Werkschau des Saarländers Fritz Berberich in Saarbrücken Das Leiden in Zeiten des Krieges

Saarbrücken · Die Galerie des Kulturzentrums am Eurobahnhof (KuBa) in Saarbrücken zeigt eine umfassende Werkschau des Saarländers Fritz Berberich.

 Christiane Kühr, Leihgeberin und Tochter von Fritz Berberich, in der Saarbrücker Ausstellung. Hinter ihr rechts das Triptychon der „Madonna hinter Stacheldraht“ aus dem Jahr 1956.

Christiane Kühr, Leihgeberin und Tochter von Fritz Berberich, in der Saarbrücker Ausstellung. Hinter ihr rechts das Triptychon der „Madonna hinter Stacheldraht“ aus dem Jahr 1956.

Foto: Iris Maria Maurer

Die Galerie des Kulturzentrums am Eurobahnhof (KuBa) mausert sich immer mehr zum Gedächtnis der saarländischen Kunst des 20. Jahrhunderts. Ganz bewusst sucht Kurator Andreas Bayer nach großen Künstlern, die ein wenig in Vergessenheit geraten sind. Nun ehrt das KuBa Fritz Berberich in einer großen Ausstellung, die Bayer gemeinsam mit Dirk Rausch konzipierte.

Berberich wurde 1909 in Schnappach geboren. Dort lebte auch der Maler Fritz Zolnhofer, der schnell das Talent des jungen Berberich erkannte und ihn förderte. 1933 studierte Berberich nach einer kaufmännischen Lehre an der Schule für Kunst und Kunstgewerbe, erst in der Abteilung für Gebrauchsgrafik, später dann bei Oskar Trepte. Nach der Schließung der Akademie durch die Nationalsozialisten vermittelte Zolnhofer seinen Zögling an die Münchner Kunstakademie zu Karl Caspar. Doch auch hier währt Berberichs Ausbildung nur kurz: Kaspar wird als „entartet“ diffamiert und entlassen. Berberich kehrte nach Schnappach zurück und arbeitete bis zu seinem Tod im Jahr 1990 als freier Künstler.

Prägend war für Berberich die Zeit des Zweiten Weltkrieges, die er als Soldat in Russland und Südfrankreich verbrachte. Im Süden malte er im mediterranen Licht intensiv in Aquarelltechnik Strände und Landschaften. Seine Auseinandersetzung mit dem Erlebten begann im Kriegsgefangenenlager, wo er auf Feldpostpapier religiöse Themen malte, die man politisch deuten muss. Tod, Trauer, Folter, Ausgeliefertsein und nackte Angst sind es, die den Menschen in Zeiten des Krieges umtreiben, aber auch die Hoffnung.

Verstörend und zugleich kraftvoll ist das Triptychon aus dem Jahr 1956, das in der Ausstellung an der Stirnseite des Raumes hängt. „Berberich verarbeitet hier, was er als Soldat erlebt hat“, so Kurator Bayer. Der Betrachter steht einer fast schon apokalyptischen Szenerie gegenüber. Im Zentrum malte der Künstler auf Leinwand in expressiven Farben ein Pietà-Bildnis mit der Muttergottes, die den sterbenden Christus in den Armen hält. Die Dornenkrone scheint sich über das ganze Bild auszubreiten und zum Stacheldraht zu werden. Auf der linken Seite kauert eine ausgemergelte Gestalt, auf der rechten Tafel erkennt man eine Madonna-mit-Kind-Darstellung, allerdings liegt das Baby tot in den Armen der Mutter.

Neben dem Triptychon „Madonna hinter Stacheldraht“ haben die Kuratoren eine Serie von Wachskreidezeichnungen der Passionsgeschichte gehängt. In leuchtenden Farben und mit emotionalem Strich abstrahierte Berberich den Leidensweg Christi. Zwei Aquarelle mit den Inhalten „Tod“ und „Auferstehung“ aus den Jahren 1944 und 1947 komplettieren den Themenbereich.

Das älteste Bild der Ausstellung schuf der Schnappacher Künstler 1934. Es ist ein dunkles Porträt der Schwester, das Berberich 1934 im Stil der Neuen Sachlichkeit malte. Daneben hängen Gemälde in fauvistischer Manier. Nachdem Berberich die Werke der Brücke-Maler kennenlernte, änderte sich sein Stil in der Münchner Zeit. Die Farben wurden immer kräftiger, er begann Gegenstände kubistisch zu zersplittern und später in geometrische Grundformen aufzuspalten. Kennzeichnend für seinen ganz eigenen Stil sind die Linien, die seine Bilder durchziehen und häufig von den Grenzen der Farbflächen formenübergreifend gebildet werden. Grandios der Holzschnittdruck vom „Lochwiesschacht II“ in der Ausstellung im Eurobahnhof. Vor fast zehn Jahren waren zuletzt Arbeiten Berberichs öffentlich zu sehen. Es wurde also Zeit für eine neue Einzelausstellung, die auch eine Neubewertung des Werkes ermöglicht. Insbesondere das Triptychon darf als eines der Hauptwerke angesehen werden und war bisher nur selten ausgestellt. In seiner Qualität gehört es eigentlich in die Sammlung des Saarlandmuseums.

  Das „Mädchen mit Blumen“ von 1947 wirkt fröhlich.

Das „Mädchen mit Blumen“ von 1947 wirkt fröhlich.

Foto: VG Kunst Bild, Bonn 2019

Ausstellung: Fritz Berberich. Malerei und Grafik, bis 27. Oktober 2019 in der Galerie des Kulturzentrums am Eurobahnhof Saarbrücken.

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