Werden die Pfarrbüchereien zu einem Auslaufmodell?

Kreis Saarlouis. "Natürlich müssen Pfarrbüchereien immer wieder neue Medien haben, sonst funktionieren sie nicht", sagt Michael Weyand vom Bischöflichen Generalvikariat in Trier. Und doch muss der Leiter des Bereichs "Kommunikation und Medien" durch den Sparplan des Bistums einen Weg finden, den Etat für Büchereiarbeit bis 2014 von 300 000 um 200 000 zu kürzen

 Wie in der Bücherei der Siersburger Pfarrei St. Martin werden die Lücken größer, wenn das Geld für neue Bücher fehlt. Foto: Rolf Ruppenthal

Wie in der Bücherei der Siersburger Pfarrei St. Martin werden die Lücken größer, wenn das Geld für neue Bücher fehlt. Foto: Rolf Ruppenthal

Kreis Saarlouis. "Natürlich müssen Pfarrbüchereien immer wieder neue Medien haben, sonst funktionieren sie nicht", sagt Michael Weyand vom Bischöflichen Generalvikariat in Trier. Und doch muss der Leiter des Bereichs "Kommunikation und Medien" durch den Sparplan des Bistums einen Weg finden, den Etat für Büchereiarbeit bis 2014 von 300 000 um 200 000 zu kürzen. Das trifft die rund 80 katholischen öffentlichen Büchereien (KÖB) im saarländischen Teil des Bistums an empfindlicher Stelle. "Wir haben ein Schreiben vom Bistum, dass zwei Drittel der Zuschüsse für Neuanschaffungen eingespart werden", sagt Gabi Gilcher, Leiterin der Bücherei der Elmer Pfarreien St. Josef und Maria Himmelfahrt. "Wenn das wirklich so kommt, können wir das nicht verschmerzen." Sie führt mit drei weiteren Ehrenamtlern eine mit 4000 Büchern, CDs und Kassetten im Vergleich kleine, aber mit an die 8000 Ausleihen im Jahr stark genutzte Bücherei. "Damit wir über unser enges Budget hinaus mehr bieten können, fahre ich regelmäßig zur Ergänzungsbücherei in Saarbrücken", berichtet Gilcher. "Wird die, wie geplant, auch noch geschlossen, wäre das für uns ein herber Einschnitt." Das steht laut Weyand allein wegen langfristiger Mietverträge vor 2012 nicht auf dem Plan, ist aber vorgesehen. Das Staatliche Büchereiamt, mit vergleichbarer Funktion, dass kleinere Bibliotheken zeitweilig ihr Sortiment aufstocken konnten, hatte das Land schon 2005 geschlossen und den Bestand von 200 000 Medien zu einem Euro das Stück verramscht. Auch Margret Stöhr, die in der Siersburger Bücherei von St. Martin fast 7000 Medien zur Ausleihe anbieten kann, ist geschockt. "Wir müssen Nachschub haben, eine verstaubte Bücherecke nutzt niemand", erklärt sie. "Für mich ist die Ergänzungsbücherei etwas ganz Tolles, weil ich so unseren Bestand aktuell halten kann." Auch wenn der Zuschuss vom Bistum pro KÖB meist nur einige hundert Euro im Jahr beträgt, verdreifache sich der Einschnitt, weil Pfarrei und Kommune ihre Zuschüsse meist am Bistum orientieren. KÖB bietet mehr als Ausleihe"Ich bin überzeugt, dass einige dadurch um die Existenz kämpfen", sagt Stöhr. "Das finde ich furchtbar, denn katholische Büchereien sind auch Begegnungsstätten, da passiert richtig was im Gemeindeleben. Das ist eine Anlaufstätte, die die Menschen brauchen."Gegenüber, auf der anderen Saarseite, ist die Lage in Beckingen doppelt schwer. "Wir mussten gerade unsere Räume aufgeben im Pius-Haus, weil die Kindertagesstätte erweitert wird", berichtet Maria Busch, die seit 16 Jahren ehrenamtlich für die Beckinger KÖB von St. Johannes und Paulus arbeitet. "Jetzt müssen wir einen Förderverein gründen, allein um die Miete zahlen zu können. Dabei reduzieren wir unsere Fläche schon von 150 auf 90 Quadratmeter. Aber die Pfarrei fährt ihre Zuschüsse auch zurück. Ohne das Entgegenkommen unseres Bürgermeisters hätten wir zumachen müssen." Dass sich die Bücherei dieses Jahr überhaupt einige neue Bücher leisten kann, sei einer Spende von Bürgermeister Erhard Seger zu verdanken. "Wir fühlen uns ganz schön gebeutelt", sagt Busch, die mit vier weiteren Helfern 1300 Stunden im Jahr ehrenamtlich leistet. "Wir setzen uns bei rund 9000 Ausleihen unserer 8000 Medien und Leseförderungsaktionen auch für das Gemeinwohl ein. Wer nicht lesen kann, kann sich auch nicht an den Computer setzen." Zusatzeinnahmen aus Flohmärkten und Buchverkaufsausstellungen haben diese drei wie die meisten Pfarrbüchereien schon erschlossen und verplant. Etwas Hoffnung macht Weyand: "Wir haben dem Bischof einen Gegenentwurf gemacht und wollen den Sparplan etwas abmildern." Zudem rechnet er damit, dass die Zuschüsse zumindest 2011 noch stabil bleiben könnten. > Seite B 2: Weiterer BerichtMeinung

Großer Nutzen, kleine Kosten

Von SZ-RedakteurHarald Knitter Für Leseförderung und Allgemeinbildung tun die Pfarrbüchereien viel, gerade in ländlichen Gebieten, wo es keine Stadtbibliothek gibt. Das mag dem Bistum egal sein. Es gibt ja Schulen. Der Kirche muss aber wichtig sein, ihren Platz im Alltag der Gesellschaft zu behalten. Nur jeder siebte oder achte Katholik geht in die Kirche. Da ist von unschätzbarem Wert, dass die Pfarrbüchereien eine Kontaktstelle von Welt und Religion sind: in Büchern und in Personen. Hier gewinnen die aktiven Christen Sympathien, hier können sie unprätentiös Vorbild sein. Das Bistum täte gut daran, seine Kosten-Nutzen-Rechnung zu überdenken: Bei Zuschüssen von derzeit nur 26 400 Euro für neue Bücher und Kosten der Ergänzungsbücherei in Saarbrücken von 20 500 investiert sie für jede der 52 000 Ehrenamtsstunden im Saarland 90 Cent. Günstiger kann sie ihre Basis in der Bevölkerung nicht stärken.

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