Wer hier lebt, hat (fast) alles vor Ort

Ein leises Surren ist an diesem Nachmittag vor dem Schlossberg in Hilbringen zu vernehmen. Ein Blick nach oben verrät den Ursprung: Eine Drohne schwebt über den Köpfen der versammelten Hilbringer, um das Foto für die SZ-Aktion „Unser Ort hat viele Gesichter“ zu schießen.

 Für das Gruppenbild aus ihrem Ort mussten die Hilbringer nach oben blicken: Sie wurden nämlich von einer Drohne fotografiert. Fotos: Rolf Ruppenthal

Für das Gruppenbild aus ihrem Ort mussten die Hilbringer nach oben blicken: Sie wurden nämlich von einer Drohne fotografiert. Fotos: Rolf Ruppenthal

 Der Hilbringer Ortsvorsteher Stefan Dorbach

Der Hilbringer Ortsvorsteher Stefan Dorbach

 Das Herrenhaus am Schlossberg ist ein Wahrzeichen von Hilbringen.

Das Herrenhaus am Schlossberg ist ein Wahrzeichen von Hilbringen.

Warum der Aufwand? Ganz einfach: Es gibt im Bereich der Kreuzung, an der das Schloss liegt, keine geeignete Position für den Fotografen, weshalb ein wenig mit Hightech nachgeholfen werden muss. Ortsvorsteher Stefan Dorbach (37), seit 2009 am Amt, weiß, während die Vorbereitungen für das Foto laufen, einiges über seinen Ort zu berichten. "Ein Merkmal von Hilbringen ist die hervorragende Infrastruktur: Ärzte, Apotheke, Bäcker, Metzger, Supermarkt, Sparkasse und Volksbank sowie ein Anwalt - alles hier im Ort. Für die alltäglichen Bedürfnisse muss man Hilbringen nicht verlassen", sagt Dorbach stolz. "In anderen Stadtteilen ist das nicht so", ergänzt er. Praktisch ist nach Ansicht des Ortsvorstehers auch die Nähe zur Kernstadt: "Dadurch bietet sich Hilbringen zum Wohnen an, man kommt sehr schnell nach Merzig und über die Autobahn auch recht flott nach Saarbrücken oder Luxemburg."

Die Nähe zu Merzig hat aber auch einen entscheidenden Nachteil: Trotz der kurzen Entfernung kommt es zwischen der Kernstadt und Hilbringen vor allem während der Stoßzeiten zu Staus. Dorbach: "Zur Lösung dieses Problems existiert ein Verkehrskonzept, das vorsieht, an den Autobahn-Anschlussstellen Ampeln zu installieren. Sollte dieses Konzept umgesetzt werden, gehe ich von einer erheblichen Erleichterung des Verkehrs aus." Ein weiteres Problem im Straßenverkehr: die Kreuzung Mecherner Straße/Merziger Straße. "An dieser Stelle kreuzen sich zwei Landstraßen, was nicht nur eine Belästigung für die Anwohner, sondern auch eine potenzielle Gefahrenstelle ist", erläutert Dorbach. Daher ist für ihn das nächste Projekt im Ort klar: Diese Stelle soll entschärft werden. Wie genau das geschehen soll, ist allerdings noch nicht klar, man wolle "den Verkehr nicht aus der Stadt rausholen, sondern ihn für alle erträglich machen", meint der Ortsvorsteher. "Wir dürfen hier keinen blinden Aktionismus an den Tag legen, sondern die Sache ruhig angehen. Wir werden es den Fachleuten überlassen, für dieses Problem die ideale Lösung zu finden." Zwei weitere Anliegen des Ortsvorstehers: Zum einen soll der Kinderspielplatz am Dorfplatz komplett neu gebaut werden, um den Ort wieder aufzuwerten. Es sei laut Dorbach besonders wichtig, "wieder etwas für Kinder und Jugend zu tun." Apropos Kinder: Die Einwohnerzahlen Hilbringens steigen, aktuell sind es rund 2700 und werden immer mehr. Allein vergangenes Jahr zog es etwa 25 neue Einwohner in den Stadtteil.

Zum anderen will Dorbach die Dorfgemeinschaft stärken, man soll wieder mehr gemeinsam unternehmen. "Wir haben bereits die Kommunikation zwischen den Vereinen verbessert und planen ein Dorffest, bei dem die Hilbringer hoffentlich wieder enger zusammenfinden", erläutert Dorbach. Zum Glück haben die Hilbringer genug Feste im Dorf, um ihre Sorgen zu vergessen. "Wir haben neben traditionellen Festakten wie dem Maibaumsetzen oder dem Martinsumzug auch ein paar spezielle Feierlichkeiten, etwa das Jugendturnier des Fußballvereins oder die Viezstraßeneröffnung, bei der Hilbringen eine entscheidende Rolle zukommt" erklärt Dorbach. Dabei erinnert er auch daran, dass einige typische Merziger Feste eigentlich auf Hilbringer Gebiet stattfinden: "Die Veranstaltungen im Zeltpalast, der Yachthafen mit seinem Hafenfest, das Brauhaus, die 99-Grad-Disco, Das Bad - all das steht auf Hilbringer Boden", betont der Ortsvorsteher.

