Widerstand gegen die Popcorn-Rendite

Saarbrücken. Ein ausgerollter Zelluloidfilm als Girlande, Waldemar Spallek im schwarzen Anzug und Ingrid Kraus im grünen Glitzerdress: Zur Jubiläumsfeier hatte sich das Kino Achteinhalb einschließlich der Vorsitzenden des Trägervereins in Schale geworfen. Mit Festreden und anschließender Party im benachbarten Veranstaltungsraum N.N

Saarbrücken. Ein ausgerollter Zelluloidfilm als Girlande, Waldemar Spallek im schwarzen Anzug und Ingrid Kraus im grünen Glitzerdress: Zur Jubiläumsfeier hatte sich das Kino Achteinhalb einschließlich der Vorsitzenden des Trägervereins in Schale geworfen. Mit Festreden und anschließender Party im benachbarten Veranstaltungsraum N.N. wurde am Donnerstagabend der runde Geburtstag des Kino Achteinhalb gefeiert, das begeisterte Cineasten vor 20 Jahren in einem ehemaligen Pferdestall im heutigen Kultur- und Werkhof Nauwieser 19 einrichteten. Eigenhändig verlegten sie den Fußboden, strichen Wände, kümmerten sich um die Einrichtung und verwirklichten ihre Idee von einem Kino, das mehr ist als ein Ort für Filmkonsum. "Am Kern dieser Idee ändert auch die Digitalisierung nichts", sagte Waldemar Spallek, der die Gäste gemeinsam mit Ingrid Kraus begrüßte - streng nach Protokoll, denn neben Kooperationspartnern, Sponsoren und Freunden waren auch viele Vertreter aus Politik und Verwaltung gekommen. An die Ursprünge des Kinos Achteinhalb erinnerte Susanne Reichrath, Beauftragte für kulturelle Angelegenheiten in der Staatskanzlei. Sie hob besonders das "Engagement für das Kinder- und Jugendkino" hervor und bescheinigte dem Achteinhalb, sich "den Charme des Studentenkinos, des kleinen Kinos im Viertel" bewahrt zu haben. Gerd Bauer, Direktor der Landesmedienanstalt Saarland, bezeichnete das Kino Achteinhalb als "Ort des gesellschaftlichen Diskurses". Das Kino sei wegen Finanzierungsengpässen zwar häufig von Zukunftsängsten heimgesucht gewesen, habe dank des enormen Durchhaltevermögens seiner Betreiber jedoch auch widrigen Umständen erfolgreich getrotzt. Deshalb werde die Landesmedienanstalt das Kino Achteinhalb "im Rahmen ihrer Möglichkeiten" auch weiterhin finanziell unterstützen. Auch Oberbürgermeisterin Charlotte Britz betonte, dass beim Kino Achteinhalb trotz der schwierigen Haushaltssituation nicht gespart werden dürfe, da es - wie andere kulturelle und soziale Projekte auch - "ein Gewinn für diese Stadt" sei. "Ich würde mir wünschen, dass wir mehr solcher innovativer Projekte hätten", sagte Britz mit Blick auf den Kultur- und Werkhof Nauwieser 19, zu dem das Kino Achteinhalb gehört. Finanziert wurde die Umgestaltung des einst leer stehenden Gebäudekomplexes von Bürgern, betonte Britz, die dem Trägerverein damals selbst ihr erstes Erspartes als Darlehen anvertraute. "Ein Kino, das sich seiner selbst bewusst ist, hat heute Seltenheitswert", konstatierte Claude Bertemes von der Cinemathek der Stadt Luxemburg. Weit davon entfernt, in "filmhistorischer Nostalgie" zu schwelgen, habe sich das Achteinhalb "filmpolitisch positioniert", anstatt sich - wie es bei großen Multiplexen der Fall sei - auf die "Popkorn-Rendite" zu konzentrieren. Kaum waren die Festreden zu Ende, gingen im Achteinhalb die Lichter aus und "Shadow of the vampire" lief über die Leinwand. Ein Film über das Filmemachen, was sonst.www.kinoachteinhalb.de

Auf einen BlickDemnächst im Kino Achteinhalb: 25. und 26. April, 20 Uhr: "Zwischenzeit", ein Film über die Anti-AKW- Bewegung im Wendland. 27. April, 20 Uhr: "Dekalog, Eins" von Krzysztof Kieslowski. Mit einer Einführung von Corina Strößner, Lehrstuhl für analytische Philosophie, Universität des Saarlandes. 28. April bis 3. Mai: "Tanzträume". Dazu liest Jens Scherer Texte von und über Pina Bausch.

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