Wie aus einem Römer-Gott ein Indianer wurde

Wadgassen. Der ehrenamtliche Denkmalbeauftragte für die Gemeinde Wadgassen, Stefan Zender, ist so einer, der hier etwas liest und dort etwas, und das lässt ihm dann keine Ruhe. Bis er es aufklären kann. So war es mit dem römischen Gott Janus, der sich als Indianer herausstellte. Zender hatte schriftliche Hinweise von Fachleuten auf einen steinernen Römerkopf, vermutlich Gott Janus

Wadgassen. Der ehrenamtliche Denkmalbeauftragte für die Gemeinde Wadgassen, Stefan Zender, ist so einer, der hier etwas liest und dort etwas, und das lässt ihm dann keine Ruhe. Bis er es aufklären kann. So war es mit dem römischen Gott Janus, der sich als Indianer herausstellte. Zender hatte schriftliche Hinweise von Fachleuten auf einen steinernen Römerkopf, vermutlich Gott Janus. Eingemauert am alten Friedhof in Differten. Die Hinweisgeber, Fachleute, sind längst gestorben.

Ein Hinweis besagte: Ein früherer Bürgermeister von Wadgassen habe den Stein an sich genommen, als die Mauer abgerissen wurde, und ihn nach seiner Pensionierung in der heimischen Gartenmauer in Merzig-Fitten eingebaut. Das war die Spur. Zender machte den Sohn des 1975 Verstorbenen ausfindig. Der erzählte: Seinem Vater, dem Bürgermeister, sei seinerzeit berichtet worden, der Stein stamme aus den abgerissenen Gebäuden der Abtei Wadgassen. Von dort seien viele Steine in den umliegenden Dörfern verbaut worden.

Der Sohn aber war inzwischen aus Fitten verzogen. Zender suchte dennoch das Haus auf. Vielleicht war der Kopf ja noch da. Zender: "Die neuen Hauseigentümer zeigten sich sehr freundlich und kooperativ. Der gesuchte Stein ist noch da, in gutem Zustand und mittlerweile, vor Wind und Wetter geschützt, in der Seitenwand des Wintergartens eingemauert. Er ist aus Sandstein und 27 Zentimeter breit und 33 Zentimeter hoch." Römisch aber war er nicht, und Janus sowieso nicht, weil Janus zwei Gesichter hat, der Fittener Kopf aber nur einen. Zender schickte Fotos zum Landesdenkmalamt. Das befand: Ein barockes Bildwerk, das wohl als Fensterschlussstein mutmaßlich ein Abteigebäude in Wadgassen geschmückt hat. Der Stein passt gut in die Zeit zwischen 1719 und 1729, weil damals die Konventsgebäude, von denen er stammen könnte, nach Einsturz erneuert wurden.

Ähnliche Köpfe gibt's in Mettlach, an einer Fassade des Klosters. Sie datieren zwischen 1730 und 1750 und entstanden unter dem prominenten Baumeister Christian Kretzschmar als Werkmeister und wohl auch mitschaffendem Steinmetz. Kretzschmar war zuvor mindestens seit 1726 an der Abtei Wadgassen einfacher Steinhauer. Der Federkrone auf dem Kopf nach zu urteilen, könnte bei dem barocken Fittener Stück eine Allegorie (Personifikation) des Erdteils Amerika dargestellt sein. Da derartige Personifikationen - ganz gleich, ob es sich um Musen, Künste, Tugenden, Jahreszeiten oder eben Erdteile handelt - fast immer weiblich sind, der Fittener Stein jedoch mit großer Wahrscheinlichkeit einen Männerkopf zeigt, könnte es sich auch um einen Wilden Mann, einen Krieger, handeln. Solche Erdteil-Allegorien waren im Barock recht beliebt und schmückten Schlösser, Klöster und Gärten. In religiösem Zusammenhang sollten sie Zeugnis ablegen von der Universalität von Glauben und Kirche und wohl auch von erfolgreicher Missionsarbeit.

Aus Kloster Wadgassen

"Der Bildstein mit dem markanten Kopf stammt also wohl vom Kloster Wadgassen", fasst Zender zusammen, "wurde zu einem unbekannten Zeitpunkt offenbar in der Mauer oder dem Treppenaufgang des alten Differter Friedhofs verbaut und kam in den Besitz des früheren Wadgasser Amtsvorstehers Paul Becker, der ihn nach Fitten brachte. Der Stein stellt wahrscheinlich einen Wilden Mann dar, den wir anhand seiner Federkrone wohl als Indianer bezeichnen dürfen."

Rätsel gelöst - aber eins lässt Zender keine Ruhe: Sollten sich die Experten, die einst auf den Kopf in Differten als römisch hinwiesen, wirklich so geirrt haben? Oder gibt es noch einen zweiten Kopf? Zender jedenfalls freut sich über Hinweise aus der Bevölkerung, die den "Indianer" oder den "Gott Janus" betreffen.

 Der Differter Kopf: Kein römischer Janus, sondern wohl ein Indianer. Foto: SZ/Zender

Der Differter Kopf: Kein römischer Janus, sondern wohl ein Indianer. Foto: SZ/Zender

 Der barocke Kopf aus Mettlach symbolisiert Amerika. Foto: SZ/Landesdenkmalamt

Der barocke Kopf aus Mettlach symbolisiert Amerika. Foto: SZ/Landesdenkmalamt

 Der Differter Kopf: kein römischer Janus, sondern wohl ein Indianer. Foto: SZ/Zender

Der Differter Kopf: kein römischer Janus, sondern wohl ein Indianer. Foto: SZ/Zender

Kontakt: Stefan Zender, Telefon (0 68 34) 6 19 35.

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