanden“, erzählt Afgan und beruft sich dabei auf Erfahrungsberichte von Müttern, mit denen sie zusammengearbeitet hat. Allerdings bemängelt sie die geringe Anzahl an Rückzugsorten in öffentlichen Einrichtungen, in denen Mütter ihre Kinder stillen können. „Viele Mütter sind beim Stillen auf die Toiletten oder Wickelräume angewiesen, was nun wirklich keine angemessene Umgebung zum Stillen ist. Man isst sein Butterbrot ja auch nicht auf dem Klo“, sagt Afgan. In diesem Bereich müsse sich dringend etwas ändern, findet die Stillberaterin.

Wickeltische und -räume sind allerdings laut dem Deutschen Hotel- und Gaststättenverband Saarland nicht selbstverständlich. Gastronomiebetriebe seien nicht dazu verpflichtet, solche Räumlichkeiten zur Verfügung zu stellen. Es sei lediglich eine Serviceleistung und eine nette Geste, so der Verband.

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