Was die Vereine angeht, so hat Dorbach nichts zu meckern, er beschreibt das örtliche Vereinsleben als "intensiv". "Insgesamt rund 1000 unserer 2700 Einwohner sind in den Vereinen aktiv, wobei die Sportvereine besonders herausragen. So organisiert der FSV Hilbringen gemeinsam mit der Christlichen Erwachsenenbildung (CEB) alljährlich im September den so genannten Saarwiesen-Lauf, einen landesweit beliebten Volkslauf in drei Kategorien, vom Fünf- und Zehnkilometerlauf bis zum zwei Kilometer langen Kinder- und Schülerlauf", erzählt Dorbach. Dabei ist die CEB nicht das einzige Aushängeschild des drittgrößten Merziger Stadtteils. In Hilbringen steht außerdem noch eins der ältesten SOS-Kinderdörfer in ganz Deutschland. Ein Verbund sozialer Hilfen prägt das Angebot des SOS-Kinderdorfes Saar: "Neben den SOS-Kinderdorf-Familien bietet die Einrichtung unter anderem eine Kinder- und Jugendwohngruppe, eine sozialpädagogische Tagesgruppe, den Gemeinwesen-Treffpunkt, das Projekt ‚Jung hilft Alt' sowie eine Nachmittagsbetreuung an der Erweiterten Realschule Merzig an", sagt der Ortsvorsteher. Zentraler Mittelpunkt von Hilbringen ist der Schlossberg. Auf der nach drei Seiten abfallenden Anhöhe steht ein vornehm wirkendes, mit Weinlaub umranktes Herrenhaus - ein barocker Prachtbau von Christian Kretzschmar aus den Jahren 1745 bis 1755. Gut möglich, dass der Schlossberg bereits im Mittelalter Geschichte schrieb: Auf dieser Anhöhe stand wahrscheinlich schon im 13. Jahrhundert ein festes Haus, der Stammsitz der ersten Ritter von Hilbringen. Deren Geschlecht starb mit Reinhard von Hilbringen im Jahre 1611 aus. Bereits 1589 wird dagegen St. Peter in den Ketten als Patron der Kirche erwähnt. Damit ist er sowohl Schutzheiliger der Stadt Trier als auch des Ortes Hilbringen. Im Jahr 1680 gründet der Hilbringer Pastor Calmes eine St. Sebastian-Bruderschaft und in der Kirche wird ein Sebastian-Altar aufgestellt - Indizien dafür, dass damals die Pest im Lande herrschte. Im Jahr 1709 wird dann eine neue Kirche erbaut. Durch einen Erweiterungsbau im Jahre 1746 erhält sie schließlich einen kreuzförmigen Grundriss. Aus einem Dokument des Jahres 1743 geht hervor, dass zwischen Hilbringen und Merzig eine Fähre verkehrte. 1828 begann in Hilbringen die Zeit der Auswanderung nach Amerika. Allein im Jahre 1847 sind es 24 Personen, die Hilbringen den Rücken kehrten, und das, obwohl im Jahr 1835 der industrielle Aufschwung fast über Nacht einsetzte. In schneller Folge entstanden um Hilbringen 14 Ziegeleien, in Hilbringen selbst allein acht. Das Jahr 1900 war für Hilbringen ein Jahr der technischen Neuerungen: Eine Wasserleitung wurde von Mechern nach Hilbringen gebaut und der Ort erhielt eine Petroleum-Straßenbeleuchtung.

Im Jahre 1921 wurde das Nonnenkloster St. Elisabeth gegründet, das sich noch immer in der Fitter Straße befindet. Den kältesten Winter des Jahrhunderts erlebten die Hilbringer dann 1929, selbst die Saar fror ganz zu.

1933 machten sich viele hundert Hilbringer auf zur Heilig-Rock-Wallfahrt nach Trier. Im Anschluss errichten sie auf dem Nackberg, oberhalb von Hilbringen, ein großes Betonkreuz, das noch heute in den Himmel ragt. Im Jahr 1938 wurde dann die Saar begradigt und eine neue Saarbrücke hinüber nach Merzig gab es dazu. Die Gebietsreform des Jahres 1974 schließlich macht Hilbringen mit seinen damaligen 2940 Einwohnern zu einem Teil des Merziger Stadtgebietes.

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